Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche Der Bonner Stadtdechant schweigt

Kaum ein Tag vergeht, an dem die Medien nicht über sexuelle Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche berichten. Der GA hörte sich um, wie die Stimmung in den Bonner Gemeinden ist.

Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche: Der Bonner Stadtdechant schweigt
Foto: Volker Lannert

Bonn. Kaum ein Tag vergeht, an dem die Medien nicht über sexuelle Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche berichten. Der GA hörte sich um, wie die Stimmung in den Bonner Gemeinden ist.

In der Kirchengemeinde St. Rochus und Augustinus in Duisdorf beispielsweise wird das Thema kaum erwähnt. Nach Angaben von Lothar Mennicken, Vorsitzender des Pfarrgemeinderates (PGR), sei über die Missbrauchsfälle am Rande gesprochen worden, und sie würden auch bedauert. Doch bei der PGR-Sitzung am Dienstag hätten sie nicht auf der Tagesordnung gestanden.

"Die Missbrauchsfälle sind bislang kein Thema bei uns im Pfarrgemeinderat, weil es in unserem Seelorgebereich keinen aktuellen Anlass für Besorgnis gibt", sagte berichtet Ralf Birkner, Mitglied im PGR des Seelsorgebereiches An Rhein und Sieg. Der Pfarrgemeinderat teile mit den Hauptamtlichen die gemeinsame Verantwortung für die pastorale Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Dass dieses Thema jeden Katholiken beschäftige, sei naheliegend, "aber darüber spricht man eher untereinander".

"In unseren Gremiensitzungen kommt das Thema nicht vor. Da wird gearbeitet", berichtet Elisabeth Schwüppe vom Kirchenvorstand der Bad Godesberger Gemeinde St. Martin und Severin. Aus "gut unterrichteter Quelle" habe sie jedoch erfahren, dass sich die Kirchen-Austritte häuften. Dafür habe sie kein Verständnis: Dabei bleiben, solidarisch sein, ist ihr Motto.

"Und das Gute sehen, von dem diese Kirche doch viel mehr zu bieten hat als von all den schmutzig-bösen Geschichten." Das sieht auch Margret von Haehling, Vorsitzende des Bonner Katholikenrats, so: "Die Fälle müssen aufgeklärt werden, aber man darf nicht die ganze Kirche unter Generalverdacht stellen."

Stadtdechant Wilfried Schumacher möchte sich derzeit nicht äußern. Die Stimmung sei zu aufgeheizt, begründet sein Pressesprecher Reinhard Sentis die Wortkargheit und verweist auf entsprechende Stellen im Kölner Erzbistum und auf die Katholischen Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen Bonn (siehe Interview unten). Zur Frage, ob sich die Zahl der Kirchenaustritte in jüngster Zeit gehäuft hätten, sagte Sentis nur, es lägen noch keine aktuellen Daten vor.

Wesentlich offensiver geht man das Thema in St. Petrus an. In der Bonner Nordstadt hat Pfarrer Peter Adolf in seiner Predigt das Thema sexueller Missbrauch angesprochen und schonungslose Aufklärung gefordert, sagte ein Gemeindemitglied. Der Vorsitzende des PGR Markus Wagemann sagte dem GA, in der Gemeinde herrsche eine große Betroffenheit über die Art der Fälle und das Ausmaß. Von Kirchenaustritten jedoch rede niemand. Thema sei hingegen der Zölibat. Nicht selten sagten Gemeindemitglieder, man solle jedem Priester selbst die Entscheidung überlassen, ob er heirate oder nicht.

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