Der Vater des Alten Rathauses hatte 14 Kinder

Bonn · Michael Leveilly, der "bönnsche Baumeister", starb am Montag vor 250 Jahren. Die Graurheindorfer Burg und das Koblenzer Tor sind weitere Werke.

 Das Alte Rathaus fasziniert nicht nur Touristen. Am Wochenende hat unser Fotograf die Spiegelung im regennassen Pflaster eingefangen und das Bild anschließend gedreht.

Das Alte Rathaus fasziniert nicht nur Touristen. Am Wochenende hat unser Fotograf die Spiegelung im regennassen Pflaster eingefangen und das Bild anschließend gedreht.

Foto: Volker Lannert

Der Rahmen war feierlich: Zwölf Böllerschüsse erklangen, als der Kölner Kurfürst Clemens August höchstpersönlich am 24. April 1737 den Grundstein für den Rathausneubau in Bonn legte. Hofstaat und Repräsentanten der Stadt hatten sich versammelt, die Bürgergarde paradierte über den Platz. Schon eineinhalb Jahre später, Ende Oktober 1738, traf sich der Rat zu seiner ersten Sitzung im neuen Rathaus.

Und noch einmal ein halbes Jahr später, vom 17. April 1739, datiert die Honorarabrechnung für den Baumeister Michael Leveilly. Heute jährt sich der Todestag des "bönnschen Baumeisters", der im Auftrag des Kurfürsten sowie adeliger und bürgerlicher Bauherren in Bonn und Umgebung viele Spuren hinterlassen hat, zum 250. Mal.

Geboren wurde Leveilly wahrscheinlich um 1700 in Paris, wo er wohl bei den angesehenen Baumeistern Jean-Francois Blondel und Hofarchitekt Robert de Cotte gelernt hat. 1717 kam er an den Rhein und schlug hier an wechselnden Orten seine Zelte auf. Im Stadtarchiv finden sich kaum zeitgenössische Hinweise auf ihn. Schließlich, so Stadtarchivar Norbert Schloßmacher, habe er ja nicht in Diensten der Stadt, sondern des Kurfürsten gestanden.

Kurfürst Joseph Clemens, der 1715 aus dem französischen Exil in seine Heimat zurückgekehrt war, hatte nämlich eine Gruppe von französischen Künstlern und Kunsthandwerkern berufen, die Robert de Cottes Pläne für die Schlösser in Bonn und Poppelsdorf umsetzen sollten. 1722 heiratete Leveilly Anna Maria Seron, die Tochter eines Bonner Fuhrunternehmers. Ein Jahr später wird das erste Kind der beiden in der Kirche St. Remigius getauft. Weitere acht Söhne und sechs Töchter sollten folgen. Das unter anderem berichtet der Kunstwissenschaftler Winfried Hansmann in einem für den Landschaftsverband Rheinland verfassten Aufsatz.

Ebenfalls 1723 schenkt der Kurfürst Clemens August, Nachfolger seines in diesem Jahr verstorbenen Onkels, Leveilly einen Bauplatz am Michaelsplatz. "Ein solcher Platz ist in Bonn nicht bekannt, es muss sich um einen Bereich nahe des Michaels- beziehungsweise des Koblenzer Tors gehandelt haben", erläutert Norbert Schloßmacher. 1726 und 1741 ist Leveilly in der Josefstraße nachzuweisen. Später - ohne genaues Datum - in der Bonngasse.

Im Taufregister steht Leveilly 1723 noch als "designateur Serenissimi", also als Architektur- und Ausstattungszeichner seiner Durchlaucht. Aber unter Clemens August stieg er beruflich auf. Fünf Jahre später zeichnet er als "Intendant der Gärten" und "unterbawmeister", ab 1733 als "Supremus Architecta Serenissimi", als kurfürstlicher Hofbaumeister. Zu dieser Zeit lebten er und seine Familie in Brühl, wo Leveilly am Bau von Schloss Augustusburg und des Jagdschlösschens Falkenlust beteiligt war.

Als der Auftrag, den Bonnern ein Rathaus zu bauen, ins Haus flatterte, verlegte die Familie ihren Lebensmittelpunkt wieder nach Bonn. Aus dieser Zeit ist eine Aufrisszeichnung der Hauptfassade aus seiner Hand erhalten. In einer zweiten Ehe heiratete Leveilly 1743 in der Pfarrkirche St. Gangolf. Der wohlhabende Wahlbonner starb 1762.

Die Graurheindorfer Burg, das Koblenzer Tor und das Pförtnerhaus des Poppelsdorfer Schlosses sind weitere Schmuckstücke, die Leveilly den Bonnern hinterlassen hat. Ins Sterbebuch von Sankt Remigius ist er als "architectus aulicus", als Hofarchitekt, eingetragen. Das, so Schlossmacher, "ist der authentischste und ihm am nächsten kommende Hinweis".

Historische Momente

Die elegante Freitreppe des Alten Rathauses war Schauplatz vieler historischer Ereignisse. 1794 musste Kurfürst Maximilian Franz vor den Truppen der französischen Revolutionsarmee die Flucht ergreifen - von der Rathaustreppe segnete er die Bonner ein letztes Mal. 1848 schwang hier Gottfried Kinkel die schwarz-rot-goldene Fahne.

Am 18. Oktober 1944 wurde das Rathaus durch einen Fliegerangriff schwer getroffen, konnte aber 1949/50 wieder aufgebaut werden. In der 42-jährigen Geschichte Bonns als Bundeshauptstadt wurden im Alten Rathaus Staatsoberhäupter, Politiker, Prominente und Sportler empfangen. So sprach am 5. September 1962 Staatspräsident Charles de Gaulle auf der Treppe, am 23. Juli 1963 US-Präsident John F. Kennedy. 1978 verlor das Rathaus seine Funktion als Sitz der Verwaltung und wird seitdem zu Repräsantationszwecken genutzt.

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