Hilfsbereitschaft in Bonn Die Bonner Tafel versorgt 650 Kunden

Bonn · 21 Jahre nach ihrer Gründung versorgt die Bonner Tafel rund 650 Kunden. Damit sind die Kapazitäten ausgeschöpft.

 Horst-Dieter Tontarski (rechts) und Josef Knopp von der Bonner Tafel verteilen unter anderem die Pakete an die wartenden Bedürftigen.

Horst-Dieter Tontarski (rechts) und Josef Knopp von der Bonner Tafel verteilen unter anderem die Pakete an die wartenden Bedürftigen.

Foto: Benjamin Westhoff

Mit etwa 70 Kunden hat die Tafel vor 21 Jahren ihren Betrieb aufgenommen. Ziel war es damals, Lebensmittel vor dem Müll zu retten und sie an Bedürftige abzugeben. „Heute wird die Tafel einzig als Lebensmittelausgabe für Bedürftige angesehen. Den eigentlich Grund haben die meisten Menschen vergessen“, erklärt Geschäftsführer Horst-Dieter Tontarski. Mittlerweile versorgt die Tafel heute 650 Bonner, deren Geld nicht reicht, um sich entsprechend Lebensmittel zu kaufen. Die meisten von ihnen haben Migrationshintergrund, aber auch viele Rentner sind darunter und auch junge Menschen stehen regelmäßig in der Schlange. Hätte die Tafel eine Warteliste, stünden wahrscheinlich noch einmal so viele Menschen darauf.

Die Tür der Tafel steht offen. Körbe mit Gemüse, Obst und haltbaren Lebensmitteln, die die Supermärkte nicht mehr verkaufen können, weil sie etwa kurz vor Ablauf des Haltbarkeitsdatums stehen, stehen bereit. Doch bevor am Nachmittag die Kunden kommen, die jede Woche in der Schlange stehen, gibt es Geschenke in der benachbarten Kirche. Der Kirchenraum von Sankt Hedwig steht voller Geschenke. Ganz vorne die kleineren für Einzelpersonen, hinten etwas größere für Familien, rechts die Pakete, die an Moslems ausgegeben werden können. Enthalten sind nämlich Lebensmittel und für die muslimischen Kunden eben alles ohne Schweinefleisch. Es sind Lebensmittelpakete, die einige Bonner für die Kunden der Tafel zusammengestellt haben. Einige enthalten Dosen mit Bohnensuppe, Fischkonserven sind dabei, Flaschen mit Olivenöl, Süßigkeiten wie Printen oder Spekulatius, aber auch Grundnahrungsmittel wie Nudeln oder abgepacktes Brot. Wichtig ist, dass nur haltbare Ware in diesen Paketen verstaut werden sollten.

Draußen bildet sich derweil eine lange Schlange. Viele, die dort anstehen, unterhalten sich. Sie kennen sich, entweder aus der Nachbarschaft oder weil sie regelmäßig in der Schlange stehen und warten bis sie aufgerufen werden. Jeder von ihnen hat eine Karte, die ihn als Kunden der Tafel ausweist. Oben drauf steht eine Nummer. „Und die rufen wir nacheinander auf“, erklärt Tontarski das Prozedere. Es ist also gar nicht nötig, möglichst früh vor Ort zu sein. Jeder, der sich angemeldet hat, erhält auch ein Päckchen.

Zwei junge Frauen aus Osteuropa warten schon seit 15 Minuten, dass es endlich losgeht. Die beiden Schwestern sind vor vier Jahren nach Deutschland gekommen. Sie machen beide eine Ausbildung, die eine zur Altenpflegerin, die andere eine kaufmännische. Das Geld aber reicht nicht bis zum Monatsende. Seit einem Jahr etwa gehören sie zum festen Kundenstamm der Tafel. „Ich bin ganz überwältigt, wie viele Geschenke jetzt in der Kirche stehen. Ich bin so dankbar, dass die Menschen die Lebensmittel spenden“, sagt die mit 28 Jahren ältere Schwester. „650 Kunden sind schon eine Menge, mehr schaffen wir einfach nicht“, sagt Tontarski, der erklärt, dass die Kunden einmal die Woche zur Lebensmittelausgabe kommen dürfen, aber die Tafel an fünf Tagen in der Woche geöffnet hat.

Auch Hans, 62 Jahre, seit einiger Zeit arbeitslos, steht in der Schlange. „Ich soll bald eine Weiterbildung erhalten, aber ob das noch mal was wird, ich weiß es nicht“, sagt er schulterzuckend. Schon längst hätte er sich an die Tafel wenden können, hat es aber nicht getan. Aus Scham. „Schön ist es nicht, hier stehen zu müssen, aber es ist toll, dass es möglich ist, herzukommen. Mein Geld würde einfach nicht ausreichen“, sagt er. Seit November 2018 kommt er her. Weit hat er es nicht. „Ich wohne im Zentrum und kann mit dem Fahrrad gut herfahren.“ Zwei Monate musste Hans darauf warten, bei der Tafel Lebensmittel erhalten zu können. Denn noch lange nicht jeder, der seine Bedürftigkeit, entweder wegen einer kleinen Rente oder Hartz-IV-Bezugs nachweisen kann, darf sich anstellen. „Wir müssen bei der Menge von Kunden irgendwann Schluss machen. Aber da es immer wieder vorkommt, dass Kunden ohne sich abzumelden nicht erscheinen, sperren wir sie, nachdem dies zwei- oder dreimal vorkam“, erklärt Tontarski. Das mag vielleicht streng klingen, aber es gibt zuviele Menschen, die auch zur Tafel kommen wollen, wie Tontarski weiter erklärt. Wer sich nicht an die Regeln hält, fliege halt raus.

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