Ex-Basketballprofe Joe Asberry Die eigene Gangster-Ära war gar nicht cool

TANNENBUSCH · Der ehemalige Basketballprofi Joe Asberry zeigt Jugendlichen in Tannenbusch Alternativen zu Gewalt und Kriminalität auf. Die Sportart hat dem heute 47-jährigen US-Amerikaner nach eigenem Bekunden selbst das Leben gerettet

 Joe Asberry hat in seinem Büro immer ein offenes Ohr für die Jugendlichen und ihre Probleme.

Joe Asberry hat in seinem Büro immer ein offenes Ohr für die Jugendlichen und ihre Probleme.

Foto: Christoph Löhr

Freitagabend in Tannenbusch: Rund 60 Jugendliche bevölkern die Turnhalle des Schulzentrums, um sich miteinander bei einem nächtlichen Basketballturnier zu messen. Während die Bälle in den Korb rauschen, schallt ganz stilecht HipHop aus den Boxen - immer wieder unterbrochen von einer sonoren, männlichen Stimme. "Great move", lobt sie einen formvollendeten Korbleger, um gleich darauf einen anderen Spieler anzuspornen: "Come on, Du schaffst das."

Die Stimme gehört Joe Asberry, einem von drei festen Bonner Mitarbeitern der gemeinnützigen Organisation Rheinflanke, die sich die Vermittlung von Werten und die Stärkung von Kompetenzen auf ihre Fahne geschrieben hat. Dass das über das Medium Sport möglich ist, hat Joe Asberry am eigenen Leib erfahren. Basketball hat dem heute 47-jährigen US-Amerikaner nach eigenem Bekunden das Leben gerettet.

Aufgewachsen in den Problemvierteln der kalifornischen Bay Area, kommt Asberry früh mit der Härte der dort ansässigen Gangs in Berührung. Zwar öffnet ihm sein sportliches Talent die Tür zur Pepperdine University, doch recht bald schlägt er diese wieder zu. "Eigentlich war ich im Paradies, aber trotzdem nicht glücklich", blickt er auf seine College-Zeit zurück. Mit deren abruptem Ende lässt er auch die Chance hinter sich, für den Profisport entdeckt zu werden.

Anerkennung suchend, wird er auf den Straßen der US-Westküste fündig - in einem Spagat zwischen Basketball und Bandenleben. Im Verlauf zahlreicher Turniere wächst er in den frühen 90er Jahren zu einem Star des Streetbasketballs heran, zu "Jumping Joe", der den Ball wie kaum ein anderer mittels Dunking in den Korb stopfen kann. Sobald "Jumping Joe" aber nach einem Turnier heimkehrt, fällt er in die alten Muster zurück: Kriminalität, Gewalt, Drogen.

"Meine Gangster-Ära" nennt er diese Phase heute und warnt: "Dieses Leben ist überhaupt nicht so cool, wie es in Filmen wirkt." Vor allem gibt es in der Realität kein Happy End à la Hollywood: Im Jahr 2008 erliegt Asberrys älterer Bruder Rick den Spätfolgen seines Drogenkonsums.

Nahezu zeitgleich kommt dessen Sohn im Kugelhagel eines Bandenkrieges ums Leben - Schicksale, die auch Asberry selbst hätten ereilen können, wenn er nicht viele Jahre zuvor die Notbremse gezogen hätte. 1993, der Profibasketballzug scheint im Alter von 28 Jahren längst abgefahren, gibt ihm sein Talent noch eine weitere Chance. Diesmal greift er zu.

Ein Talentspäher wird bei einem Turnier auf den 1,98-Meter-Hünen aufmerksam. Mit der Unterschrift des ersten Profivertrags heuert Asberry in Japan an. Er lässt das Gangsterdasein hinter sich und konzentriert sich voll auf den Sport. Deutschland, Finnland, Schweiz und Luxemburg lauten die weiteren Stationen seiner Karriere, an deren Ende er sich entschließt, sein Wissen und seine Erfahrungen an Jugendliche - vor allem an die aus sozialen Brennpunkten - weiterzugeben.

Gemeinsam mit Landsmann Pat Elzie setzt er 2002 ein Programm auf, das den in seiner Heimat längst populären Mitternachtsbasketball auch nach Deutschland bringen soll. Allen Unkenrufen zum Trotz geht das Konzept auf und Asberry reist fortan im Dienst der guten Sache und des Basketballs durch Deutschland. Über einen Bekannten kommt es zum Kontakt zur Rheinflanke, für die Joe Asberry ab dem Herbst 2011 als Streetworker tätig wird.

Seither steht die Tür zu seinem Büro in Tannenbusch allen Jugendlichen und jungen Erwachsenen offen. Asberry hört sich deren Probleme an, gibt ihnen Ratschläge, zeigt ihnen Perspektiven auf, sucht mit ihnen nach Lösungen, nach einem Plan, nach einem Weg hinaus. Und von Zeit zu Zeit spielt er mit ihnen auch Basketball. Denn der, so sagt Asberry, rettet schließlich Leben.

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