Diskussionen um Zukunft der Hardthöhe: Viele sehen Rechtsverstoß

Ist der Komplettumzug des Bundesverteidigungsministeriums mit erstem Dienstsitz nach Berlin bereits abgemacht? Eine Frage, die derzeit nicht nur die Spitzen von Bonn und der Region umtreibt, sondern auch viele Mitarbeiter auf der Hardthöhe.

Diskussionen um Zukunft der Hardthöhe: Viele sehen Rechtsverstoß
Foto: Barbara Frommann

Bonn. Ist der Komplettumzug des Bundesverteidigungsministeriums mit erstem Dienstsitz nach Berlin bereits abgemacht? Eine Frage, die derzeit nicht nur die Spitzen von Bonn und der Region umtreibt, sondern auch viele Mitarbeiter auf der Hardthöhe.

Doch Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) schweigt dazu, wie nach dem Vier-Augen-Gespräch mit Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) am Montag und nach dem vertraulichen Gespräch zwischen seinem Staatssekretär Stéphane Beemelmans mit Landrat Frithjof Kühn am vorigen Freitag. De Maizère sagt lediglich: Eine Entscheidung fällt im Oktober.

Aus dem Protokoll De Maizière sagte am 28. Juni in Berlin: "Ja, ich möchte, dass mehr Mitarbeiter und wesentlich mehr Mitarbeiter in Berlin arbeiten als bisher in Bonn. Die bisherige Aufteilung, so wie sie ist, ist nicht sinnvoll. Das gilt insbesondere auch für das Führungspersonal. Andererseits haben wir hier infrastrukturelle Rücksichtnahmen. Wir könne hier (in Berlin, Anm. d. Redaktion) gar nicht so viele so schnell unterbringen." (...)
"Aber ich sage klar, so viele wie möglich, in Berlin. Das müssen wir genau durchbuchstabieren, was das heißt. Es haben Gespräche stattgefunden." (...)
"Ich will kein Gerücht in Gang setzen und den Oberbürgermeister in Bonn für irgendwas in Anspruch nehmen. Herr Beemelmans hat mit ihm einmal lange telefoniert." (...)
"Wir mussten uns auch erst klarer werden, was wir wollen, und ich will mit den sonstigen Vertretern in der Region natürlich auch reden. Das kann eine Veränderung des Dienstsitzes bedeuten. Dafür braucht man keine Änderung des Bonn/Berlin-Gesetzes." (...)
"Wenn man irgendwo zu Strukturveränderungen kommen kann, ohne dass irgendjemand umziehen muss, dann im Großraum Bonn. Seit ich das alles verinnerlicht habe, ist mein Mitleid sozusagen begrenzter geworden. " (...)
"Wir finden eine Lösung für die Region Bonn und die Hardthöhe, ich weiß, dass es ein symbolischer Punkt ist, wir finden adäquate Lösungen. Leichter als alle anderen Ressorts. Deswegen will ich auch nicht (...) jetzt mal eine große Bonn/Berlin-Diskussion vom Zaun brechen, die dauert drei Jahre. Ich weiß nicht, wie die ausgeht. "Dann will er im Zuge der Bundeswehrreform ein bundesweites Standortkonzept vorlegen. Nach de Maizières Vorstellungen soll das Ministerium von derzeit rund 3 200 Mitarbeitern (2 600 in Bonn, 600 in Berlin) auf unter 2 000 verkleinert werden.

Und: Möglichst viele Ministerielle sollen an der Spree arbeiten. Das geht aus einem Wortprotokoll von einer Personalversammlung des BMVg Ende Juni in Berlin hervor. Demnach geht der Minister davon aus, dass das eine "Veränderung des Dienstsitzes" bedeuten kann und er dafür keine Änderung des Gesetzes braucht (siehe Protokoll-Auszug). Dazu passt, dass das Ministerium seine Suche nach zusätzlichen Büros in Berlin offensichtlich deutlich intensiviert hat.

Im Gespräch ist unter anderem das ehemalige Gasag-Gebäude am Landwehrkanal. Der Bendlerblock, (bisher) zweiter Dienstsitz des BMVg, soll zudem schneller als geplant um- und ausgebaut werden.

Für BMVg-Personalratsvorsitzenden Michael Zangl stellt sich allerdings die Frage, ob angesichts der Tatsache, dass der größere Teil der ministeriellen Arbeitsplätze mittlerweile in Berlin ist, nicht bereits ein Verstoß gegen das Berlin/Bonn-Gesetz vorliegt. Denn § 4, Absatz 4 des Gesetzes besagt, dass "insgesamt der größte Teil der Arbeitsplätze der Bundesministerien in der Bundesstadt Bonn erhalten bleibt".

Zangl ist anders als de Maizière überzeugt, dass der Minister die Verlagerungspläne nicht am Bundestag vorbei umsetzen darf.

Alle Fraktionen des Bonner Stadtrates und des Kreistages des Rhein-Sieg-Kreises haben am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung ihre Sorge über die Verlagerungspläne zum Ausdruck gebracht. Mit der Reduzierung weiterer ministerieller Arbeitsplätze des BMVg würde sich die Relation zulasten Bonns weiter erheblich verschlechtern. Dies wäre ein eindeutiger Rechtsverstoß gegen das Berlin/Bonn-Gesetz. "Wir bitten die Bundestagsabgeordneten der Region dringend, sich in diesem Sinne im Bundestag und auch gegenüber der Bundesregierung einzusetzen", fordern sie.

Für den Bonner SPD-Bundestagsabgeordneten Ulrich Kelber ist in der Sache längst nicht das letzte Wort gesprochen: "Jetzt muss der Minister einen Vorschlag machen, wie er die Hardthöhe nach der Bundeswehrreform sieht und diese mit der Runde der regionalen politischen Spitzen verhandeln."

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