Dopinghändler bricht sein Schweigen

BONN · Überraschendes Geständnis im Prozess um internationalen Drogenhandel: Am Donnerstag hat der 33-jährige Angeklagte aus Bonn sein eisernes Schweigen gebrochen und eingeräumt, Mitglied einer Organisation gewesen zu sein, die über das Internet weltweit Anabolika verkauft hat.

 Der Angeklagt und sein Anwalt am ersten Prozesstag, dem 6. September.

Der Angeklagt und sein Anwalt am ersten Prozesstag, dem 6. September.

Foto: ap

Der Wunsch, nicht auch das zweite Weihnachtsfest in Folge in Untersuchungshaft verbringen zu müssen, wird wohl dazu beigetragen haben, dass er am 19. Verhandlungstag reinen Tisch machte.

Seit gut einem Jahr hatte der Bonner in Untersuchungshaft gesessen: Damals hatten die Fahnder, die monatelang unter Führung des Bundeskriminalamtes gegen den Dopingring ermittelt hatten, nicht nur bei dem Betreiber mehrerer Firmen aus der Textilbranche vor der Tür gestanden.

Zeitgleich wurden in den USA, Zypern, Österreich, Frankreich, Spanien, den Niederlanden und Irland Häuser durchsucht und Verdächtige festgenommen. Ab Mai 2008 soll sich der 33-Jährige des Dopinghandels und Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz schuldig gemacht haben.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass etwa 190.000 Kunden vor allem aus der Kraftsportler- und Bodybuilderszene bei dem Internethändler anabole Steroide gekauft hatten. Bis Dezember vergangenen Jahres sollen illegale Mittel im Wert von 43 Millionen US-Dollar verkauft worden sein.

Auf die Spur der Dopinghändler kamen die Ermittler wohl durch einen anonymen Tippgeber: Der Informant soll auf eine E-Mail-Adresse hingewiesen haben, über die anabole Steroide per Paketversand bestellt werden konnten. Es folgten Observationen, Testkäufe und die Überwachung des Telefon- sowie Mailverkehrs durch Fahnder.

Der Angeklagte hat nun bestätigt, dass er zuletzt sogar als Buchhalter der Organisation tätig war. Nach eigenen Angaben hatte er sich bei dem Internetanbieter zunächst für den Eigenbedarf eingedeckt. Als er per Mail nachgefragt habe, wie die Konditionen bei der Abnahme größerer Mengen seien, habe sich der mutmaßliche Kopf des Rings - ein 46-Jähriger mit israelischem Pass, der sich scheinbar immer noch auf freiem Fuß befindet und dem der Angeklagte nie persönlich begegnet sein will - bei ihm gemeldet.

Daraufhin habe er erst einmal die bis dahin nur in englischer und russischer Schrift existierende Internetseite ins Deutsche übersetzt. Dann ist der Bonner innerhalb der Organisation aufgestiegen, betreute unter anderem die Kundendaten, die auf einem Server in den Niederlanden beschlagnahmt worden waren, ehe er zum Buchhalter wurde.

Seinen Verdienst - laut Anklage strich er im Tatzeitraum knapp 300.000 Euro ein - hat der Kaufmann nach eigenen Angaben in seine Textilgeschäfte gesteckt. Die 115.000 Euro allerdings, die in seinem Schließfach gefunden wurden, stammten nicht aus den Dopinggeschäften. Der 33-Jährige beteuerte, dass dieses Geld seinem Vater gehöre.

Dieser habe ihm das Geld nach und nach für den Fall anvertraut, dass ihm etwas zustoße. Aufgrund seines Geständnisses wird der Angeklagte Weihnachten voraussichtlich mit seiner Familie verbringen können. Die Richter ordneten an, dass er auf freien Fuß gesetzt wird, sobald er mehrere Auflagen erfüllt hat. Unter anderem muss der Bonner 5.000 Euro Kaution zahlen und seine Ausweispapiere abgeben. Der Prozess wird im Januar fortgesetzt

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