Bonner FDP-Bundestagkandidat Alexander Graf Lambsdorff Durch und durch ein Diplomat

Bonn · Der Bonner FDP-Kandidat Alexander Graf Lambsdorff sitzt seit 2017 im Bundestag. Vorher war er 13 Jahre lang Mitglied des EU-Parlaments. Der GA besuchte ihn in seinem Abgeordnetenbüro in Berlin.

 Alexander Graf Lambsdorff in seinem Berliner Büro an der Dorotheenstraße, wo er die GA-Ente und einen Abgeordnetensessel aus dem früheren Bundestagsgebäude in Bonn aufbewahrt.Foto: Lisa Inhoffen

Alexander Graf Lambsdorff in seinem Berliner Büro an der Dorotheenstraße, wo er die GA-Ente und einen Abgeordnetensessel aus dem früheren Bundestagsgebäude in Bonn aufbewahrt.Foto: Lisa Inhoffen

Foto: Lisa Inhoffen

Wer Alexander Graf Lambsdorff an seinem Arbeitsplatz besucht, muss an einen gültigen Personalausweis nebst der obligatorischen Maske für den Gang über die Flure denken. Ach ja, natürlich sollte man mit Lambsdorff vorher einen Termin vereinbaren, denn der Mann ist sehr, sehr beschäftigt. Seit 2017 sitzt der Bonner Liberale im Bundestag und ist einer der sechs Vize-Vorsitzenden der FDP-Fraktion. Das will er auch bleiben.

„Für die FDP sieht es ja zurzeit ganz gut aus“, sagt er, als er gut gelaunt die Autorin dieses Artikels in seinem Büro an der Dorotheenstraße in Berlin empfängt. Knapp eine Stunde Zeit hat er für das Gespräch, dann steht der nächste Termin an. Er ist eingeladen beim Verein Atlantikbrücke, der die Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Europa und Amerika pflegt. Graf Lambsdorff ist ein gefragter Mann, vor allem als Experte der internationalen Politik. Vor seinem Umzug an die Spree saß er 13 Jahre im Europäischen Parlament in Brüssel und war dort Vorsitzender der FDP-Gruppe. 2014 wurde er Vizepräsident des EU-Parlaments. Eine glänzende Karriere auf internationalem Parkett, für ihn als ausgebildeten Diplomaten wie auf den Leib geschrieben. Ist es ihm da nicht schwergefallen, für Berlin zu kandidieren? Eine Stadt, von der er sagt, es sei zwar ganz gut, dort zu arbeiten, aber schöner sei es, in Bonn zu leben. „Meine Kandidatur war für mich keine Frage“, antwortet er. Die FDP war in der vorherigen Legislaturperiode nicht im Parlament vertreten, das sollte sich mit der Wahl 2017 ändern. „Neben Christian Lindner und Wolfgang Kubicki war ich mit der prominenteste Liberale in Deutschland“, stellt er nüchtern fest.

Der Onkel war Bundeswirtschaftsminister

Alexander Sebastian Léonce von der Wenge Graf Lambsdorff – so sein voller Name – stammt aus einem alten Adelsgeschlecht. Er ist der Sohn des Journalisten und früheren Botschafters Hagen Graf Lambsdorff und hatte mit Otto Graf Lambsdorff, dem einstigen Bundeswirtschaftsminister (gest. 2009), einen über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannten Onkel. Doch Standesdünkel ist ihm fremd. Als einer, der den Menschen zugewandt, freundlich, tolerant, zutiefst liberal und humorvoll ist, beschreiben ihn seine Weggefährten.

Der Mann, der in seinem privaten Leben harte Schicksalsschläge hinnehmen musste, über die er in der Öffentlichkeit nicht reden möchte, lacht gerne. Ein Grinsen macht sich auf seinem Gesicht breit, als er eine Ente aus Holz aus dem Regal nimmt, die mit einer Ausgabe des General Anzeigers beklebt ist. „Die GA-Ente“, feixt er und will unbedingt damit vor der EU-Fahne fotografiert werden. Der Bitte kommen wir natürlich gerne nach. Vor 20 Jahren, erzählt er, als er seine Eltern in Berlin besuchte, fand er die Ente auf einem Flohmarkt.

Lambsdorff wurde 1966 in Köln geboren, er wuchs in Bonn, Hamburg und Brüssel auf und machte sein Abitur am Aloisiuskolleg in Bad Godesberg. 1987 trat er in die FDP ein. „Bei uns zu Hause hat Politik immer eine große Rolle gespielt – natürlich durch meinen Onkel, aber auch durch meinen Vater. Am Esstisch wurde immer viel diskutiert und ich habe irgendwann gemerkt, was mir wichtig ist: Ein Leben als mündiger Mensch, auf eigenen Beinen stehen, keine Bevormundung durch staatliche oder andere Autoritäten“, erklärt er, warum er sich für die FDP entschied.

Lambsdorff studierte in Bonn und in Washington D.C. an der Georgetown University Neuere Europäische Geschichte. Es folgten berufliche Stationen unter anderem bei der Europäischen Kommission sowie die Ausbildung zum Diplomaten in der Diplomatenschule des Auswärtigen Amts in Ippendorf, wo er als Junge in der Auferstehungskirche konfirmiert wurde und später mit seiner Frau und den beiden heute erwachsenen Kindern lebte.

 2004 zog er erstmals ins EU-Parlament ein. Welches Amt würde er gerne übernehmen, sollte die FDP nach dem 26. September mitregieren? Außenminister? „Die Wählerinnen und Wähler entscheiden, wie stark die FDP wird. Vorher rede ich nicht über Ämter und Posten.“ Lambsdorff – ein Diplomat durch und durch.

Louisa von Uslar, seine Büroleiterin, die ebenfalls aus Bonn stammt (ihr Vater war einst Kulturdezernent der Stadt Bonn), mahnt zur Eile. Der nächste Termin wartet. „Wissen Sie, wer über uns sitzt?“, fragt er und zeigt mit dem Finger zur Decke. „Die AfD. Da fliegen manchmal ganz schön die Fetzen.“ Wenn er sich etwas wünschen dürfte, wäre es „das Verschwinden der Extremisten aus unseren Parlamenten.“ Die Wände seines Büros zieren Bilder des Bad Godesberger Fotokünstlers Dirk Brömmel. Apropos Bonn. Wie sieht Lambsdorff die Zukunft der Bundesstadt mit Blick auf den anhaltenden Rutschbahneffekt? „Objektiv gesehen, wird es immer schwieriger, je länger Hauptstadtbeschluss und Regierungsumzug zurückliegen“, zeigt er sich realistisch. Bonn liegt ihm am Herzen, betont er. Und natürlich seine Kinder. Europa und die Freiheit. Beim Hinausgehen fällt der Blick auf den rotweißen Fanschal an der Tür. Lambsdorff lacht. „Ja, mein Herz schlägt auch für den 1.FC Köln.“

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