E10, der Ladenhüter an der Zapfsäule - auch in Bonn

Weil sich der neue Kraftstoff so schlecht verkauft hat, gibt es ihn nur noch an wenigen Tankstellen im Bonner Stadtgebiet.

E10, der Ladenhüter an der Zapfsäule - auch in Bonn
Foto: Max Malsch

Bonn. Wenn zu Wochenbeginn die Tankstelle Scherer in Pützchen mit Sonderpreisen lockt, lassen die Kunden nicht lange auf sich warten. Dann stauen sich die Autos auf der Holtdorfer Straße schon mal bis zum Ennertbad. Die Angaben der Kunden, wie viel bei einer Tankfüllung gespart wird, variieren zwischen zwei und fünf Euro.

Inga Bude nimmt auf dem Weg zur Arbeit regelmäßig einen kleinen Umweg in Kauf, um ihren Mini mit preiswertem Sprit zu tanken. Als sogenannte B-Tankstelle werden bei Scherer die von den A-Gesellschaften wie Shell, Aral oder Esso vorgegebenen Preise erst mit einigen Stunden Verzögerung umgesetzt. In diesem Zeitraum unterbietet die freie Tankstelle dann die Konkurrenz.

Wenn allerdings wie am Wochenende an einer Esso-Tankstelle in Filderstadt bei Stuttgart der Liter Super für 9,99 Euro gehandelt wird, fallen solche Summen nicht mehr ins Gewicht. Die Bonner waren von den Auswirkungen der von den Mineralölkonzernen angekündigten Unterversorgung mit Superbenzin nicht betroffen. "Das ist Gott sei Dank nicht eingetreten", zeigt sich Pächter Helmut Scherer erleichtert.

Er hatte sich auf eine verstärkte Nachfrage an Ostern eingestellt und erlebte dann ein vergleichsweise ruhiges Wochenende. Das kann Willi Sülzen nur bestätigen. "Wir haben nichts gemerkt", meint der Pächter der Aral-Tankstelle an der Koblenzer Straße in Bad Godesberg.

Für den Lieferengpass ist nach Angaben von Helmut Scherer auch der ungeliebte Kraftstoff E10 verantwortlich. Weil eine Raffinerie bei Karlsruhe anstelle des normalen Superbenzins nur noch E10 liefere, würden zur Zeit mehr Tanklaster die Raffinerie bei Wesseling anfahren. Dort werden zur Zeit umfangreiche Wartungsarbeiten durchgeführt, was den Betrieb erheblich einschränkt. "Bis zu drei Stunden" müssen die Tanklaster in Wesseling warten, erklärt Scherer. Dadurch gerate der gesamte Zeitplan durcheinander.

Der umstrittene Kraftstoff E10 bleibt also ein Thema, auch wenn die meisten Tankstellen in Bonn ihn noch gar nicht anbieten. Bei Scherer in Pützchen, Sülzen in Bad Godesberg, HEM in Kessenich oder der Shell-Tankstelle an der St. Augustiner Straße in Beuel winken die Pächter ab. Noch nicht einmal eine Prognose, wann das Superbenzin mit zehn Prozent Anteil Bioethanol aus der Zapfsäule sprudelt, wollen sie abgeben.

"Ich vermute, dass die Mineralölkonzerne auf Zeit spielen", meint Helmut Scherer. Sie wollen die Klage des ADAC abwarten. Der Automobilclub hat angekündigt, juristisch gegen Konzerne vorzugehen, die neben E10 nur das teurere Super Plus anbieten.

An der Esso Tankstelle an der Kölnstraße gibt es den neuen Kraftstoff immerhin schon zu kaufen. Ein Liter kostet am Mittwochnachmittag fünf Cent weniger als herkömmliches Superbenzin. Eine andere Preisstruktur hat die Jet Tankstelle an der Bornheimer Straße: Dort kosten E10 und Super gleich viel: 1,56 Euro pro Liter.

Über die Gründe macht Pächter Cihan Uysal keine Angaben und verweist an die Unternehmenszentrale von Conoco Phillips in Hamburg. Für eine Stellungnahme war dort am Nachmittag niemand zu erreichen.

"Die Umsetzung an Tankstellen in Bonn geht nur langsam voran", erklärt die Stadtverwaltung in einer Stellungnahme. Von 14 Vertragstankstellen, an denen der städtische Fuhrpark betankt wird, seien bisher nur drei umgerüstet worden.

E10 ist für Bonner Unternehmen kein ThemaIm gewerblichen Bereich sind überwiegend Diesel-Fahrzeuge am Start

In Bonn meiden viele Autofahrer den Kraftstoff E10, wobei die Angst vor Schäden am Motor des eigenen Wagens das Hauptargument ist. Ebenso bezweifeln viele Bürger die positiven Auswirkungen des Bio-Kraftstoffes auf den CO2-Ausstoß und die Klimabilanz. Die meisten Tankstellen in der Region bieten wieder das herkömmliche E5-Superbenzin an, und die Anzahl der E10-Zapfsäulen wurde deutlich reduziert.

Aber wie gehen die Bonner Unternehmen mit dem Thema E10 um? Offensichtlich spielt die Problematik rund um E10 für die meisten Unternehmer und Firmen in Bonn keine Rolle. "Wir benutzen so gut wie kein E10. Unsere Busse und auch die meisten anderen Dienstwagen sind Dieselfahrzeuge. Dazu haben wir ein Elektro-Auto und mehrere Erdgas-Fahrzeuge. Die Fahrer unserer wenigen Fahrzeuge, die Superbenzin benötigen, sind angehalten, an unserer eigenen Zapfsäule zu tanken, und die hat nur herkömmliches Superbenzin", erklärte Veronika John von den Stadtwerken auf Anfrage.

Ähnlich verhält sich die Lage bei der Bonner Taxi-Zentrale, bei der Deutschen Telekom AG, bei Deutsche Post AG und Deutsche Post DHL sowie bei den Bonner Speditionen: Auch dort sind bevorzugt Diesel-Fahrzeuge im Einsatz. "Der Fuhrpark der Telekom in Deutschland besteht zu fast 100 Prozent aus Fahrzeugen mit Dieselmotorisierung.

Der verschwindend geringe Anteil an Fahrzeugen mit Benzinmotoren verträgt gemäß den Herstellerangaben in der Regel E10. Fahrer von einzelnen Firmenwagen, die laut Hersteller kein E10 tanken sollen, wurden und werden gezielt kontaktiert", teilte Tanja Vollberg von der Pressestelle der Telekom mit.

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