Erinnerungen Egon Bahr spricht in Bonn über Willy Brandt

Bonn · Seit Donnerstag Abend ist das Haus der Geschichte um ein Ausstellungsstück reicher: den Ausweis Nummer 000001 der DDR vom 7. September 1971. Der Besitzer, der damalige Kanzleramts-Staatssekretär Egon Bahr, hatte ihn von Michael Kohl, seinem Gegenpart auf DDR-Seite bei Gesprächen über Transitfragen, erhalten. Und zwar nachdem Bahr an der Sektorengrenze seinen Westberliner Ausweis vorgelegt hatte.

 In alter Frische: Egon Bahr gestern in Bonn.

In alter Frische: Egon Bahr gestern in Bonn.

Foto: Fromman

Das hatte die DDR als Provokation empfunden, denn an dieser Stelle war Westberlinern der Grenzübertritt nicht erlaubt. Unter großem Gelächter der rund 250 Besucher las Bahr vor, dass die DDR-Staatsorgane ihm laut Ausweis "Schutz und Beistand gewähren" sollten.

Der 91-jährige Berliner war nach Bonn gekommen, um sein Buch "Das musst du erzählen. Erinnerungen an Willy Brandt" (Propyläen, 19,99 Euro) vorzustellen. Mitveranstalter war die Bonner SPD aus Anlass des 150-jährigen Bestehens der Partei. Bahr schlug im Gespräch mit Ratsfraktionschefin Bärbel Richter den Bogen von seiner Journalistenzeit über die als Mitarbeiter Brandts bis zu der Zeit, als sie beide Freunde wurden.

Bahr, damals Pressechef des Regierenden Bürgermeisters, erinnerte an eine Kundgebung vor dem Schöneberger Rathaus drei Tage nach dem Mauerbau. Wenige Minuten vor Brandts Rede schrieb Bahr noch an dieser. "Er wusste gar nicht, was ich ihm aufgeschrieben hatte." Er, Bahr, habe eine große Verantwortung, aber auch großes Vertrauen gespürt. "Ein solches Erlebnis verbindet."

Zum Kniefall in Warschau hätte er Brandt gesagt: "Das war aber doll." Darauf Brandt: "Ich hatte plötzlich das Gefühl, Kranzniederlegen reicht nicht." Dass ihr Verhältnis so besonders gewesen sei, habe er nach Brandts Tod erfahren. Dessen Sohn Lars hatte seinen Vater auf dem Sterbebett nach Freunden gefragt. Die Antwort: Egon. Auch deshalb habe er das Buch geschrieben, sagte Bahr.

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