Ein Genie und ein aufstrebender Assistent

Die Platten lagen unter der Matratze, das Gewehr hatte er auf der Brust und neben dem Feldbett lag sein Hund angebunden. So bewachte Friedrich Krefter seine Fundstücke, die er im September 1933 fand: die silbernen und goldenen Gründungsurkunden des Dareios I.

Ein Genie und ein aufstrebender Assistent
Foto: Heiko Krefter

Bonn. (odb) Die Platten lagen unter der Matratze, das Gewehr hatte er auf der Brust und neben dem Feldbett lag sein Hund angebunden. So bewachte Friedrich Krefter seine Fundstücke, die er im September 1933 fand: die silbernen und goldenen Gründungsurkunden des Dareios I.

Durch seine Entdeckung trat der junge Architekt urplötzlich aus dem Schatten seines Chefs Ernst Herzfeld. "Es war wie zwischen einem Chefarzt und einem Oberarzt. Irgendwann wird der Oberarzt besser und besser. Es stellt sich die Frage, wie der Chefarzt damit umgeht", beschreibt Friedrich Krefters Sohn Heiko - selbst ein Mediziner - das zu Beginn vertraute und später angespannte Verhältnis zwischen seinem vergleichsweise unbekannten Vater und dem berühmten ersten deutschen Professor für Orientalistik an der Berliner Humboldt-Universität.

Zu Beginn arbeiteten Herzfeld und Krefter Hand in Hand. Der Orientalistik-Professor und Archäologe benötigte dringend einen Architekten, der das riesige Gelände vermessen und erkunden sollte. In Krefter fand er den richtigen Mann. Mit einer ausgeklügelten Technik vermaß dieser akribisch jeden Stein, wie noch in späteren Aufzeichnungen genau zu erkennen ist. "Als mein Vater Herzfeld kennenlernte, hat er ihn bewundert.

Er war fasziniert von seinem unglaublich breiten Wissen. Herzfeld wiederum war ein Genie, aber im sozialen Umgang nicht immer unproblematisch", berichtet Heiko Krefter, der sich mit dem Leben und Wirken von Herzfeld und seinem Vater intensiv auseinandergesetzt hat. 1933 kam der große Durchbruch: Gemeinsam fanden sie 30 000 Tontafeln - eine Art Archiv des untergegangenen Imperiums. Herzfeld machte sich sogleich an die Entzifferung, während Krefter zunehmend die tägliche Koordination auf der Baustelle übernahm.

Für Herzfeld nahm die Geschichte eine dramatische Wende. Den Nazis passte es nicht, dass ein Forscher mit jüdischen Wurzeln in Persepolis berühmt wurde. Ein weiterer Archäologe und bekennender Nazi, Alexander Langsdorff, der ebenfalls für einige Zeit in Persepolis war, diffamierte Herzfeld in der Heimat aufs Übelste.

Herzfeld musste abreisen und kämpfte in Deutschland vergebens um seinen Ruf. Währenddessen entdeckte Krefter die Gründungsurkunden - in einer Vertiefung, auf die er seinen Chef schon früh hingewiesen hatte. Dieser konnte ihm das Archäologenglück offensichtlich nicht gönnen. Krefter wiederum fühlte sich nicht anerkannt. Die beiden entfremdeten sich und sprachen zuletzt kein Wort mehr miteinander.

Krefter bekam 1938 eine Professur in Berlin angeboten. Kaum in der Heimat angekommen, sollte er in die NSDAP eintreten. Er weigerte sich - und verlor den versprochenen Posten sogleich. Nach einem Kriegseinsatz und -gefangenschaft in Frankreich zog er nach Rhöndorf ins Haus seiner Eltern und arbeitete von dort als Architekt und Persepolis-Forscher bis zu seinem Tode 1995. Herzfeld emigrierte für einige Jahre in die USA. Er starb 1948 in Basel.

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