Ein Krankenhaus wie ein "Ziegenstall"

Herzkrank auf Kreuzfahrt: Patientin verklagte Reiseveranstalter nach einer Tour im Indischen Ozean

Ein Krankenhaus wie ein "Ziegenstall"
Foto: dpa (Symbolbild)

Bonn. Ein jähes und vorzeitiges Ende fand eine Kreuzfahrt im Indischen Ozean für eine 73 Jahre alte Passagierin: Als die Frau in einem jemenitischen Hafen von Bord gehen wollte, brach sie auf der Gangway zusammen und wurde von der Schiffsärztin in das örtliche Krankenhaus eingewiesen - das Schiff fuhr noch am Abend ohne die Urlauberin und deren Ehemann weiter.

Vor dem Bonner Landgericht verklagte das aus Süddeutschland stammende Ehepaar daraufhin den Bonner Reiseveranstalter. Gut 11 000 Euro Schadensersatz und 5 000 Euro Schmerzensgeld verlangten die Kläger, da ihnen widerrechtlich die Weiterfahrt auf dem Kreuzfahrtschiff untersagt worden sei.

Für die vierwöchige Reise im März und April 2008 hatte das Paar knapp 13 500 Euro bezahlt. Per Flugzeug ging es zunächst nach Singapur. Von dort sollte das Schiff die Passagiere nach Monaco fahren. Neun Tage vor dem Ende der Reise kam es jedoch im Hafen von Hodeidah im Jemen zu dem Zwischenfall: Die 73-Jährige verlor bei dem Sturz auf der Gangway sogar kurzzeitig das Bewusstsein.

Vermutlich auch aufgrund der Vorerkrankung der Patientin - bereits vor der Reise wurde sie wegen Herzrhythmusstörungen behandelt - erstellte die Schiffsärztin die Diagnose: Verdacht auf Herzinfarkt.

Die Klägerin und ihr von einem Landausflug ins Krankenhaus herbei geeilte Mann gingen hingegen von einem reinen Schwächeanfall aus und wollten die Kreuzfahrt fortsetzen. Dies wurde allerdings von der Reiseleiterin mit Hinweis auf die Diagnose der Schiffsärztin untersagt.

Von den Klägern wurde das Krankenhaus in Hodeidah mit einem "Ziegenstall" verglichen. Es habe weder eine Intensivstation noch ein funktionierendes EKG-Gerät gegeben. Zudem seien sie weder mit Essen noch mit Trinken versorgt worden und hätten sich auch nicht verständigen können.

Nach zwei Tagen wurde die Frau mit dem Krankenwagen in die jemenitische Hauptstadt Sanaa gebracht. Neben den Kosten für den Rückflug, die Bahn, das Taxi und die Arztbehandlung wurde auch der Anteil für die Schiffsreise eingeklagt.

Dass die 73-Jährige keinen Herzinfarkt hatte, konnte die Reiseleiterin nach Meinung des Ehepaares schon allein daran erkennen, dass die Gestürzte nicht auf eine Intensivstation gebracht worden sei.

Das Landgericht wies die Klage jetzt allerdings ab. Der Reiseveranstalter müsse nicht für etwaige Fehler des ärztlichen Personals einstehen, da die ärztlichen Leistungen nicht Bestandteil des Reisevertrages waren - auch wenn im Reiseprospekt mit einem "modern eingerichteten Hospital" an Bord und einem "erfahrenen Schiffsarzt" geworben wurde.

Es sei angesichts der lebensbedrohlichen Diagnose vertretbar gewesen, "die Sicherheit eines Klinikbetriebs mit medizinischem Personal als sichersten Weg dem Bordhospital mit nur einem Arzt vorzuziehen". Die Kläger wollen das Urteil nicht akzeptieren und haben Berufung eingelegt.

Aktenzeichen: LG Bonn 3 O 31/09

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