Eisige Verwandlung in den Kammerspielen

BAD GODESBERG · Innerhalb von 30 Minuten wird aus der Schauspielerin Susanne Bredehöft die Schneekönigin: Susanne Bredehöft ist um 8.30 Uhr vor allem eins: müde. Kein Wunder. Am Abend vorher stand die Schauspielerin noch auf der Bühne, jetzt sitzt sie schon wieder in der Maske in den Kammerspielen.

 Nachher und vorher: Schauspielerin Susanne Bredehöft wird von Nicolay Mayer in die Schneekönigin verwandelt.

Nachher und vorher: Schauspielerin Susanne Bredehöft wird von Nicolay Mayer in die Schneekönigin verwandelt.

Foto: Ronald Friese

Denn in den nächsten 30 Minuten soll aus der "normalen" 54-Jährigen die Schneekönigin werden. Die weiße, eisige Frau, die Kay entführt, in ihren Bann zieht und seiner Gerda entfremdet.

Noch ist davon nichts zu sehen. Im Gegenteil. Bredehöft (das Shirt und die Jeans unter einem weißen Bademantel versteckt) wirkt offen und sympathisch. Sie sitzt auf einem der drei Stühle, die in einer Reihe in der Maske stehen. Vor einem großen Spiegel, umrandet von Lichtern.

Auf dem Tisch - oder besser den Tischen - liegen Hunderte kleiner Tuben, fast genauso viele Döschen, mehrere Schwämme und Pinsel. An der Wand hängen künstliche Bärte und Teufelshörner, Perücken stehen auf Styroporköpfen in den Regalen. Und das alles auf geschätzten zehn Quadratmetern.

Es ist das Reich von Nicolay Mayer. Er hat die Aufgabe, aus der warmen Schauspielerin die eisige Schneekönigin zu machen. "Figuren aus Märchen zu schminken, ist schon etwas Besonderes", sagt der 22-Jährige. Nicht nur, dass es "mal 'ne andere Maske ist". Es ist auch opulenter. Und dauert länger.

"Wenn man den Effekt sieht, dann nimmt man das in Kauf. Dann bin ich auch sehr geduldig", sagt Bredehöft. "Wenn man sich aber optisch nicht so verändert und die Maske nur den Typ unterstützt, dann ist das nicht so interessant."

Dieses Problem ergibt sich bei der Schneekönigin nicht. Erst einmal sind Bredehöfts Haare dran. Die verschwinden unter einer Art Strumpfhose, der Ansatz wird geweißt. Denn unter der Perücke - hoch stehende, weiße Haare, die an Dreadlocks erinnern, gespickt mit gläsernen Eiszapfen und einer Krone - darf kein Dunkelbraun mehr zu sehen sein.

Dann scheint alles ganz schnell zu gehen. Weiße und blaue Schminke, falsche Wimpern, Kajal, Lippenstift. "Ich habe zwar einen Schminkplan, das meiste habe ich aber im Kopf", sagt Mayer und schaut in den Spiegel. Das macht er immer wieder. Aus gutem Grund "Ich arbeite viel über den Spiegel, weil man sieht, wie es hinterher auf der Bühne aussieht."

Das einzige, was jetzt noch fehlt, ist die Perücke. Erst geht Bredehöft - eine Schneekönigin in Jeans und ohne Haare - zur Kostümbildnerin, die ihr in das Kleid und den weißen Mantel hilft. Strumpfhosen und Handschuhe gehören auch dazu. "Das wirkt auf der Bühne eisig", erklärt Bredehöft und hebt ihr Collier ("ziemlich teuer, ich glaube, das ist aus Swarowski-Steinen") an.

Denn jetzt kommt der Feinschliff: Das Dekolleté wird mit Glitzer besprüht. "Eigentlich sollte ich einen weißen Ganzkörperanzug unter dem Kleid anziehen, aber da kam keine Luft durch." Der Effekt: Der Schauspielerin war wahlweise viel zu heiß oder deutlich zu kalt.

Die Schminke an sich ist kein Problem: "Man merkt die falschen Wimpern, aber irgendwann gewöhnt man sich dran." Und überhaupt: Kopfschmerzen durch schweren Kopfschmuck oder Juckreiz, "da muss man halt durch", sagt Bredehöft und lächelt.

Endlich ist die Perücke an der Reihe. Und in der Maske sitzt auf einmal viel Schneekönigin und wenig Bredehöft. Nicht nur von außen, sondern auch von innen: "Man fühlt sich schon majestätischer." Und, durch den schweren Mantel und die "Eiszapfen" an den Ärmeln, "nur noch eingeschränkt bewegungsfähig".

Privat ist alles ganz anders. Da ist die Kleidung bequem, Schminke wird kaum aufgetragen, erzählt die 54-Jährige. Nur, wenn sie abends ausgeht. Ansonsten würde sich der Aufwand nicht lohnen. "Die Proben sind häufig schweißtreibend." Dann verwischt die Schminke, die vor der nächsten Vorstellung sowieso wieder entfernt wird.

Und morgens spart man einige Minuten, die sehr wichtig sein können. Denn nach einem Auftritt am Abend ist man am nächsten Morgen vor allem eins: müde. Egal, ob man Susanne Bredehöft oder die Schneekönigin ist.

Die nächsten Vorstellungen in den Kammerspielen, Theaterplatz: 27. November, 2. und 4. Dezember. Karten gibt es in den GA-Zweigstellen und auf www.bonnticket.de.

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