Eiszeit in der Bonner Rheinaue

BONN · Trotz des Frostes: Das Schlittschuhlaufen auf zugefrorenen Seen ist ein riskantes Vergnügen. Betreten auf eigene Gefahr!

 Eisspektakel in der Bonner Rheinaue: Schlittschuhläufer und Fußgänger wagen sich auf den See.

Eisspektakel in der Bonner Rheinaue: Schlittschuhläufer und Fußgänger wagen sich auf den See.

Foto: Volker Lannert

Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung. Als der britische Autor Eric Malpass diesen Beststeller Mitte der 1960er Jahre schrieb, hatte der Mann mutmaßlich kein Auto. Oder eine beheizte Garage. Denn für viele ist derzeit in der Frühe die Welt überhaupt nicht in Ordnung, weil bei den Minusgraden die Batterie ihres Fahrzeugs schwächelt und der Motor einfach nicht anspringen will.

Da bleibt so manchem Autofahrer nichts anderes übrig, als die Kiste stehen zu lassen und seinen Weg zu Fuß oder mit Bus und Bahn anzutreten. Die Stadtwerke Bonn melden zum Glück noch keine Ausfälle. Trotz des Frostes sind auch an diesem kalten, aber sonnigen Wochenende die Busse und Bahnen in Bonn wie gewohnt im Einsatz.

Ein Wetterchen, wie Winterurlauber es lieben: Viel Sonne, strahlend blauer Himmel und eine knackige, aber trockene Kälte. Die seit gut einer Woche andauernden Minusgrade haben inzwischen auch die Gewässer in Bonn mit einer Eisschicht überzogen. Vor allem die Rheinauenseen locken deshalb immer mehr Wintersportfreunde an. Am Sonntag und am Samstag zogen dort Hunderte von Schlittschuhläufer ihre Runden. Vor allem Familien mit Kindern vergnügten sich schon auf dem Eis, und schnell fanden sich auch Eishockeyspieler für ein Match zusammen.

Ein nicht ungefährliches, ja eher recht riskantes Vergnügen, warnt Monika Hörig. Die Sprecherin der Stadt Bonn weist darauf hin, dass die Temperaturen in Bonn erst seit einigen Tagen im Keller sind und das Eis noch ziemlich brüchig sei. Ab welcher Dicke das Schlittschuhlaufen ungefährlich sei, konnte sie nicht sagen. "Wir geben dazu auch keinerlei Empfehlungen heraus.

Wenn sich jemand auf das Eis begibt, dann immer auf eigene Gefahr." Auch die Feuerwehr hält den Wagemut der Eissportler für gefährlich. Zumal an vielen Stellen, wie etwa unterhalb des Rheinland-Pfalz-Pavillons, die Eisplatten noch frei im eiskalten Wasser schwimmen.

Am Sonntagmorgen hatten die Wehrleute auch schon ihren ersten Einsatz in der Rheinaue. Leichtsinnige hatten eine Parkbank aufs Eis gestellt. Mit Leinen zogen die Feuerwehrleute die Bank wieder an Land. "Wenn sich da zwei, drei Leute draufgesetzt hätten, wären sie mutmaßlich eingebrochen", ist ein Beamter überzeugt.

Gefragte Helfer sind in diesen Tagen auch die Notdienste der Sanitär- und Heizungsfirmen. "Das ist wie mit Zahnschmerzen. Meistens erwischt es einen am Wochenende", scherzt Carsten Schmidt von der Jacobi Haustechnik GmbH. Gerade eben hat er die Bewohner eines 30-Parteien-Mietshauses davor bewahrt, am Wochenende frierend in den Wohnungen sitzen zu müssen.

Die Heizungsanlage war ausgefallen. "Ab zwölf Grad minus kommen die meisten Heizungsanlagen in unseren Breitengraden an ihre Grenzen", weiß der Fachmann und rät allen, ihre Anlagen regelmäßig warten zu lassen. In einem Bonner Schnellrestaurant war es am Samstag die Lüftungsanlage, die streikte und die Beschäftigten zwang, in der Winterjacke die Kundschaft zu bedienen.

Ohne Wasser mussten die Mitarbeiter der Caritas-Radstation hinterm Bahnhof auskommen: Die Leitung war eingefroren. "Den Kaffee zum Aufwärmen kochen wir uns mit Mineralwasser", berichtet Mitarbeiter Uwe Emmerich und lacht. Viel zu tun haben er und seine Kollegen am Samstag, wo normalerweise viele Einkaufsbummler zur Kundschaft gehören, nicht: "Bei der Kälte setzen sich viele doch nicht mehr aufs Rad", weiß er aus Erfahrung.

Der kleine Silas ist da offensichtlich weniger empfindlich. Der Fünfjährige radelt stolz neben seiner Mutter Astrid Müller (33) zum sonntäglichen Gottesdienst. Dass er die Handschuhe vergessen hat, ist ihm eine Lehre: "Die vergesse ich nie wieder", sagt er und pustet kräftig in seine rotgefrorenen Händchen.

In der Stadt unterwegs beim "Prinzenshoppen" sind am Samstag auch das Bonner Prinzenpaar, Prinz Rainer und seine Bonna Victoria, samt Gefolgschaft. Und wie schützen sich die Tollitäten vor der beißenden Kälte? Natürlich mit dem Zwiebelprinzip. Und da hat es die Bonna von allen wohl am leichtesten. Unter ihrem Ornat kann sie zumindest um die Beine herum Lage um Lage tragen, ohne dass es jemanden auffällt. "Sogar warme Schuhe fallen nicht besonders auf", verrät sie.

Für passionierte Jogger ist das kalte, trockene Wetter ohnehin kein Problem. "Besser als Regen ist es allemal", sagt Ariane Güdel. "Man sollte aber bei diesen Temperaturen unbedingt Mütze und Handschuhe tragen", rät die Endenicherin, die regelmäßig mit ihrem Mann Rüdiger und Freunden auf dem Messdorfer Feld läuft.

Hochbetrieb ist auch auf der Waldau, einem der beliebtesten Naherholungsziele in der Region Bonn für Jung und Alt. Viele Spaziergänger und Läufer sind Samstag und Sonntag dort unterwegs und genießen den Sonnenschein. Weniger stark als sonst ist der Spielplatz frequentiert. "Das ist den Kindern dann doch zu kalt", weiß Michael Schiffer als zweifacher Familienvater nur zu gut. Er betreibt das Waldaurestaurant und -café, in dem sich viele nach dem Spaziergang aufwärmen. Der Renner am Sonntag: "Kakao und Glühwein."

Besorgte Tierfreunde, die nach dem Wohlergehen der Wildschweine sowie des Damm- und Rotwilds im Gehege fragen, kann Schiffer beruhigen: "Für die ist das kein Problem. Solange keine geschlossene Schneedecke liegt, kommen sie gut zurecht."

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