"Es gab nur diesen Einzeltäter"

Ein angeblicher neuer Fall von sexuellem Missbrauch an Kindern der Evangelischen Jugendhilfe Godesheim aus den siebziger Jahren hat sich in dieser Woche als falsch entpuppt.

Schweinheim. Ein angeblicher neuer Fall von sexuellem Missbrauch an Kindern der Evangelischen Jugendhilfe Godesheim aus den siebziger Jahren hat sich in dieser Woche als falsch entpuppt.

"Wir haben in den vergangenen Wochen intensiv recherchiert, um die damaligen Vorgänge so transparent wie möglich zu machen", erklärt Godesheim-Leiter Klaus Graf dem GA. Neben dem Fall des 1975 fristlos entlassenen pädophilen Gruppenleiters ( der GA berichtete) war in den Ermittlungen jetzt kurzfristig ein weiterer Mitarbeiter in den Fokus geraten.

Man habe über eine Rechtsanwaltskanzlei Akteneinsicht bei den Behörden genommen, wo sich aber nicht die geringsten Hinweise gegen den Mann gefunden hätten, berichtet Graf. Nun habe auch der Hinweisgeber selbst den Vorwurf dementiert.

"Es gab also nur diesen Einzeltäter", so Graf. Immerhin war der Pädagoge, der seinerzeit mehrere Godesheim-Jungen missbraucht hatte, an seinen späteren Arbeitsstellen wieder einschlägig aufgefallen, hatte der GA von Betroffenen erfahren.

Im "dunkelsten Kapitel der Einrichtungsgeschichte", so Klaus Graf, habe er mit dem damaligen Täter persönlich telefoniert und mit verschiedenen ehemaligen Mitarbeitern gesprochen, die heute in ganz Deutschland verteilt lebten. "Auch bin ich mit einigen Betroffenen im intensiven persönlichen Austausch. Im Ergebnis entsprechen sich die unterschiedlichen Rechercheebenen exakt." Von Aufsichtsstellen und den Strafverfolgungsbehörden habe das Godesheim sämtliche verfügbaren Informationen eingeholt.

"Wir sind immer noch erschüttert über das Leid, das uns anvertrauten Kindern durch kriminelles Fehlverhalten eines Einzelnen zugefügt wurde", gibt Graf zu. Aber er erkenne auch an, dass die damalige Einrichtungsleitung interne Hinweise sehr ernst genommen habe und durch entschlossenes Handeln, also fristlose Kündigung und Hausverbot, auch aus heutiger Sicht ihrer Verantwortung konsequent gerecht geworden sei.

Was offenbar nur für den Täter gilt. Wie die Opfer und Zeugen dem GA berichteten, habe sie die damalige Heimleitung nach den Vorfällen einfach in Heime in alle Himmelsrichtungen verteilt und ihnen keine Aussprache, keine therapeutische Hilfe zukommen lassen.

Die Evangelische Jugendhilfe habe inzwischen eine Vielzahl neuer präventiver Strukturen zum Kinderschutz eingeführt, versichert Graf nun mit Blick auf die Gegenwart. "Wir arbeiten weiterhin mit aller Kraft und bestem Vermögen für das Wohl der jungen Menschen, die unsere Hilfe brauchen."

Mitarbeiter in evangelischen Einrichtungen müssten die Wahrnehmung schärfen und vorbeugende Maßnahmen ergreifen, forderte Eberhard Kenntner, Superintendent des Kirchenkreises Bad Godesberg-Voreifel, auf der jüngsten Synode nach einem Rechenschaftsbericht des Godesheims. Auf Kirchenkreisebene müssten Mitarbeiter zudem künftig ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen, wenn sie in der evangelischen Kinder- und Jugendarbeit aktiv sein wollten.

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