Bedeutung der neuen Gema-Tarife Es wird stiller in Bonn

BONN · Die neuen Gema-Tarife zwingen Vereine und Veranstalter, künftig beim Musikprogramm zu sparen. Doch es formiert sich harscher Protest - auch bei den "Großen".

 Tänzer bei einer Party im Pantheon: Auch das Theater am Bundeskanzlerplatz ist von den Erhöhungen der Gema-Gebühren betroffen.

Tänzer bei einer Party im Pantheon: Auch das Theater am Bundeskanzlerplatz ist von den Erhöhungen der Gema-Gebühren betroffen.

Foto: Ingo Firley

Disko in Pützchen: Im Schützenfestzelt auf den Marktwiesen legten die DJs am Freitagabend bei der Kirschenkirmes die Hits der Saison auf. "Ich weiß gar nicht, ob wir das im nächsten Jahr noch anbieten können", zweifelt Willi Härling, Sprecher der Sankt Sebastianus Schützenbruderschaft. Den Schützen stehen wie allen Musikveranstaltern ab 2013 neue Tarife der Verwertungsgesellschaft Gema ins Haus.

"Die werden auch den Karneval der Schützenfrauen und das Mai-Schießen betreffen", sagt Härling. Weil alle drei Feste Defizite einfahren, lassen sich die Ehrenamtlichen es also etwas kosten zu feiern.

Aber wenn die Gema-Gebühren steigen, wie Härling fürchte, dann werde kein Verein mehr eine Musikveranstaltung organisieren, sagt er. "Dann müssen wir uns alle in unsere Wohnungen verkriechen." Aber so genau habe die Bruderschaft die Planungen ehrlich gesagt noch gar nicht studiert.

Unter den Vereinen herrsche momentan Ratlosigkeit, was von den angekündigten neuen Tarifen zu halten sei, bestätigt Olaf Schwarz vom Stadtsportbund. Wer nachfrage, dem gebe er Informationen des Deutschen Olympischen Sportbunds weiter, dass man bis Ende 2013 auf den bisherigen Gema-Sportnachlass hoffe.

Nach 2013 könnten dann bei den meisten Bonner Sportfesten, die ja auf weniger als 1000 Quadratmetern stattfänden, sogar niedrigere Gebühren zum Tragen kommen, denkt Schwarz. Aber bei großen Veranstaltungen in Hallen mit hohen Eintrittsgeldern befürchte man eine bis zu 1000-prozentige Gebührensteigerung. "Das wäre maßlos, wenn beim großen Schützenball statt 250 über 3000 Euro für die Gema fällig wären."

Folgerichtig formiert sich auch bei den "Großen" der Bonner Veranstalter harscher Protest, wie in bundesweiten Internetportalen nachzulesen ist. Dem GA gegenüber wollen sich jedoch Jürgen Harder, Brückenforum GmbH, und Ernst-Ludwig Hartz, Kunstrasen Bonn, zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht äußern.

"Wir kämpfen über die Verbände, in denen wir organisiert sind, damit der Gema-Tarif 2013 nicht zustande kommt", erklären dagegen Walter Düren und Rico Fenoglio, Geschäftsführer der Wanted GmbH, die die großen After-Job-Partys managen. Auf 30 Veranstaltungen mit zirka 50.000 Gästen komme man jährlich und bezahle bisher 30.000 Euro an die Gema.

Nach aktueller Lage werde man künftig 75.000 Euro hinlegen müssen. Im Schnitt verlange die Gema dann das Zweieinhalbfache, sagen Düren und Fenoglio. "In letzter Konsequenz müssen wir das dann an den Endverbraucher weitergeben."

Auch Martina Steimer, künstlerische Leiterin der Pantheon GmbH, befürchtet fürs Kabarett mit Musik, für Konzerte und Diskonächte Gema-Gebührensteigerungen von über 30 Prozent sowie einen unsäglichen Arbeitsaufwand bei der Tarifberechnung. "Da müsste vom Gesetzgeber endlich mal ein Riegel vorgeschoben werden", sagt sie und formuliert damit wie Düren und Fenoglio auch eine politische Forderung.

Zumal ihrer Erfahrung nach durch das "seltsame Verteilungssystem" der Gema gerade eben nicht die normalen Künstler selbst von erhöhten Gebühren profitierten, sondern "die Gema-Verwaltung und die Dieter Bohlens der Republik".

Das sieht auch Frank Duijm vom Verein Bad Godesberg Stadtmarketing so. Kleinkünstler würden 2013 kaum noch beschäftigt werden können, fürchtet er, womit absurderweise auch die Gema selbst Einnahmen verlieren werde.

Bis zu zwölf Prozent Gema-Mehrkosten befürchtet Duijm ab 2013 für Stadtteilveranstaltungen - für den Verein seien das enorme Summen. Folglich müsse man das Bühnenprogramm massiv kürzen. Beim Stadtfest müsse man zukünftig zwei Bands einsparen. Die Godesberger könnten schon mal die Bürgersteige hochklappen, sagt Duijm. "Denn es wird stiller in der City."

Die Tarife

Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) verteidigt das neue Tarifsystem als gerechter als die bisherigen Regelungen.

Statt der elf Tarife soll es ab kommendem Jahr mit Blick auf Raumgröße und Eintrittsgeld nur zwei geben. Rund 60 Prozent der Einzelveranstaltungen und damit kleinere und mittlere Veranstaltungsformate würden künftig entlastet, so die Gema. Stärker belastet würden Clubs und Diskotheken.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) befürchtet hingegen existenzgefährdende Erhöhungen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort