EU klagt wegen des Biomüll-Vertrages

Bonner Vergabepraxis verstößt gegen Vorschriften

Bonn/Brüssel. Der Geduldsfaden ist gerissen: Die Europäische Kommission will Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen, weil die Stadt Bonn ihre Biomüll-Entsorgung nicht öffentlich ausgeschrieben hat, sondern den Auftrag im Zuge eines jahrelangen Auslastungsvertrages an den Privatentsorger Remondis vergeben hat.

Die EU-Kommission kündigte jetzt in Brüssel die Klage an, weil diese Bonner Vergabepraxis gegen die Vorschriften der EU verstoße. Wie berichtet, regelt der 1997 geschlossene Vertrag die Entsorgung von Rest- und Biomüll in Bonn.

Darin verpflichtet sich die Firma, den von der Stadt angelieferten Biomüll aufzubereiten, im Gegenzug entsorgt Bonn den von der Firma angelieferten Hausmüll des Rhein-Sieg-Kreises in der Bonner Müllverbrennungsanlage. Gegen diesen Vertrag, der noch bis 2015 läuft, hat der Wachtberger Unternehmer Klaus Riebau Beschwerde eingereicht.

Daraufhin hatte die EU-Kommission zunächst ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Da keine gütliche Einigung unter anderem über eine vorzeitige Vertragsbeendigung habe erzielt werden können, hat die Kommission beschlossen, die Sache vor den Gerichtshof zu bringen, heißt es aus Brüssel. Grundsätzlich kann sie dabei nur gegen Mitgliedsstaaten vorgehen, nicht gegen Städte oder Regionen.

Dass der Leiter des Liegenschaftsamtes der Stadt Bonn, Martin Krämer, im Gespräch mit dem General-Anzeiger eine Strafe in Millionenhöhe bezweifelt und ausführte, eine solche dürfe nach der Rechtslage überdies nicht von der Bundesrepublik an die Stadt Bonn weitergegeben werden, hält Riebaus Rechtsanwalt Eberhard Luetjohann für einen "schlimmen Vorgang, in dem ein bedenkliches Maß von Rechtsverachtung zu erkennen ist".

Wenn man sinngemäß sage, "das geht uns alles nichts an; uns kostet das ohnehin nichts", die Stadt also folgenlos die Gesetze missachten und verletzen könne, sei das eine rechtsmissbräuchliche Einstellung. Luetjohann glaubt deshalb: "Hierin liegt auch ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Bundestreue."

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