Interview mit Ulrike Fischer Euro Theater Central in Bonn kämpft ums Überleben

Das Bonner Euro Theater Central am Mauspfad soll ab 2020 kein Geld mehr von der Stadt Bonn erhalten – ausgerechnet im 50. Jubiläumsjahr. Nach Feiern ist Geschäftsführerin Ulrike Fischer nicht zumute, aber sie hofft noch auf Einsicht und einen neuen Spielort. Ein Interview.

Der Stadtrat hat den Zuschuss gestrichen. Fällt damit der Vorhang – den Sie nicht haben – ausgerechnet im 50. Jubiläumsjahr?

Ulrike Fischer: Ohne Förderung der Stadt kann das Theater nicht überleben. Zwar erwirtschaften wir einen Großteil unseres Budgets selber. Aber nichts ist dann mehr planbar. Und die 30 000 Euro Zuschuss des Landes gibt es auch nur bei kommunaler Förderung.

Das Jubiläum ist am 6. Dezember 2019. Sind Sie dann überhaupt noch in Ihren Räumen?

Fischer: Stand jetzt wahrscheinlich nicht. Wir werden allerdings versuchen, die Marke Euro Theater zu retten. Nach wie vor hoffen wir auf eine Lösung. Ganz sind wir nicht aus dem Dialog mit der Stadt ausgeschieden.

Sie wollen keine Neiddebatte. Trotzdem: Es geht um 144.000 Euro – das ist etwas weniger, als die Oper die Bürger an zwei Tagen im Jahr kostet. Ist das verhältnismäßig?

Fischer: Eine blühende Kulturszene in einer Stadt braucht in jedem Fall ein funktionierendes Mutterschiff. Je besser und künstlerisch kompromissloser Oper und Stadttheater aufgestellt sind, desto mehr profitieren davon auch alle anderen Kulturinstitutionen. Das fördert die theatrale Bildung des Publikums.

Die Landesregierung will freie Theater bis 2022 mit 40 Millionen Euro unterstützen. Gleichzeitig streicht die Stadt ihre Zuschüsse. Damit verzichtet Bonn doch auch auf Landesförderung?

Fischer: Dieses Argument haben wir auch vorgebracht. Allerdings spart die Stadt nicht durch die Landesgelder. Diese sollen explizit nicht kommunale Einsparungen ersetzen. Sie fließen zusätzlich in eine Kulturinstitution und erhöhen damit das kulturelle Angebot in Bonn. Bei einer Weiterförderung könnten wir zusätzliche Mittel in Düsseldorf beantragen.

Haben die Kulturpolitiker oder die Kulturverwaltung vor dem Ratsbeschluss mit Ihnen gesprochen?

Fischer: Die Entscheidung schwebt ja schon seit 2015 über unserem Haupt. Damals ist man auf uns zugekommen. Aber die Streichung der Fördergelder wirkte weit weg. Wir haben uns damals als Bauernopfer auf dem Papier gesehen und nicht gedacht, dass es wirklich dazu kommt.

2019 sind Sie das Bauernopfer. Hat man mit Ihnen geredet?

Fischer: Wir waren konstant im Dialog und haben uns auch immer alternative Spielstätten angeschaut. Ehrlich gesagt haben wir mit Kürzungen gerechnet und wollten diese nicht aktiv vorschlagen. Wir werden die Beteiligten in Rat und Verwaltung auch jetzt nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Es ist klar erkennbarer Wunsch der Bürger, dass es uns gibt. Was meinen Sie, was hier manchmal los ist. Seit Wochen sind unsere Vorstellungen ausverkauft.

Größter Posten im Etat ist die Miete. Könnte das Theater an einem anderen Ort ohne Mietkosten auch ohne Förderung weitermachen?

Fischer: Die Miete liegt unter 60 000 Euro im Jahr. Ganz ohne Förderung würde es wahrscheinlich schwierig. Tatsächlich hat für uns aber die Suche nach einem neuen Spielort oberste Priorität.

Wie wäre das geplante Kreativquartier in Beuel? Gibt es konkrete Gespräche?

Fischer: Ich habe mit Martina Steimer vom Pantheon gesprochen. Malersaal und Lampenlager (gehören zum städtischen Theater – Anm. d. R.) sind beides reizvolle Räume. Aber die wären derzeit baulich nicht bespielbar.

Bisher mangelt es dort an konkreten Nutzungen. Würden Sie einziehen, wenn die Stadt etwas täte?

Fischer: Wir würden unseren traditionsreichen Standort in der Innenstadt in der Nähe zur Uni vermissen. Wir sind ja auch ein vielbesuchtes Studententheater. Aber wir sind auf dem Sterbebett nicht in der Situation, Angebote gleich auszuschlagen. Insofern werden wir jedes Angebot sehr genau anschauen.

Haben Sie sich auch das Kleine Theater in Bad Godesberg angesehen?

Fischer: Ja, ein tolles Haus, allerdings sehr baufällig. Die Stadt verlangte eine Sanierung in geschätzter Höhe von 650 000 Euro auf ununsere Kosten. Dazu sollten wir Miete zahlen und auf unseren jetzigen Betriebskostenzuschuss verzichten. Das können wir nicht leisten.

Es gibt mehrere andere Privattheater in Bonn. Warum wäre eine Schließung ein Verlust für Bonn?

Fischer: Von den kleinen Theatern sind wir das kleinste. Ein Theatererlebnis nach dem Vorbild der Pariser Salon-Theater mit professionellen Schauspielern und Regisseuren in dieser Intimität ist in Bonn einmalig. Das zeigt auch unsere Auslastung. Wir sind immer zu 80 Prozent ausverkauft mit insgesamt 8000 bis 10.000 Zuschauern im Jahr.

Das Privattheater hat 50 Prozent der Kosten selbst finanziert. Das ist mehr als bei jeder Staatsbühne. Sind Sie enttäuscht von der Stadt?

Fischer: Darüber sind wir weg. Es gilt jetzt, die Moral der Truppe hochzuhalten. Für die Schmollecke haben wir schlicht keine Zeit. Stattdessen gilt es, so weit wie möglich nach vorne zu preschen.

Sie und ihre beiden Mitarbeiter haben bereits auf einen Teil Ihres Gehalts verzichtet. Wie viel Herzblut steckt in dem Projekt?

Fischer: Wir sind alle über den Konsum an dieses Theater gekommen und haben festgestellt, wie großartig das ist. Fürs Geld kann man hier keinen Job machen. Das Euro Theater hat es finanziell nie leicht gehabt. Gerade deshalb haben wir besonders in den letzten Jahren sehr bewusst auf sehr hohe Qualität gesetzt und auf Schauspielerinnen und Schauspieler, die sich uns leisten können.

Was kommt am besten an?

Fischer: Ganz eindeutig die fremdsprachigen Produktionen – unser Alleinstellungsmerkmal. „The Importance of Being Ernest“ und auch „Wuthering Heights“ – das sind Stücke, die unser Publikum sehen will. Und dann natürlich unser Flaggschiff „Geschlossene Gesellschaft“. Das gehört seit 1982 so in den Raum, dass man sich diese Immobilie ohne eigentlich gar nicht vorstellen kann.

Und was erwartet Ihre Besucher im Jubiläumsjahr?

Fischer: Es kommt noch ein Frankenstein – in Englisch. Darauf freue ich mich sehr. In jedem Fall spielen wir bis zum Ende der Spielzeit Anfang Juni wie gewohnt. Außerdem werden wir bei der Theaternacht dabei sein. Dort zeigen wir die Boulevard-Komödie „Der Tod klopft“ von Woody Allen. Es wird eigens inszeniert. Ich finde, das haben wir verdient, mit einem bitteren Lachen hier rauszugehen.

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