50 Jahre Grüne Damen Evangelische Kranken- und Alten-Hilfe feiert Geburtstag

Bonn · Grüne Damen und seit 1979 auch Herren kümmern sich in Krankenhäusern und Seniorenheimen um alte und hilfsbedürftige Menschen.

 Fahren mit Getränken und Naschereien durchs Uniklinikum: (v.l.) Carola Ernst, Norbert Engels und Susanne Brandes.

Fahren mit Getränken und Naschereien durchs Uniklinikum: (v.l.) Carola Ernst, Norbert Engels und Susanne Brandes.

Foto: Benjamin Westhoff

Die Evangelische Kranken- und Alten-Hilfe e.V. feiert runden Geburtstag: Seit 50 Jahren kümmern sich Tausende Grüne Damen und auch Herren bundesweit um Kranke und Hilfsbedürftige. Die Geschichte begann 1969 unter anderem in Bonn. Über die Arbeit sprach Ebba Hagenberg-Miliu mit Pfarrer Dieter Hackler vom eKH-Vorstand.

Hat die Geschichte der Evangelischen Krankenhaus-Hilfe nicht genau hier in Bonn begonnen?

Dieter Hackler: Der Impuls zur Gründung der Grünen Damen ging von Bonn aus. Die erste Gruppe gründete Brigitte Schröder als Ehefrau des damaligen Bundesaußenministers Gerhard Schröder allerdings im Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf 1969. Nach einem erfolgreichen Probejahr folgten die Gründungen in Köln-Kalk, im Evangelischen Waldkrankenhaus und Johanniter-Krankenhaus Bonn.

Und wie lief das Projekt weiter?

Hackler: Die Idee des ehrenamtlichen Besuchsdienstes im Krankenhaus hat die ganze Bundesrepublik Deutschland erobert. Es war ganz wesentlich das Verdienst von Brigitte Schröder. Dann haben ihre Nachfolgerinnen Gabriele Trull und Käte Roos mit ihrem beharrlichen Einsatz zur Modernisierung und Weiterentwicklung des Dienstes beigetragen.

Was war und ist das Bestechende an der Idee?

Hackler: Menschen schenken ihre Lebenszeit anderen. Manchmal geht es nur um Organisatorisches, manchmal muss man nur zuhören, manchmal kann man ermutigen und Zuversicht vermitteln. In jedem Fall leisten unsere Grünen Damen und Herren einen stellvertretenden Dienst für unsere Gesellschaft, für uns alle. Sie vermitteln menschliche Nähe, Wertschätzung. Sie unterstützen das Pflegepersonal und die Medizin. Sie tragen so zur Heilung bei. So belastend der Dienst manchmal ist, bekommt man vieles zurück, man lernt für sein eigenes Leben.

1979 kam der erste Grüne Herr dazu. Warum sind Männer seltener im Team?

Hackler: Pflege war lange Zeit ein Frauenthema. Nach der Familienphase haben viele Frauen sich im sozialen Bereich ehrenamtlich engagiert. Nicht zuletzt durch den Zivildienst öffnete sich der soziale Bereich für Männer. Sie stellten fest: Der ehrenamtliche Dienst für Kranke ist interessant und sinnvoll. Heute spielt die längere Lebenserwartung nach dem Eintritt in den Ruhestand eine große Rolle.

Ging nicht auch nach der Wende der eKH-"Aufbau Ost" von Bonn aus?

Hackler: Die Impulse kamen aus Bonn. Aber es war ein schwieriger Prozess, in den neuen Bundesländern Fuß zu fassen. Vor allem wurde ehrenamtliches Engagement als Konkurrenz zum Arbeitsmarkt gesehen. Eine Kultur selbstverständlicher Freiwilligkeit als Ausdruck auch von demokratischer und gesellschaftlicher Teilhabe musste erst wachsen.

Wo steht die eKH heute in den Bundesländern?

Hackler: Die Herzkammer der eKH ist und bleibt das Rheinland. Auch weil wir sehr gut vom Diakonischen Werk Rheinland-Westfalen-Lippe unterstützt werden. Dann folgten Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Hessen.

2013 verabschiedete sich die eKH nach Berlin. Hat sich der Umzug gelohnt?

Hackler: Das dürfen Sie einen Bekenntnis-Bonner nicht fragen. Aber wahrscheinlich war es die richtige Entscheidung für die eKH - auch wegen der Kooperation mit dem Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung in Berlin.

Die eKH ist in immer mehr Krankenhäusern und Altenheimen präsent. In welchen Bereichen sind neue Gruppen hinzugekommen?

Hackler: Die Anforderungen verändern sich rasant. Insofern verändern sich auch immer wieder Einsatzgebiete. Die Themen Demenz und Hochaltrigkeit fordern die Grünen Damen und Herren heraus. Die Übergangsprozesse vom Krankenhaus in die Pflegeeinrichtung oder in die Rehabilitationseinrichtung von alleinlebenden älteren Menschen sind hochkomplexe Aufgaben, die menschliche Begleitung erfordern.

Warum aber sind die Ehrenamtlichenzahlen seit 2013 um mehr als 3000 zurückgegangen?

Hackler: Das hat mit einer organisatorischen Straffung der eKH zu tun. Wir möchten, dass unsere Grünen Damen und Herren Vereinsmitglieder werden und als solche auch die Geschicke des Vereins mitgestalten. Das haben einige so nicht gewollt. Wir wollen, dass sie an Basis- und Mentorenschulungen teilnehmen, also auch Weiterbildung und Qualifizierung bekommen. Auch das fand nicht überall Zustimmung. Aber die eKH hat sich konsolidiert. Wir schauen zuversichtlich nach vorn. Denn die Grünen Damen und Herren werden in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gebraucht. Manchmal wünsche ich mir, dass den Einrichtungen vorgeschrieben würde, dass sie unabhängiges Ehrenamt aufzubauen haben. Das wäre Ausdruck der gesellschaftlichen Mitverantwortung.

Wie werben Sie neue Helfer?

Hackler: Wenn Grüne Damen und Herren von Ihrer Arbeit erzählen, können sie am besten andere für ihre Aufgabe begeistern. Zusammen mit den Einrichtungen betriebene Öffentlichkeitsarbeit hilft vor Ort sehr. Ich hoffe, dass wir in Zukunft auch noch mehr junge Menschen in der Phase von Ausbildung und Studium für den Dienst begeistern können.

Sie haben bei Ihrer letztjährigen Bundestagung eine größere Unterstützung gefordert. Wie ist die heutige finanzielle Situation der eKH?

Hackler: Heute sind cirka 15 Prozent Vereinsmitglieder in der eKH. Die Zahl hat sich von cirka 40 im Jahre 2015 auf cirka 1350 erhöht. Außerdem haben wir aus dem Bereich der Einrichtungen heute über 150 Förderer. Damit hat die eKH eine finanzielle Grundlage. Natürlich wünschen wir uns Spenden und Unterstützung.

Wofür genau?

Hackler: Die Schulungen und die Öffentlichkeitsarbeit verschlingen einen großen Teil. Die Geschäftsstelle mit einer Teilzeitsekretärin, mit einer halben Referentenstelle und die Miete sind ein weiterer Kostenblock. Der Vorstand arbeitet ehrenamtlich. Trotzdem fallen natürlich Reisekosten an.

Wer soll die eKH-Arbeit sicherstellen?

Hackler: Die wesentlichen Förderer sind unsere Krankenhäuser und Pflegeheime, einzelne Diakonische Werke und in den letzten Jahren das Evangelische Werk für Diakonie und unsere Mitglieder. Wir wünschen uns finanzielle Unterstützung aus der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und den Landeskirchen. Ich finde es vorbildlich, dass die Kreuzkirchengemeinde Bonn uns jährlich mit einer Kollekte fördert. Wenn das alle Kirchengemeinden so täten, wäre das wunderbar.

Wie sieht Ihre Kooperation mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Krankenhaus-Hilfe (BAG) aus?

Hackler: Wir haben die gleichen Aufgaben und stehen vor den gleichen Herausforderungen. Mein Traum wäre es, wenn wir zum ökumenischen Kirchentag in Frankfurt fusionieren könnten: als ein Verein, der von beiden großen Kirchen und ihren Verbänden getragen würde.

Was halten Sie von neuen Formen? Etwa in Bad Godesberg probt Frau Schröders Tochter Christina Manig eine ambulante eKH-Hilfe.

Hackler: Das ist sozusagen das Modellprojekt für die Zukunft. Besuchsdienste in Verbindung mit ambulanten Diensten oder mit Kirchengemeinden sind in unserer älter werdenden Gesellschaft unverzichtbar.

Wo sehen Sie die eKH 2029?

Hackler: Ich hoffe auf eine gut funktionierende ökumenische Krankenhaushilfe mit über 20 000 Grünen Damen und Herren.

Zum eKH-Jubiläum gibt es einen Festgottesdienst am Dienstag, 15. Oktober, ab 16 Uhr in der evangelischen Kreuzkirche, Kaiserplatz 1. Es predigt Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Ab 17 Uhr spricht der Theologe und Arzt Manfred Lütz zum Thema "Glück und Dienst" an.

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