Fallzahlen auf hohem Niveau Fälle von häuslicher Gewalt in Bonn nehmen zu

BONN · Die Fälle von häuslicher Gewalt sind in Bonn immer noch hoch. 965 Fälle registrierten die Beamten im vergangenen Jahr. Es sind vor allem Frauen, die zum Opfer werden.

 Ein Mann droht einer Frau mit der Faust. Die Zahl der Fälle von häuslicher Gewalt in Bonn steigt in den vergangenen Jahren stetig.

Ein Mann droht einer Frau mit der Faust. Die Zahl der Fälle von häuslicher Gewalt in Bonn steigt in den vergangenen Jahren stetig.

Foto: picture alliance/dpa

Er ist das, was man einen Wiederholungstäter nennt. Mehrfach wurde der 23-jährige Königswinterer gegenüber seiner Familie gewalttätig. Vor allem seine Mutter war seinen Angriffen ausgesetzt. Die Konsequenz: Er wurde des Hauses verwiesen, Rückkehrverbote wurden ausgesprochen. Doch daran hielt sich der 23-Jährige nicht. Er kehrte immer wieder zurück und verstieß so mehrfach gegen die Anordnung der Polizei. Die Beamten handelten, der 23-Jährige wanderte eine Woche lang, vom 15. bis zum 22. Februar, ins Polizeigewahrsam. Eine Premiere in Bonn.

Mit dem neuen Polizeigesetz, das im Dezember 2018 vom Landtag verabschiedet worden ist, hat die Polizei mehr Möglichkeiten bekommen, den Schlägern beizukommen. Gibt es einen richterlichen Beschluss, ist eine elektronische Fußfessel eine Option, der sogenannte Unterbringungsgewahrsam eine andere. Damit können Täter bis zu zehn Tage ins Gewahrsam genommen werden.

Anfang des Jahres wurde dies bei einem 54-jährigen Bonner angewendet, der von seiner Frau getrennt lebt. Das hielt ihn nicht davon ab, sie ständig zu bedrohen und ihr nachzustellen, berichtet Polizeisprecher Michael Beyer. Der Mann wanderte in Unterbringungsgewahrsam, wo er vom 25. Januar bis zum 1. Februar blieb. Allerdings in Mönchengladbach. Denn zu dieser Zeit, so hieß es im Präsidium, wurde geprüft, ob es in Bonn genug Platz gibt, um die Maßnahme auch vor Ort durchzusetzen. Den gibt es, wie der 23-jährige Königswinterer am eigenen Leib erfuhr. Und auch ein externer Fall wurde bereits in Bonn untergebracht. Dabei handelte es sich um einen Schläger aus Neuss, der vom 27. Mai bis zum 3. Juni blieb.

Die Fälle häuslicher Gewalt werden stetig mehr.

Die Bonner Polizei verfügt über zwei Zellen, die auch für die längerfristige Ingewahrsamnahme genutzt werden können, erklärt Beyer. Laut eines Beschlusses des Landgerichts Dortmund müssen sie mindestens sieben Quadratmeter groß sein, die in Bonn „haben eine Größe von mehr als acht Quadratmetern“, so der Polizeisprecher. Darüber hinaus ist auch vorgegeben, wie die Zellen ausgestattet sein müssen. Sie müssen über einen Sitzwürfel und einen Dreiecktisch in einer Ecke verfügen. Erstere sind in Bonn bereits vorhanden, die Tische werden laut Beyer bald eintreffen.

Die Fälle häuslicher Gewalt werden stetig mehr. 965 Fälle registrierte die Bonner Polizei im vergangenen Jahr, 2017 waren es 870. Bis zum 31. Mai 2019 verzeichnete die Behörde 426 Taten. „Die Tendenz der Fallzahlen ist also stagnierend auf gleichbleibend hohem Niveau“, sagt Beyer. Dabei gibt es nicht „die häusliche Gewalt“. Sie zieht sich durch alle Altersgruppen und alle Schichten hindurch. Eins aber ist klar: Es sind vor allem Frauen, die zum Opfer werden. Die Anzahl der männlichen Täter liegt kontinuierlich bei mehr als 80 Prozent.

Ist Gefahr im Verzug, handeln die Beamten sofort – und zwar egal, ob das Opfer Anzeige erstattet oder nicht. Wovon die Polizisten rege Gebrauch gemacht haben, ist, den Täter zehn Tage der Wohnung zu verweisen. So soll dem Opfer die Möglichkeit gegeben werden, sich beraten zu lassen. Sind Kinder im Spiel, wird – falls nötig – das Jugendamt eingeschaltet. Je nach Schwere der Tat kann der Täter per Gerichtsbeschluss auch längerfristig von den eigenen Wänden ferngehalten werden, sogar Näherungsverbote oder Führerscheinentzug sind laut Polizei möglich. Verstößt der Täter gegen die Auflagen, wird ein Zwangsgeld fällig. Im ersten Schritt liegt dieses in der Regel bei 500 Euro, sagt Beyer. „Die Höhe richtet sich nach Einkommensniveau.“ Im zweiten Schritt können auch schon einmal 1000 Euro und mehr anfallen.

Übrigens: „Die elektronische Fußfessel im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt wurde bislang im Zuständigkeitsbereich der Kreispolizeibehörde Bonn nicht eingesetzt“, so Beyer.

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