Feuerwehrmann überfährt mit Notarztwagen Fußgängerin

38-Jähriger wegen fahrlässiger Tötung zu Geldstrafe verurteilt - Bonner Richterin spricht von einem tragischen Fall

Bonn. "Ja, das ist ein tragischer Fall", bringt Verkehrsrichterin Susann Ulbert zum Ausdruck, was alle im Gerichtssaal bewegt. Der Mann vor ihr, der sich als Berufsfeuerwehrmann der Rettung von Leben verpflichtet hat, überfuhr am 6. Februar um 18.30 Uhr auf der Bernkasteler Straße eine Fußgängerin mit dem Notarztwagen, den er schnell, zu schnell, zur Wache bringen wollte. Die 67-Jährige starb drei Stunden später an ihren Kopfverletzungen.

Nun sitzt der 38-jährige Brandobermeister sichtlich bedrückt wegen fahrlässiger Tötung auf der Anklagebank. Der Vorwurf: Wäre er statt mit 66 km/h mit den vorgeschriebenen 50 km/h gefahren, würde die Frau noch leben.

Wie tragisch der Fall tatsächlich ist, wird im Prozessverlauf immer deutlicher: Da sitzt auf der einen Seite der 38-jährige Familienvater und kann nicht verwinden, dass er einen Menschen getötet hat.

Er schildert, wie er an jenem dunklen und regnerischen Abend plötzlich den dunklen Schatten vor sich auf der Straße sah, eine Vollbremsung machte und den Aufprall hörte, wie er aus dem Wagen sprang, um zu helfen, bis er von Kollegen weggezogen wurde, wie er vom Notfallseelsorger betreut wurde - und am Telefon vom Tod der Frau erfuhr. "Mir ist das Telefon aus der Hand gefallen und ich habe geweint", sagt er. Und bricht erneut in Tränen aus.

Ihm gegenüber sitzt die Tochter seines Opfers - und wird nicht fertig mit dem Tod der Mutter. Was für eine Frau war sie, will Richterin Ulbert wissen, um auch dem Opfer im Prozess ein Gesicht zu geben. Die Tochter berichtet, und es entsteht das Bild einer vitalen und jugendlichen Frau, die von der Tochter so geliebt wurde, dass die nach deren Tod nicht mehr leben wollte. "Ich wollte ihr nur noch folgen", sagt die Frau unter Tränen.

Sie wartete an dem Abend vergeblich auf die Rückkehr der Mutter, ging los, um sie zu suchen - und sah plötzlich auf der Straße das Blut, den eingekreisten Schuh, die Handtasche der Mutter.

Sie brach zusammen und wird bis heute psychotherapeutisch betreut. Der Sachverständige ist sicher: Wäre der Angeklagte mit 50 km/h gefahren, hätte er den Wagen zwar auch nicht vor der Frau zum Stehen gebracht, aber die hätte wertvolle Sekunden mehr gehabt, um sich in Sicherheit zu bringen.

Verteidiger Martin Kretschmer bittet um milde Strafe und stellt fest: "Hier ist die Schuld gering, die Folgen aber gravierend. Ein Alptraum, der jedem Autofahrer passieren kann."

Auch das Gericht geht von eher geringer Schuld aus und verhängt eine Geldstrafe von 50 Tagessätze à 50 Euro - zumal auch das Opfer unvorsichtig gewesen sei und eine Mitschuld habe. Der 38-Jährige akzeptiert das Urteil. Erleichtert wirkt er nicht.

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