Hilfe für die Opfer des Unwetters Rotes Kreuz in Bonn appelliert: Sachspenden vorerst einstellen

Bonn · Nach der verheerenden Flutkatastrophe sei das Einsammeln von Hilfsgütern durch private Initiativen zwar gut gemeint, zurzeit aber kontraproduktiv, sagt die Deutsche Rote Kreuz in Bonn. Mit Hilfe der Stadt haben unterdessen weit über 300 Menschen aus den Katastrophengebieten Notquartiere gefunden.

 Hilfsgüter stapeln sich am vergangenen Wochenende in einer Halle am Nürburgring.

Hilfsgüter stapeln sich am vergangenen Wochenende in einer Halle am Nürburgring.

Foto: Benjamin Westhoff

Gut gemeint, aber kontraproduktiv: So bewertet der Leiter des Einsatzstabes beim Deutschen Roten Kreuz in Bonn, Wolfgang Lenz-Weinert, die zahlreichen Privatinitiativen zur Sammlung von Hilfsgütern. Auch der Krisenstab in Ahrweiler teilte inzwischen mit, dass keine Hilfsgüter von Privatpersonen oder Vereinen mehr angenommen würden. Lediglich autorisierte Hilfsorganisationen, die den exakten Bedarf kennen, könnten Spenden ins Überschwemmungsgebiet transportieren. An mehreren Orten, etwa in Dernau, hätten private Hilfslieferungen am Wochenende die Wege blockiert, heißt es. Auch die Sammel- und Sortierstellen seien derzeit überfordert.

Sobald wieder Spenden benötigt werden, soll dies der Öffentlichkeit über konkrete Bedarfslisten bekannt gemacht werden. Wie berichtet, hatten zahlreiche Vereine und Initiativen in Bonn in den vergangenen Tagen Unmengen an Hilfsgütern zusammengetragen und auf verschiedenste Weise in die Krisenregion geschafft. Auch für diese Woche sind wieder Sammlungen angesetzt. Der Verein Bonn-City hat seine für diese Woche geplanten Aktionen (GA von Montag) vor diesem Hintergrund modifiziert: Angenommen werden nur noch Hygieneartikel, haltbare Lebensmittel sowie Dinge wie Besen, Schaufeln, Eimer oder Gummistiefel.

Aufräumen nach der Flutkatastrophe: „Kein Sprint, sondern ein Marathon“

Volle Unterstützung findet der Appell von Krisenstab und DRK auch bei Jan Erik Meyer, Vorsitzender des Zentrallagers Sachspenden Bonn (ZeSaBo) mit Sitz an der Endenicher Straße. Konzept des ZeSaBo: Es sammelt Sachspenden wie Kleidung und Haushaltsgegenstände und bietet sie bei konkretem Bedarf zur Abholung durch die Ausgabestellen an. „Wenn es nicht anders geht, organisieren wir natürlich auch die Lieferung“, sagt Meyer dem GA. Auch bei ihm und seinen Mitarbeitern hätten sich in den vergangenen Tagen die Lager zum Bersten gefüllt. Das riesige Engagement sei einerseits toll. Ein Teil der Ware aber sei entweder witterungs- oder aber qualitätsbedingt nicht zu gebrauchen, manches schlicht unbrauchbar, entsprechend groß sei der Aufwand für die Sortierung. Jan Erik Meyer: „Jeder will jetzt Gutes tun. Aber das hier ist kein Sprint, sondern ein Marathon, auch in ein paar Wochen werden sicher noch Dinge benötigt werden.“

Nach der Flutkatastrophe: Sonderschichten im Stadthaus

Von einem Ansturm der Hilfsbereitschaft kann weiterhin auch die Bonner Stadtverwaltung berichten. Bei der Vermittlung von Notunterkünften für Flutopfer seien seit Donnerstagnachmittag mehr als 2000 Angebote eingegangen, hieß es am Montag im Stadthaus. Auf diese Weise konnten inzwischen 321 Menschen plus Haustiere vermittelt werden. 268 von ihnen sind bei Privatleuten in Bonn und Umgebung untergebracht. „Ich danke allen Bonnerinnen und Bonnern für ihre überwältigende Hilfsbereitschaft“, erklärte Oberbürgermeisterin Katja Dörner per Pressemitteilung. Zwar machten die Zahlen deutlich, dass im Moment keine weiteren Unterbringungsangebote benötigt werden. Allerdings, so Dörner: „Unsere Aktion wird in den Unglücksgebieten immer bekannter, und es melden sich mehr Menschen, die leider erkennen müssen, dass sie entweder nicht länger in ihrem Zuhause oder den Notunterkünften bleiben können.“

In den Reihen der Verwaltung hätten sich spontan zahlreiche Beschäftigte dazu bereitgefunden, in Schichten das Nottelefon zu bedienen. Auch bei den Stadtwerken Bonn seien Kollegen spontan eingesprungen, berichtete Anja Wenmakers, Geschäftsführerin SWB Bus und Bahn. Am Freitag hatten drei Busse der Stadtwerke Flutopfer aus dem Kreis Ahrweiler nach Bonn geholt.

Nach der Flutkatastrophe: Bonner Einzelhandel für Hilfsfonds

Zu Wort meldete sich am Montag auch der Einzelhandelsverband Bonn/Rhein-Sieg/Euskirchen, aus dessen Reihen ebenfalls zahlreiche Mitgliedsbetriebe von den Unwetterschäden betroffen sind. Angesichts ihrer Lage in ohnehin strukturschwachen Gebieten sowie vieler offener versicherungsrechtlicher Fragen schlägt der Verband die Einrichtung eines Fonds durch die Landesregierung vor. Nach seiner Vorstellung sollen die Versicherungen aus diesem Topf Geld erhalten, „um die Schäden unverzüglich zu regulieren und somit Existenzen zu sichern“, wie es Vorsitzender Jannis Vassiliou in seinem Appell ausdrückte, den er auch Ministerpräsident Armin Laschet zukommen ließ. Intern hat der Verband seinen Mitgliedern organisatorische Hilfe angeboten, etwa die Überprüfung von Verträgen oder die Einrichtung von Not-Onlineshops zur Vermarktung unbeschädigter Ware.

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