Gläserklirren kommt durch "Resonanzeffekte"

Bahn AG weist Verantwortung für Erschütterungen entlang der Bahnstrecke von sich

Bonn. Risse an der Hausfassade oder Gläserklirren im Schrank, wenn ein Zug vorbeifährt? Wer an der Bundesbahnstrecke wohnt und die Bahn AG in Regress nehmen will, hat offensichtlich schlechte Karten. Das geht aus einem Schreiben an die SPD-Landtagsabgeordnete Renate Hendricks hervor, in dem die DB Netz AG jegliche Verantwortung für Erschütterungen von sich weist.

Bereits im unmittelbaren Bereich der Gleise würden die Schwinggeschwindigkeiten der Erschütterungen aus dem Zugverkehr demnach deutlich unter dem einzuhaltenden Wert liegen, führt das Unternehmen in seiner "fachlichen Bewertung" an.

Demnach seien Schäden an Gebäuden praktisch nicht möglich, heißt es. Zumindest nicht als Ursache des Zugverkehrs. Auch bei Gasleitungen könnten Schäden bei fachgerechter Verlegung "aus eisenbahntechnischer Sicht" ausgeschlossen werden, so die Bahn AG weiter.

Dass in manchen Häusern gleichwohl die Gläser im Schrank klirren, wenn ein Güterzug vorbeirattert, ist jedoch nicht wegzudiskutieren. Das könne schon bei geringen Erschütterungen auftreten, räumt die Bahn auch ein. Aber das passiere nur, weil die Erschütterungen innerhalb eines Gebäudes durch "Resonanzeffekte" verstärkt würden - auch durch Schränke und Regale.

"Diese Effekte treten insbesondere bei älteren, denkmalgeschützten Gebäuden mit schwingungsempfindlichen Holzbalkendecken auf", argumentiert die Bahn AG. Das Unternehmen stellt klar, es sei lediglich bei einem "erheblichen (baulichen) Eingriff" und einer daraus resultierenden Änderung der Erschütterungsbelastung zu Schutzmaßnahmen verpflichtet. Eine veränderte Nutzung der Gleise durch eine höhere Anzahl an Zügen sei jedoch kein erheblicher baulicher Eingriff.

Für Betroffene wie den Bonner Rechtsanwalt Lutz Hennemann, dessen Kanzlei am Kaiserplatz keine fünf Meter von den Gleisen entfernt liegt, klingt das wie Hohn in den Ohren. "Bei uns geht es nicht ums Gläserklirren", meint er, schließlich ziehen sich seit einiger Zeit dicke Risse durch das 70 Zentimeter dicke Mauerwerk ( der GA berichtete).

"Es kommt nicht auf die Nutzungsänderung und das Mehr an Zügen an, sondern darauf, mit welcher Geschwindigkeit die Züge durchfahren", sagt Hennemann und kritisiert: "Aber dazu sagt die Bahn nichts." Der Anwalt ist sicher, dass die Risse mit dem hohen Tempo der Züge zu tun haben.

"Je höher die Geschwindigkeit desto intensiver sind auch die Schwingungen im Boden", meint er. "Denn das steigt nicht proportional an, sondern potenziert sich." Er fordert deshalb von der Bahn, das Tempo der Züge zu verringern, damit nicht noch weitere Schäden an Gebäuden entstehen.

Unzufrieden mit den Auskünften der Bahn ist auch Renate Hendricks. "Das ist wieder mal eine Antwort, die nur abwiegelt", sagte die Politikerin dem GA. "Und das stellt keine Perspektive für die betroffenen Bonner Bürger dar."

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