Bonn ist Islamisten-Hochburg Gotteskrieger unter uns

Es herrscht Krieg. Der Krieg gegen die Kuffar, die Ungläubigen, und ihre Handlanger, die Regierungen in Afghanistan und anderen arabischen Ländern, die mit dem verhassten Westen und speziell den USA zusammenarbeiten.

Bonn ist Islamisten-Hochburg: Gotteskrieger unter uns
Foto: GA (Screenshot)

Bonn. Es herrscht Krieg. Der Krieg gegen die Kuffar, die Ungläubigen, und ihre Handlanger, die Regierungen in Afghanistan und anderen arabischen Ländern, die mit dem verhassten Westen und speziell den USA zusammenarbeiten.

Diesen Eindruck jedenfalls machen die Autoren von deutschen Internetseiten wie salafimedia.com und islambruederschaft.com. Dort heißt es beispielsweise: "Muslime müssen mit den Kuffar auf ihre eigene Sprache kommunizieren und zwar mit Krieg. Wie es unsere edlen Taliban-Brüder tun."

Die Verherrlichung des bewaffneten Dschihads, der als Pflichtkampf gegen die "Unterdrücker des Islam" vorgeschrieben wird, zieht sich wie ein roter Faden durch diese Seiten, die unverhohlen mit dem Terrornetzwerk Al Kaida sympathisieren. Und auf i24-online.com gibt es 39 Tipps, wie jeder Muslim diesen Kampf unterstützen kann: sei es im Gebet, sei es mit Spenden an den Mudschahid, den Gotteskrieger, oder gleich als solcher mit seinem Einsatz.

Beispielsweise in Pakistan und Afghanistan, wo auch Bonner Gotteskrieger wie Yassin und Mounir Chouka, Bekkay Harrach und Javad Sediqi die Taliban im Kampf gegen die NATO-Truppen unterstützen - beziehungsweise unterstützt haben, denn Sediqi kam 2009 im Alter von 22 Jahren beim Kampf ums Leben.

Man könnte diese Internetseiten als Produkte von einigen wenigen Fanatikern abtun, die nicht wissen, was sie mit ihrer männlichen Kampfeslust anfangen sollen. Gäbe es nicht immer wieder Bezüge auch zur vom Verfassungsschutz als extremistisch eingestuften Gruppierung "Die wahre Religion" (DWR), deren Vertreter in Bonn und Köln sitzen und die nicht nur von ihrer eigenen Webseite aus übers Internet missionieren, sondern auch in Moscheen in Bonn und der Region wortgewaltige Reden führen und bei Seminaren junge Muslime auf einen ultrakonservativen Islam einschwören.

Nicht nur Videos des jüngsten Seminars von DWR, das auf öffentlichen Druck hin zum Jahreswechsel nicht in der Beueler Al-Muhsinin-Moschee, sondern in Mayen stattfand, sind auf den dschihadistischen Internetseiten zu finden. Auch verweisen deren Betreiber immer wieder auf DWR und ihren Wortführer: den in Bonn lebenden Said E. alias Abu Dujana.

Dass der 29-Jährige im islamistischen Milieu eine führende Rolle spielt, belegt nicht zuletzt eine Analyse, die das Landeskriminalamt im vorigen Jahr als internes Papier vorlegte. Es trägt den Titel "Auswertungsprojekt Islamistische Szene Bonn" und führt unter anderem "175 Personen als mögliche Angehörige des islamistisch-terroristischen Personenpotenzials in Bonn" auf, 114 von ihnen mit deutschem Pass, darunter die durch Drohvideos bekannt gewordenen Kessenicher Brüder Chouka alias Abu Ibraheem und Abu Adam und der in Tannenbusch aufgewachsene Bekkay Harrach.

Frauen, in der Regel zum Islam konvertierte Deutsche, finden sich auf den Listen nur wenige. Unter den Männern sind sowohl solche mit deutscher als auch mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Auf den hinteren Rängen dieser Listen stehen auch einige Vertreter des Bonner Rats der Muslime. Dort fühlt man sich zu Unrecht verdächtigt und distanziert sich von jeder Form des Extremismus.

"Wir werden doch alle überwacht", sagte ein Rats-Vertreter dem GA. Anhand verschiedener Radikalisierungsmerkmale erstellte die Polizei zwei Rankings: "mögliche Angehörige der Ausführungsebene", also aktiv handelnde Personen, "von denen ein erhebliches Gefahrenpotenzial ausgehen kann", und "mögliche Führungspersonen", Prediger, die als Ratgeber eben auch für den bewaffneten Dschihad fungieren können.

Abu Dujana gehört demnach zum harten Kern: Er gilt als "relevante Person" in beiden Rankings. Auch wird er als Prediger konkret der Al-Muhajirin-Moschee in der Theaterstraße bezeichnet, die zurzeit an der Brühler Straße eine 600-Personen-Moschee mit diversen Veranstaltungsräumen baut. Der Vorstand der Moschee bestreitet, dass Abu Dujana bei ihnen predigt. Er komme nur hin und wieder als Beter.

Das LKA-Papier spricht speziell für Bonn von einer aktiven islamistischen Szene; "Fakten, die auf konkrete terroristische Aktivitäten oder Vorbereitungen" hinweisen, gebe es bislang aber keine. Entwarnung gibt das LKA damit jedoch nicht, sondern weist vielmehr auf "die sehr begrenzten Möglichkeiten" polizeilicher Ermittlungen hin.

Soviel ist immerhin klar: "Eine Vielzahl von Personen aus dem Raum Bonn, die bislang in den bewaffneten Dschihad ausgereist sind, erfordern weiterhin eine intensive Befassung" mit dem hiesigen islamistischen Spektrum. Festgestellt haben die Ermittler weitverzweigte "Beziehungsgeflechte der möglichen Ausführer und Führungspersonen untereinander".

Zu den Hauptprotagonisten gehören nicht nur die eingangs genannten Dschihadisten. Dazu gehören auch "Personen, die Verbindung zu den Attentätern des 11. September hatten" und die nach Erkenntnissen des LKA schon 2005 nach Bonn zogen. Zuvor waren sie Besucher und Aktivisten in der Hamburger Al-Quds-Moschee (später Taiba-Moschee), die im August 2010 von der Hamburger Innenbehörde wegen verfassungsfeindlicher Umtriebe geschlossen wurde.

Einen anderen Treffpunkt von islamistisch-terroristischen Muslimen schlossen die Behörden schon 2005: das Neu-Ulmer "Multikultur-Haus". Auch von dort zogen "sechs Personen nach Bonn". Bundesweit stattfindende Islam-Seminare wie die der "Wahren Religion" gelten aus Sicht der Ermittler als Kontaktbörsen für das islamistisch-dschihadistische Milieu. Für das letztlich in Bonn abgesagte Seminar beispielsweise hatten sich auch Vertreter von islambruederschaft.com angekündigt: "Wir werden inshallah auch beim Seminar dabei sein."

Bundesweit gilt unter Salafisten - so die Bezeichnung für die strenggläubigen Muslime, die den islamischen Gottesstaat propagieren und zu denen auch die Dschihadisten zählen - Bonn als wichtiges Zentrum. Hier wohnen nicht nur einflussreiche Prediger wie Pierre Vogel und Abu Jamal. Von hier aus starten eben auch kampfeswillige Dschihadisten nach Afghanistan, Somalia und Jemen.

Als "Ansprechpartner und Ratgeber für Leute, die die aktive Teilnahme am Dschihad beabsichtigen", gilt laut dem LKA-Bericht unter anderen der 39 Jahre alte Hussein Kassim M. Der Somalier, der als Scheikh Hussein bekannt ist, tritt dem Bericht zufolge als "Imam" in der Beueler Al-Muhsinin-Moschee auf, in der das DWR-Seminar zum Jahreswechsel stattfinden sollte. Die Moschee will sich dem GA gegenüber zu Scheikh Hussein nicht äußern. In der Al-Muhajirin-Moschee war er bis April vorigen Jahres Koranlehrer.

M. gilt den Ermittlern zufolge als Kopf einer Gruppe von in Bonn lebenden Somaliern und Deutsch-Somaliern, die sich Deutsche Shabab nennen. Hussein war in Deutschland verantwortlicher Vertreter der somalischen Al-Barakaat-Bank. Es besteht der Verdacht, dass diese Spendengelder für die islamistischen Milizen Al Shabab in Somalia transferiert hat.

Die Al-Shabab-Milizen gelten laut Amnesty International als besonders grausame Dschihadisten, die Al Kaida nahestehen und am Horn von Afrika für die Errichtung eines islamischen Gottesstaates kämpfen. Auch in puncto "Deutsche Shabab" fällt wieder der Name Al-Muhajirin. Dort treffen sich viele in Bonn lebende Somalier zum Gebet, bestätigt der Moscheevorstand.

Dort soll sich laut LKA auch die Shabab-Gruppe treffen, "allerdings zur späteren Stunde, um am Gebet und um an Vorträgen bestimmter Scheikhs und Vorbeter teilzunehmen, die als radikal bezeichnet werden können". In den Vorträgen geht es den Ermittlern zufolge um den "Dschihad, den Kampf gegen die Ungläubigen und die Vorbereitung auf diesen Kampf".

Ihr Anführer Scheikh Hussein gebe als "Ziel die weltweite Errichtung des Gottesstaates auch mit Kampf-Mitteln aus". Als weitere Bonner "Führungsperson" gilt Mohammed Ben G. Er soll laut dem Bundeskriminalamt (BKA) als Ansprechpartner Islamisten entsprechende Verhaltensregeln vor der Ausreise geben.

Sein Bonner Anwalt Mutlu Günal sagte am Freitag dem GA, "für mich sind diese Behauptungen nicht nachvollziehbar. Mir ist kein Ermittlungsverfahren bekannt." Auch von Kontakten zu Eric Breininger weiß sein Anwalt nichts. Laut BKA traf sich dieser 2007 mindestens zwei Mal mit Ben G. in Bonn, "um ihn um Rat zu fragen". Breininger, deutscher Dschihadist mit Kontakten zur terroristischen Sauerland-Gruppe, soll voriges Jahr bei einem Gefecht in Pakistan ums Leben gekommen sein.

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