Gute Konjunktur bremst Klageflut in Bonn und der Region

Wenn es der Wirtschaft in der Bundesstadt und ihrer Region besser geht, spüren das auch die Richter am Bonner Arbeitsgericht. Knapp fünf Prozent weniger Klagen verzeichneten sie 2010 gegenüber dem Jahr 2009.

Gute Konjunktur bremst Klageflut in Bonn und der Region
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Bonn. Wenn es der Wirtschaft in der Bundesstadt und ihrer Region besser geht, spüren das auch die Richter am Bonner Arbeitsgericht. Knapp fünf Prozent weniger Klagen verzeichneten sie 2010 gegenüber dem Jahr 2009. Diese Bilanz zog Arbeitsgerichts-Direktor Wilfried Löhr-Steinhaus am Freitag auf einer Pressekonferenz. Demnach liegt das Bonner Gericht ganz im Trend, denn auch NRW-weit sind die Klagen zurückgegangen, sagte er. Landesweit sogar um 14,5 Prozent.

Die Hände in den Schoß legen konnten Löhr-Steinhaus und seine fünf Richterkollegen in dem Justizgebäude am Kreuzbergweg dennoch nicht: Immerhin noch 3 820 Klagen mussten sie im vorigen Jahr bearbeiten; 180 weniger als 2009. Macht etwa 63 Fälle pro Richter und Monat.

Die meisten Klagen reichten Löhr-Steinhaus zufolge Arbeitnehmer ein (98 Prozent). Bei jeder zweiten ging es um Kündigung. Weitere Gründe für die Klagen waren Streitigkeiten über die Höhe der Bezahlung, Abmahnungen oder das Zeugnis.

In beinahe 60 Prozent aller Fälle schafften es die Bonner Arbeitsrichter, die streitenden Parteien zu einem Vergleich zu bewegen. Bei Kündigungen gab es dann nicht selten eine Abfindung für den Kläger. Sozusagen als "Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes", wie die Experten sagen. Meistens bewegen sich die Zahlungen im überschaubaren Rahmen und reichen von einigen hundert Euro bis mehreren Tausend. Nur in wenigen Ausnahmen zahlten Arbeitgeber sechsstellige Summen.

Als "Bonner Besonderheit" nannte Löhr-Steinhaus die im Vergleich zu anderen Städten hohe Zahl der "sehr aufwendigen" Beschlussverfahren bei betriebsverfassungsrechtlichen Auseinandersetzungen. Das liege daran, weil Bonn Standort mehrerer Großkonzerne sei, erklärte er.

Kaum Änderungen verzeichnet der Arbeitsgerichtsdirektor bei der Verfahrensdauer: Das Gros sei nach drei Monaten abgeschlossen. Häufige Gäste im Arbeitsgericht sind Schüler von Berufsschulen oder Betriebsräte, die das eine oder andere Mal kuriose Fälle miterleben konnten.

So wurde ein Handwerker fristlos entlassen, weil er in der Pause ungefragt das Fahrrad eines Kunden für eine Spazierfahrt genutzt hatte. Die Krankenschwester eines Bonner Krankenhauses verlor nach vielen Jahren ihren Job, weil sie das Mittagessen eines Patienten verzehrt hatte, der am Morgen entlassen worden war.

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