Alltag in der Corona-Krise Medinghovenerin arbeitet als Touristenführerin in Nordirland

Medinghoven · Alexandra Bellinghausen ist in Medinghoven aufgewachsen und nach Nordirland ausgewandert. Der geplante Heimatbesuch in Bonn ist wegen der Corona-Krise gestrichen. Sorge bereitet ihr zudem das britische Gesundheitssystem.

 Alexandra Bellinghausen liebt ihre Arbeit als freiberufliche Touristenführerin in Nordirland. Wegen der Corona-Krise ist sie nahezu arbeitslos.

Alexandra Bellinghausen liebt ihre Arbeit als freiberufliche Touristenführerin in Nordirland. Wegen der Corona-Krise ist sie nahezu arbeitslos.

Foto: Brigitte Geiselhart

Die Osterferien zu Hause in Medinghoven zu verbringen, die Mutter, Geschwister und Freunde zu treffen, ein Spaziergang am Rhein – das war Alexandra Bellinghausens Plan. So wie immer. Alles war vorbereitet. Doch daraus wurde nichts. Die Corona-Krise ist auch in ihrer Wahlheimat Nordirland längst angekommen – und hat nicht nur Reisepläne zunichte gemacht.

Sie habe schon den Eindruck, dass die Leute hinter den von der Politik verordneten Einschränkungen stehen, berichtet Bellinghausen im Telefongespräch. Aber in der Bevölkerung herrsche große Angst. Und die Folge, dass Flüssigseife, Fieberthermometer, Babynahrung, Windeln und – wie sollte es anders sein – Klopapier zeitweise knapp werden, sei auch in ihrem Wohnort Newry festzustellen.

Besorgt ist Bellinghausen aber vor allem wegen des britischen Gesundheitssystems und wegen der Ungewissheit, im Ernstfall gut versorgt zu werden. „Die Notfallambulanz in Newry wurde mittlerweile geschlossen. Das nächste Krankenhaus ist 50 Kilometer entfernt und Arztgespräche finden derzeit nur übers Telefon statt“, berichtet sie. Engpässe gäbe es auch bei der notwendigen Schutzkleidung fürs Pflegepersonal, das sich zeitweise sogar mit Müllsäcken oder konventionellen Malermasken aushelfen müsse.

„Alles ist sehr merkwürdig. Manchmal kommt man sich vor wie im falschen Film“, sagt die 51-Jährige. Mut mache aber die große Solidarität besonders in der Nachbarschaft. „Man hilft sich, wo man kann, kauft füreinander ein. Vor ein paar Tagen haben wir in unserer Straße sogar gefeiert. Jede Familie saß in ihrem Garten und man hat über den Zaun hinweg miteinander geredet.“

Der Liebe wegen ist Alexandra Bellinghausen in den 1990ern auf die grüne Insel gezogen, lebt dort glücklich mit Mann und zwei Söhnen. Aufgewachsen ist sie in Medinghoven. Nach dem Abitur am Hardtberg-Gymnasium absolvierte sie eine Ausbildung zur Buchhändlerin. In Nordirland arbeitet sie als selbstständige Touristenführerin. Bellinghausen ist zertifizierte „Blue Badge Guide“. Sie begleitet beispielsweise Kreuzfahrtgäste aus Dublin oder Belfast auf Tagesausflügen. Normalerweise. „Beruflich geht’s mir derzeit sehr schlecht“, räumt die Bonnerin unumwunden ein. „Das Tourismusgeschäft ist komplett auf Null heruntergefahren – für mich als Freiberuflerin bedeutet das einen finanziellen Totalausfall.“

Über Internet oder Telefon mit Freunden und Bekannten noch mehr zu kommunizieren als sonst – das tut Alexandra Bellinghausen gut. „Und mit meiner Mutti telefoniere ich sowieso fast täglich“, sagt sie. „Ich bin sehr froh, dass sie durch meinen Bruder vor Ort gut unterstützt wird.“

Was die Zukunft wohl bringen wird? Darüber macht sich Alexandra Bellinghausen in diesen schweren Zeiten viele Gedanken. Ein Besuch in der Heimat steht ganz oben auf ihrer Liste. „Wenn ich nach Bonn komme, ist es immer, als wäre ich nicht weg gewesen“, sagt sie – und hofft, dass ihr Wunsch bald in Erfüllung geht.

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