Vergessene Quelle in Bonn Als die Kurfürstenquelle in Duisdorf noch Wasser lieferte

Duisdorf. · Die frühere Kurfürstenquelle in Duisdorf lieferte einst Wasser bis in die Bonner Innenstadt. Jetzt fehlt es dem Wasserlauf an Aufmerksamkeit. Früher wurden die Duisdorfer sogar wegen der Quelle vom Kurfürsten von Marktgebühren befreit.

 Eher unscheinbar duckt sich der Ziegelbau der einstigen Kurfürstenquelle in das Gelände des Duisdorfer Oberdorfs.

Eher unscheinbar duckt sich der Ziegelbau der einstigen Kurfürstenquelle in das Gelände des Duisdorfer Oberdorfs.

Foto: Stefan Hermes

Man müsse nur die körperliche Beschaffenheit der in der Nähe wohnenden Menschen zur Beurteilung der Wasserqualität einer Quelle betrachten, war die Empfehlung des römischen Architekten Vitruv, der seine Erkenntnisse bereits im dritten Jahrzehnt vor Christi Geburt veröffentlicht hatte.

„Sind sie gesund und kräftig, nicht fußkrank, haben sie eine gute Gesichtsfarbe und keine Triefaugen, dann ist das Wasser bekömmlich“, schrieb er. Betrachtet man auf diese Weise die meisten der heutigen Anwohner rund um die das Brunnenhaus an der Straße „An der Kurfürstenquelle“ im Duisdorfer Oberdorf, könnte man annehmen, dass das dortige Wasser ein wahrer Lebensquell ist. Doch heute sind wir allzu weit von solcher Art empirischer Betrachtung entfernt. Heute dürften die Duisdorfer vor allem deswegen so gesund aussehen, weil heute keiner mehr das Wasser aus dem Kurfürstenbrunnen trinkt. Das Trinkwasser, das heute für die Duisdorfer aus den häuslichen Wasserhähnen fließt, ist nicht nur trinkbar, sondern gehört – wie überall – zu den am besten überwachten Lebensmitteln überhaupt.

„Tut mir leid“, sagt ein Anwohner, der seinen Hund an der Kurfürstenquelle ausführt, „ich kann gar nichts zum Hintergrund der Quelle sagen.“ Für viele Anlieger ist die einst so bedeutende Quelle keine Besonderheit mehr. Allzu unscheinbar duckt sich der Ziegelbau, in dem mehrere Quellen zusammenfließen, vor den ihn umgebenden Neubauten. Maria Schneider aus der Brunnengasse hat sich nicht nur ein wenig mit der Historie des Brunnens beschäftigt, sondern sieht auch kritisch auf den heutigen Zustand. „Aus meiner Sicht könnte sich die Stadt etwas mehr um die Pflege kümmern“, sagt sie. Alle drei Tage schrubbt sie zurzeit das gegenüber dem Brunnenhaus liegende Quellbecken.

Im Internet kann man Baumpatenschaften abschließen

„Da bildet sich bei den sommerlichen Temperaturen schnell ein glitschiger Algenbelag“, hat sie beobachtet und tut etwas dagegen. Nicht nur ihre kleine Enkelin Kate könnte auf dem bei Kindern wie Erwachsenen beliebten Spiel- und Erfrischungsort ausrutschen. Gerne würde sie eine Pflegepatenschaft für den Brunnen übernehmen. Doch das scheint nicht so einfach. Die mehrfachen Versuche, mit der Stadt Kontakt aufzunehmen, liefen ins Leere. Doch Schneider bleibt zuversichtlich. „Bald kommt die Sachbearbeiterin aus dem Urlaub zurück“, sagt sie und hofft darauf, dass dann ihr Pflegewunsch und -angebot in Erfüllung geht. „Kompliziert wird es erst“, vermutet sie, wenn sie das für den Brunnen zuständige Tiefbauamt bittet, das Quellwasser für den dort wachsenden Baum nutzen zu dürfen. Denn für den Baum sei wiederum das Grünflächenamt zuständig, weiß sie inzwischen. Bonner können sich über die städtische Webseite www.bonn.de für eine Grünflächen- oder Baumpatenschaft bewerben.

Bei einem Ortstermin mit dem Bonner Universitätssprecher Andreas Archut war zu erfahren, dass das ehemals so gute Wasser der Kurfürstenquelle inzwischen als bakteriologisch verunreinigt gilt (der GA berichtete). Die Wasserqualität hat in den letzten Jahrzehnten durch den Bauboom deutlich abgenommen. Noch bis zum Ende des 20. Jahrhunderts, als die Menschen ihr Trink längst aus anderen Leitungen bezogen, wurden die Pflanzen der Botanischen Gärten noch mit Hilfe der Kurfürstenquelle bewässert, die der Bonner Universität bei ihrer Gründung 1818 zusammen mit den beiden Clemens-August-Schlössern vermacht wurde. Inzwischen sind die Rohre zum Botanischen Garten durchgerostet und die Leitungen liegen brach. Eine Wiederherstellung lohne sich nicht, so Archut.

Auch wenn die Wasserqualität nicht geschützt werden konnte, ist zumindest das 1777 durch Kurfürst Max Friedrich von Königsegg erbaute Brunnenhaus über der Duisdorfer Quelle unter Denkmalschutz gestellt und könnte damit auch als ein Zeichen dafür verstanden werden, mit den natürlichen Ressourcen sorgsam umzugehen. Was dem Denkmalschutz jedoch insbesondere gefallen haben dürfte, ist das über dem Eingang des ansonsten so schmucklosen Ziegelbaus noch gut erkennbare, kunstvoll gemeißelte kurfürstliche Wappen.

Wasser lief bis in den alten Festungsgraben

Auf einem „Situationsplan der Wasserleitung der Stadt Bonn“ von 1825 ist der damalige Verlauf des Wassers von Duisdorf bis in die Innenstadt verzeichnet: Von der Quelle aus führte die Leitung unter dem Schieffelingsweg erst einmal bis nach Endenich. Dort stand an der Euskirchener Straße in früheren Zeiten das „Stüffge“, eine eiserne Pumpe, an der sich jeder von dem guten Wasser bedienen konnte. Von dort führte die Leitung weiter durch die Endenicher Allee, an deren Ende sie mittels Aquädukt über den Festungsgraben in die Stadt geleitet wurde. „Das war in der Münsterstraße, wie auf einer Lithografie im Stadtarchiv zu sehen ist“, recherchierte Heimatforscher Matthias Steimel für seine Duisdorfer Chronik (1989).

Als Lohn für das Wasser waren die Duisdorfer vom Kurfürsten von den Marktgebühren befreit, die beim Verkauf ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf dem Bonner Markt angefallen wären. Dafür mussten sie sich verpflichten, den Brunnen in Ordnung zu halten. Maria Schneider würde diese Aufgabe gerne übernehmen.

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