Wissenschafltiche Vorträge in Bonner Pub Astronomie vom Fass

Endenich · Pub statt Hörsaal: In Bonn-Endenich treffen sich Studierende und junge Wissenschaftler in einem Irish Pub, um wissenschaftliche Themen unterhaltsam zu beleuchten. Manche machen das mit vollem Körpereinsatz.

 David Ohse wählt mit einem Zwiegespräch mit sich selbst eine ungewöhnliche Art, ein trockenes Thema lebendig herüberzubringen.

David Ohse wählt mit einem Zwiegespräch mit sich selbst eine ungewöhnliche Art, ein trockenes Thema lebendig herüberzubringen.

Foto: Sabine Robels

David Ohse springt auf den Tisch, bewegt sich hockend von links nach rechts und spricht mit sich selbst. Ganz wie Gollum beziehungsweise Smergold – die Figur mit der Persönlichkeitsstörung aus der „Herr der Ringe“-Saga. An beiden Enden des Tisches sind Mikrofone aufgebaut. In ein Mikro spricht Ohse als Smergold, ins andere als dessen Alter Ego Gollum. Es geht um den „Schaaatz“. Dieser Schatz ist im Fall des Astrophysikers nicht ein Ring wie in der Geschichte von J. R. R. Tolkien sondern Daten.

Wer dem Vortrag in der oberen Etage des Fiddler Pubs folgen wollte, musste mit den Namen Gollum, aber auch mit Yoda und Obi Wan aus dem „Star Wars“-Filmen etwas anfangen können. Auch sollte er an Forschung und Wissenschaft interessiert sein, denn Ohses Vortrag „Forschungsdatenmanagement in einer weit, weit entfernten Galaxie“ war zwar sehr anschaulich dargestellt, aber er setzte dennoch ein gutes Grundwissen rund um den Daten-„Schatz“ voraus. Doch die meisten Freunde des Weltalls sind wohl mit „Star Wars“ und „Herr der Ringe“ aufgewachsen.

Und diese Freunde sind ein Kern von rund zehn Studenten und sogenannten Postdocs, also junge Wissenschaftler, die gerade ihre Doktorwürde erhalten haben, aber auch noch nicht so richtig im Job angekommen sind. Allen gemeinsam ist die Liebe zur Astrophysik. Sie treffen sich jeden letzten Dienstag im Monat um 19 Uhr im Fiddler‘s Pub in der Endenicher Frongasse.

Sie freuen sich über jeden Gast, der ihr Hobby und Leidenschaft teilt. Und es geht nicht immer um komplizierte Themen. Das zeigte das Bingo-Spiel im Anschluss an den Gollum-Vortrag. Beim Astro-Bingo wurden keine Kugeln gedreht, sondern Fragen gestellt. Antworten standen auf dem Bingo-Blatt. Es galt Fragen zu beantworten wie: Wer war der erste Mann auf dem Mond?. Oder: Wie hieß der erste Satellit im All? Und es gab viel zu gewinnen. Bücher, Spiele und Poster hatte Postdoktorandin Sandra Unruh dabei.

Sterne, schwarze Löcher und Co.

Meist geht es in den Vorträgen, die mal auf Deutsch mal auf Englisch gehalten werden, um Sterne, schwarze Löcher und um sonst alles, was das Weltall so zu bieten hat. Fragen sind willkommen. Durch den Abend führte Lucas Porth, seine Ausführungen wurden von Maude Charmetant auf Englisch wiederholt. Spätestens beim Astro-Bingo gab es keinen freien Stuhl mehr im Obergeschoss der Gaststätte. Wer zu spät kam, setzte sich irgendwo dazu. „Wir machen das vor allem aus Spaß“, sagt Porth. Und die kleine Gruppe möchte andere Menschen für das Weltall, die Astronomie und die Astro-Physik begeistern.

Was die Job-Aussichten für Physiker betrifft, macht sich hier keiner Sorgen. Gute Jobs für gutes Geld gibt es genug. Die meisten beginnen jedoch ihr Studium mit dem Ziel, in der Forschung zu landen, so wie auch Josephine Benna. Sie hat gerade ihre Bachelor-Arbeit abgegeben und möchte sich eine kurze Auszeit gönnen, um sich ihrem Hobby, dem Reiten, zu widmen. „Sozusagen eine Ponypause“, erklärt sie. Dann soll ein Abschluss in Astro-Physik folgen. Sie würde später gerne in der Forschung arbeiten und sich mit Sternen und deren Entstehung beschäftigen. Aber wer weiß, vielleicht kommt auch alles ganz anders. So ganz sicher ist sie sich noch nicht.

Diese Entspanntheit, wenn es um spätere Jobs geht, können sich Physiker, Mathematiker und Ingenieure leisten. Geforscht und entwickelt wird unter anderem gleich an mehreren Standorten beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), bei privaten Unternehmen oder auch bei der Europäischen Weltraumorganisation Esa. Letztere hat ihren Sitz in Paris, aber auch viele Außenstellen, so in Köln-Lind auf dem Gelände des DLR. Und weil die Studenten ohnehin alle mehr oder weniger fließend Englisch sprechen, steht ihnen der Wechsel ins Ausland offen.

Das gilt übrigens auch längst für Frauen. So empfindet sich Josephine Benna absolut gleichberechtigt an der Universität und in Jobs. „Umso älter die Generationen sind, umso geringer ist der Frauenanteil“, sagt sie. Aber in ihrer Generationen seien Physik studierende Frauen ganz normal.

Idee der Veranstaltung stammt aus den USA

Übrigens hat sich in der Nähe von Hamburg ganz frisch die „Stiftung erste deutsche Astronautin gemeinnützige GmbH“ gegründet. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, die erste deutsche Astronautin ins Weltall zu bringen (siehe Infokasten „Stiftung“).

Aber zurück zu den jungen Astronomen in Bonn. Die Idee der wissen-vermittelnden Vorträge in gemütlicher Lokalität stammt ursprünglich aus New York. Unter dem Titel „Astronomy Uncorked“ („Astronomie entkorkt“) veranstalteten Meg Schwamb und Emily Rice die ersten Vorträge Anfang der 2010er Jahre. Schnell wurden diese Abende immer populärer unter den jungen Studenten und Absolventen, die den humorvollen wissenschaftlichen Ausführungen, bei dem ein oder anderen Glas Wein, besser folgen konnten als in den sterilen Hörsälen ihrer Unis.

Über das Internet verbreiteten sich die Vorträge unter dem Namen „Astronomy on Tap“ (Astronomie vom Fass) weltweit und überall gründeten sich Ableger, so auch in Bonn.

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