Holzauktion im Kottenforst Auf der Jagd nach den besten Eichen

Röttgen · Es ist auch die Suche nach den besten Eichen: In Röttgen haben 31 private, staatliche und kommunale Forstbetriebe 534 Kubikmeter Wertholz angeboten. Daraus könnten zum Beispiel einmal wertvolle Designermöbel in Italien oder eine Wandverkleidung in einem Luxushotel in Singapur werden.

 Yannic Fischer lässt sich bei seinen Geboten nicht in die Karten gucken.

Yannic Fischer lässt sich bei seinen Geboten nicht in die Karten gucken.

Foto: Stefan Hermes

„Das Wetter ist super gut für uns“, sagt Holzkäufer Yannic Fischer (30) und wendet sich bei Regen und eisiger Kälte einem knapp zehn Meter langen Eichenstamm zu, den er zusammen mit seinem Kollegen Jean Fertig (27) begutachtet. Das nasse Wetter erspart den beiden Holzfachleuten das Ansprühen der Schnittflächen, um Farbe und Aufbau des Holzes sichtbar werden zu lassen. „Die Nässe imitiert den späteren Lack und befeuert die Maserung“, sagt Fischer, der auf der Suche nach den geeigneten Hölzern für die Furnierherstellung ist. Er bereist ganz Deutschland und die angrenzenden EU-Länder auf der Jagd nach den „allerbesten“ Eichen. „Das Angebot ist relativ gering, um in unserer geforderten Qualität die entsprechenden Mengen zu bekommen“, sagt Fischer dazu.

Rund zweieinhalb Stunden haben die beiden Holzkäufer im Auto gesessen, um von Lohr im Spessart bis zum Wertholzlagerplatz an der Autobahn 565 in Röttgen zu kommen. Die dort in geordnetem Nebeneinander abgelegten Bäume sind im Verlauf der winterlichen Waldpflege und unter Aspekten von Qualität und Nachhaltigkeit in den rheinischen Forstämtern und Forstbetrieben gefällt und zu diesem zentralen Platz im Kottenforst transportiert worden. Es handelt sich dabei ausnahmslos um besondere Stämme, die bei den Wertholzterminen für die Möbel- und Furnierindustrie zum Angebot kommen. Manchmal sei auch ein einzelner Schreinerbetrieb dabei, der sich einen Stamm kaufe, führt Fischer diesbezüglich aus.

 Zuvor messen Yannic Fischer (l.) und Jean Fertig während der Suche nach dem besten Stamm zur Furnierherstellung auch den Durchmesser.

Zuvor messen Yannic Fischer (l.) und Jean Fertig während der Suche nach dem besten Stamm zur Furnierherstellung auch den Durchmesser.

Foto: Stefan Hermes

Stämme sollen möglichst gerade sein

Am Ende eines Arbeitstages werden die beiden Holzfachleute einige Hundert Meter der wertvollen Holzstämme untersucht haben. „Möglichst gerade sollten die Stämme sein, rund, keine Hohlkehlen, keine Fehler“, sagt Fischer und nennt damit die groben Kriterien seiner Begutachtung. Etwas diffiziler wird die Einschätzung der Hölzer mit seiner Erfahrung, wie ein in die nähere Auswahl gekommener Stamm im Furnier aussehen könnte. Ob sich eher einfache Friese-Muster ergeben, bei denen die Maserung geradlinig verläuft, oder ob es zu blumigen Holzbildern kommen wird. „Doch die Eiche“, sagt er, „ist ein sehr ehrliches Holz.“ Man sehe bereits von außen mögliche Fehler und könne dabei meist auch einschätzen, wie weit sie in das Holz hineingehen.

Seit zehn Jahren ist der gelernte Holzmechaniker für das bayerische Säge- und Furnierwerk Mehling und Wiesmann unterwegs. Der studierte Holzfachwirt Fertig begleitet ihn dabei, um sich in der Kunst der richtigen Einschätzung von Qualität und Preis sowie den Unternehmenszielen beim Holzeinkauf einarbeiten zu lassen. Fischer ist nicht nur versucht, die besten Hölzer in dem Angebot zu finden, sondern sie auch vor der Konkurrenz als Meistbietender zu ersteigern. Wie von Forstämtern in ganz Deutschland wird auch vom Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft der jährliche Holzverkauf der wertvollsten Baumstämme durch eine sogenannte Wertholzsubmission – einer Holzversteigerung gegen schriftliches Höchstgebot – durchgeführt. Wo vor Corona-Zeiten noch, „zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten“ bei einer Zusammenkunft in der Waldau gerufen wurde, müssen die Holzeinkäufer nun während der Pandemie ihr verdecktes Gebot bei der Forstverwaltung abgeben.

Münzwurf bei selben geboten

So stehen Fischer und Fertig nun mit einem mehr als 30 Seiten umfassenden Katalog der Forstverwaltung vor den Stämmen und blättern in den Listen, die der jeweilig aufgesprühten Stammnummer die Anzahl vorhandener Festmeter sowie deren Besitzer zuordnen. Dort tragen die Holzeinkäufer ein, was ihnen der Ankauf der gewählten Stämme wert ist. Ihr Submissionsgebot landet dann in einem verschlossenen Umschlag und wird erst im Beisein einer angemeldeten Öffentlichkeit von der Forstverwaltung geöffnet. Bei gleichem Gebot für einen Stamm entscheidet das Werfen einer Münze. Ein Roulettespiel? „Nein“, sagt Fischer, er könne zwar Gebote über Wert abgeben und damit jeden gewünschten Stamm nach Hause bringen, aber mit dieser Taktik wäre er wohl nicht schon so lange für seinen Arbeitgeber unterwegs. Natürlich sei klar, dass er nicht jeden Stamm bekomme, auf den er biete, aber mit seiner Trefferquote ist Fischer bisher zufrieden.

Seit Anfang Januar können Kaufinteressenten die wertvollen Stämme auf dem Lagerplatz in Augenschein nehmen und ihre Gebote einreichen. Im vergangenen Jahr wurde an gleicher Stelle Holz im Wert von 263 000 Euro verkauft. Die dort hauptsächlich zur Versteigerung gekommenen Eichenhölzer erzielten dabei einen Durchschnittspreis von 611 Euro je Kubikmeter. Die 2020er-„Braut“, wie der wertvollste Stamm der Submission genannt wird, war im vergangenen Jahr eine mächtige Eiche aus dem Rheinbacher Stadtwald, die bei einer Länge von annähernd zwölf Metern für rund 6000 Euro ersteigert wurde. „Um an die auf dem Wertholzplatz angebotenen Bäume zu kommen“, erklärt Fischer, müsse oft ein unglaublich zeit- und kostenintensiver Aufwand getrieben werden. „Wenn die Maschinen in einem Waldgebiet im Einsatz sind, wo viel Nadel- oder Schadholz ausgezeichnet ist, kann dort wirtschaftlich gearbeitet werden.“ Anders sei es bei den einzeln zu entnehmenden Stämmen, für die Waldarbeiter und Forstmaschinen erst einmal anreisen müssten und die dann noch einzeln aus dem Wald zu einem Wertholzplatz transportiert werden müssen.

Bei der diesjährigen Submission haben insgesamt 31 private, staatliche und kommunale Forstbetriebe zusammen 534 Kubikmeter Wertholz angeboten. „In den beiden Vorjahren waren es mit 866 und 621 Kubikmeter zwar deutlich mehr, doch vor dem Hintergrund der großen Schäden durch Trockenheit und Borkenkäfer in den Wäldern haben die Forstbetriebe den Einschlag von Laubholz zurückgenommen“, lässt Stephan Schütte vom Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft wissen. Der Schwerpunkt der Holzarten liege in diesem Jahr mit 75 Prozent oder 400 Kubikmetern eindeutig beim Eichenholz.

Dass seit vielen Jahren sehr gute Marktbedingungen für Eichenholz bestehen, bestätigt auch Holzeinkäufer Fischer. Für die Möbelbranche liege die Baumart Eiche unverändert im Trend. Doch auch die rund 14 Kubikmeter Nadelholz sowie weitere 120 Kubikmeter Buntstammholz, zu denen Baumarten mit hellem, rötlichem oder dunklem Holz wie Esche, Kirsche und Ahorn gezählt werden, sind für den Furnierhersteller interessant. Schütte erwähnt zudem noch Raritäten wie Walnussbaum, Esskastanie, Thuja und Linde, die in diesem Jahr auf dem Wertholzplatz zu finden sind. Von dem Holzeinkäufer aus dem Spessart wird erwartet, dass er abschätzen kann, wohin sich der Trend für die Möbelindustrie entwickelt. Er muss einschätzen können, was von der Kundschaft in drei Jahren verlangt wird.

So lange wird es schließlich dauern, bis aus einem Stamm vom Lagerplatz in Röttgen später beispielsweise eine Wandverkleidung werden könnte, wie sie etwa den Empfang eines Luxushotels in Singapur ziert oder dessen Furniere zur Herstellung wertvoller Designermöbel in Italien oder auch in Südkorea zur Anwendung kommen.

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