Modellprojekt Bewegung ist keine Frage des Alters
Duisdorf · Mit einem Modellprojekt vom Landessportbund sorgt der Turn- und KRaftsportverein Duisdorf für Bewegung im Wilhelmine-Lübke-Haus.
Freudig begrüßt Audrey Arab mit Josef Wanninger (91) den zweiten Herrn im Kreis von sieben Damen, die sich zum wöchentlichen Kurs „Fit ins hohe Alter“ im Mehrzweckraum des Wilhelmine-Lübke-Hauses eingefunden haben. „Ich freue mich immer sehr über den seltenen männlichen Zuwachs“, sagt die Übungsleiterin des Duisdorfer Turn- und Kraftsportvereins (TKSV), die seit Juni des vergangenen Jahres in dem städtischen Seniorenheim das Sportangebot für die 128 Bewohner bereichert. Zustande kam die Zusammenarbeit zwischen TKSV und dem Altenheim über das Modellprojekt „Bewegende Alteneinrichtungen und Pflegedienste 2.0“ (BAP 2.0) des Landessportbundes, der seit 2019 die Bewegungsangebote für ältere und pflegebedürftige Menschen in aktiven Kooperationen zwischen Sportvereinen, Alteneinrichtungen oder Pflegediensten mit einem Förderbeitrag von 1000 Euro unterstützt.
Zusammenarbeit mit dem TKSV soll fortgesetzt werden
„Der TKSV ist da sehr engagiert herangegangen“, sagt Marcus Klemm. Man habe das Projekt trotz aller Widrigkeiten, die die Corona-Pandemie mit sich bringe, unter Beachtung aller aktuellen Hygienevorschriften durchziehen können, betont der Leiter des Wilhelmine-Lübke-Hauses. Damit dankt er insbesondere Tanja Schmitz, der Leiterin der Sozialdienste des Hauses sowie ihrer Stellvertreterin Mariola Schmitz, externe Angebote in das Haus geholt zu haben. „Da das so gut funktioniert“, so Klemm, habe man auch beschlossen, die Zusammenarbeit mit dem TKSV über den Förderzeitraum hinaus fortzusetzen. Zudem hoffe er, in einer coronafreien Zukunft das Angebot auch für Seniorinnen und Senioren des Quartiers öffnen zu können.
Susanne Mockenhaupt vom Vorstand des TKSV betont, wie wichtig es ihrem Verein ist, Bewegung in den Alltag von älteren Menschen zu bringen. Die Kooperation mit dem Wilhelmine-Lübke-Haus sei eine hervorragende Ergänzung im Gesundheitssportbereich des TKSV, der darüber hinaus auch ein breites Kursangebot für über 55-Jährige anbiete. So verweist der Landessportbund (LSB) angesichts des BAP-Projektes nicht nur auf den Nutzen für Senioren. Auch Sportvereine und Betreuungseinrichtungen könnten davon profitieren. „Sportvereine erreichen neue Zielgruppen und können Übungsleiter fortbilden. Alteneinrichtungen und Pflegedienste können das Wohlbefinden von Senioren steigern, ebenfalls ihr Personal zusätzlich qualifizieren und auf Übungsleiter mit dem spezifischen Know-how zugreifen“, heißt es in einem LSB-Projektbericht.
Abwechslung für Seniorinnen und Senioren
Dass sich mit „Fit ins hohe Alter“ das Wohlbefinden der Teilnehmenden steigern lässt, bestätigt auch eine kurze Befragung der Seniorinnen und Senioren. So gesteht sich Brigitte Wahl (82) ein, mal eine Zeit lang „ziemlich faul“ gewesen zu sein: „Das Programm hat mich motiviert, wieder etwas mehr Bewegung in meinen Alltag zu bringen“, sagt sie. Helmut Bolz (83) weiß vor allem die Abwechslung zu schätzen, die er durch die Teilnahme an dem Bewegungsangebot erhält. „Das bringt gute Laune“, stellt er fest. 30 Jahre lang hat die 95-jährige Eva Vollberg im Augustinum an der Wassergymnastik teilgenommen, was ihr heute nicht mehr möglich ist. „Aber ich brauche die Bewegung“, sagt sie und weiß somit ebenfalls das Angebot im Wilhelmine-Lübke-Haus sehr zu schätzen.
Übungsleiterin Arab gelingt es, die im Stuhlkreis um sie sitzenden Bewegungswilligen mit leichten Übungen zu motivieren und ihnen somit ein unmittelbares Erfolgserlebnis zu vermitteln. „Alles Profis hier“, ruft sie gut gelaunt in die Runde. Mit gezielten Übungen aktiviert und lockert sie Muskelverspannungen und macht auf typisches Fehlverhalten im Sitzen oder Gehen aufmerksam. „Spüren Sie, wie sich ihr Rücken aufrichtet?“, fragt sie nach der Aufforderung, die Füße fest auf den Boden zu stellen. Dankbare Blicke treffen sie auf ihre Anleitungen. Ja, man spüre, wie alles leichter werde. Atemübungen lockern vom Nacken über die Brustwirbelsäule bis in das Becken. Fingerspiele, die beiden Händen unterschiedliche Aufgaben zukommen lassen, fördern nicht nur die Feinmotorik sondern werden für manche Teilnehmer auch zu einer erkennbar mentalen Herausforderung. „Man wird gelöster und lernt immer wieder etwas dazu“, sagt Gerda Marx (97), die als ehemalige Wanderführerin im Eifelverein immer noch täglich eine Stunde spazieren geht. Zudem setzt sie das Erlernte aus dem Stuhlkreis auf ihrem Zimmer fort. „Im Alter die Feinmotorik zu üben ist äußerst wesentlich“, bestätigt auch der neu in die Gruppe hinzugekommene Josef Wanninger. Er wird nun wohl auch an den kommenden Dienstagen dabei sein.