Serie „Alles außer Politik“ Bezirksverordnete Anja Poprawka lüftet das Geheimnis einer Tasse
Hardtberg · In der Serie „Alles außer Politik“ spricht der GA mit Hardtbeger Bezirksverordneten über Themen ihrer Wahl. Nur eins geht nicht: Politik. In Folge 2 lüftet Anja Poprawka (CDU) das Geheimnis um eine Tasse und berichtet, was den Reiz von Miniaturmuseen ausmacht.
Sie beschäftigten sich an der Uni mit ganz besonderen Museen. Erzählen Sie doch mal.
Anja Poprawka: Ich habe Miniaturmuseen kennengelernt, als ich ein Praktikum in Brüssel gemacht habe. Dort gibt es das Mini-Europe, in dem europäische Monumente im Maßstab 1:25 zu sehen sind. Das Museum wurde dort in so ziemlich jeder Broschüre für Touristen beworben. Ich habe mich gefragt: Wer geht denn bitte dahin? Das Konzept ist mir überhaupt nicht aufgegangen. Ich habe mich wirklich gar nicht angesprochen gefühlt. Das hat auch ein Besuch im Museum nicht geändert. Für meine Masterarbeit wollte ich dann wissen, warum Leute dahingehen.
Und, was ist der Grund?
Poprawka: Viele Besucher sind davon fasziniert, dass jemand so viel so klein bauen kann – dieses enorme handwerkliche Können. Es gibt auch eine Begeisterung für die technischen Aspekte: Modelleisenbahnfans etwa kommen, weil es in manchen Museen bestimmte Loks gibt, oder weil sie sich anschauen wollen, wie die Gleise verlegt sind. Viele Leute entdecken auch einfach gerne etwas, das sie aus der echten Welt kennen.
Besonders beliebt ist das Miniatur Wunderland in Hamburg. Was ist so besonders daran?
Poprawka: Dort kann man gefühlt die ganze Welt innerhalb von ein paar Minuten besuchen. Es ist auf einem ganz anderen Level als die übrigen Miniaturmuseen. Es sind mittlerweile aus allen Ländern der Welt Besucher dagewesen, das Museum hat in allen Ländern Fanclubs. Es ist Wahnsinn.
Was hat Ihnen im Miniatur Wunderland am besten gefallen?
Poprawka: Die Schweiz. Die Matterhorn-Installation, die es dort gibt, geht über zwei Etagen. Das ist wirklich sehr beeindruckend – sowohl, wenn man unten steht, als auch, wenn man von oben runterguckt.
Es ist sogar möglich, sich mit Google-Streetview durch die Welten zu bewegen. Sind Sie so mal durch das Miniatur Wunderland gefahren?
Poprawka: Bin ich, wirklich beeindruckend. Das Museum wirbt auch damit, dass die 360-Grad-Ansichten noch mal ganz neue Perspektiven schaffen. Ich glaube, das ist auch ein ganz wichtiger Punkt bei Miniaturwelten: Dass man immer wieder auf neue Perspektiven stößt. Man entdeckt immer wieder etwas, das plötzlich anders ist.
Hat sich Ihre Meinung zu den Museen mittlerweile geändert?
Poprawka: Ich bin immer noch nicht schwer begeistert, aber ein Stück weit kann ich die Faszination nachvollziehen.
Themawechsel: Wie viel Tee haben Sie heute schon getrunken?
Poprawka: Eine halbe Kanne.
Was ist Ihr Lieblingstee?
Poprawka: Jasmintee – und Pfefferminz.
Sie trinken nicht nur gerne Tee, sondern beschäftigen sich auch wissenschaftlich damit. Worum geht es da?
Poprawka: Bei dem Projekt, an dem ich arbeite, geht es um die Herkunft einer Teetasse. Mit meinen Kommilitonen versuche ich zu klären, woher sie stammt. Dabei habe ich mich auch mit Teekulturen beschäftigt. Aber immer nur so weit, bis ich einschätzen konnte, ob sie etwas mit der Tasse zu tun haben.
Wie sind sie denn überhaupt auf diese Tasse gestoßen?
Poprawka: Meine Dozenten an der Uni bauen gerade eine Kooperation mit dem Missionsmuseum in Wuppertal auf. Der Leiter des Museums hat ihnen von einer Tasse berichtet, über die noch ziemlich wenig bekannt ist. Eine Gruppe aus meinem Seminar fand das spannend. Wir wollten schauen, was wir über ihren Ursprung herausfinden können und wie sie nach Deutschland gekommen ist.
Wer hat denn überhaupt zuerst Tee aus einer Tasse getrunken?
Poprawka: Die ersten Nachweise für Tassen habe ich im 13. Jahrhundert gefunden. Die Tasse hat wirklich eine jahrhundertelange Geschichte. Die ersten Objekte, die man als Tassen bezeichnen kann, gab es in China und Japan; in Europa erst ab dem frühen Mittelalter. Und auch dann wurden die europäischen Teekulturen maßgeblich aus dem asiatischen Raum geprägt.
Und was wissen Sie schon über die Tasse aus dem Missionsmuseum?
Poprawka: Ein Missionar hat sie aus Südafrika mitgebracht. Er hieß Fritz Sundermeier und war für ein paar Wochen in West- und Südafrika. Darüber hat er Tagebuch geführt. Die Tasse hat er von einem Imam geschenkt bekommen, zumindest glaubte er das. Es gibt allerdings keinen Nachweis, ob Hadschi Khan Gool, so hieß der Mann, tatsächlich Imam war. Wahrscheinlich war er es nicht. Hadschi ist im Islam ein Ehrentitel für jemanden, der nach Mekka gereist ist. Sundermeier, der sich relativ schlecht mit dem Islam auskannte, hat das wohl falsch interpretiert.
Klingt nach Detektivarbeit. Was verraten Ihnen die Merkmale der Tasse, der Henkel zum Beispiel, über ihre Herkunft?
Poprawka: Für diese Sachen bin ich nicht genug in der Materie drin. Glücklicherweise konnten mir da andere Forscher anhand von Bildern weiterhelfen, was Henkel, Farbe und Drucktechnik wirklich über die Tasse verraten. In diesem Fall war der Henkel weniger aufschlussreich, eher Farbe und Glasur. Ihr Blumenmuster legt nahe, dass sie aus asiatischer Massenproduktion stammt und möglicherweise über Handelsrouten nach Südafrika kam. Hadji Khan Gool war Kaufmann, daher ist es gut möglich, dass er die Tasse von einer Reise mitgebracht hat.
Fühlen Sie sich bei der Arbeit manchmal wie Sherlock Holmes?
Poprawka: Absolut.
Und wie ist das, wenn Sie einen neuen Hinweis finden?
Poprawka: Das ist viel wert. Aber man begegnet ihm erstmal mit Skepsis. Denn es ist nie klar, was dahintersteckt und ob das wirklich was mit der Tasse zu tun hat. Damit man keine falschen Schlüsse zieht, muss man wirklich vorsichtig sein.