Hochwasserschutz in Bonn Alter Fußballplatz auf dem Venusberg soll Wasserbecken werden

Venusberg/Ippendorf · Starkregen hat die Häuser unterhalb des Venusberghangs schon mehrfach überflutet. Zum Schutz will die Stadt ein Regenrückhaltebecken bauen. Doch die vorgesehene Fläche könnte Teil einer 6000 Jahre alten Wallanlage sein.

Bonn: Alter Fußballplatz auf dem Venusberg wird Wasserbecken
Foto: Benjamin Westhoff

Ratzekahl vom Bewuchs freigeräumt ist das Gelände des ehemaligen Sportplatzes am Ippendorfer Hauweg. Spaziergänger wundern sich, andere sind alarmiert, denn sie wissen, dass der Kottenforst zum geschützten Naturpark Rheinland gehört. Einer befürchtet sogar, dass der Sportplatz wiederhergestellt werden soll.

Der Grund für die Rodung des Geländes ist Ergebnis einer Vorsichtsmaßnahme. Da es bei Starkregen in den vergangenen Jahren mehrfach zu massiven Beschädigungen durch Überflutungen der Häuser unterhalb des Venusberghangs etwa an der Bergstraße und am Rosenburgweg gekommen ist, soll auf dem Venusberg ein Regenrückhaltebecken zum Schutz der unterhalb liegenden Wohngebiete gebaut werden.

„Es wurden alle potenziellen Standorte auf dem Venusberg geprüft und bewertet“, erläutert Isabell Klotz vom städtischen Presseamt. „Da eine Vollsperrung der Hauptzufahrten zur Uniklinik nicht in Frage kommt, mussten Stauraumkanäle im Straßenraum leider ausgeschlossen werden.“ Als Beckenstandort wurde der ehemalige Sportplatz am Hauweg gewählt – auch weil „der Eingriff aufgrund des jungen Baumbewuchses am geringsten ist“.

Riesige Wallanlage der Jungsteinzeit

Doch weil das Areal einerseits im Landschaftsschutzgebiet liegt, andererseits Teil eines eingetragenen Bodendenkmals ist, kann der Plan nicht ruckzuck umgesetzt werden. Sowohl Umweltschützer als auch das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege waren zunächst gefragt. Der Naturschutzbeirat hat bereits vor einem Jahr grünes Licht gegeben. Die archäologischen Untersuchungen waren aufwendiger, denn in dem Dreieck zwischen Robert-Koch-Straße, Bodelschwinghweg und Hauweg liegt eine über 6000 Jahre alte Wallanlage begraben.

Nach Ausgrabungen in den 1980er Jahren und 2015 sind sich die Archäologen definitiv sicher. „Ein großes Ding“, sagt Erich Claßen, Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege, denn es beweise, dass Bonn schon vor 6000 Jahren als Siedlungsort bei Menschen beliebt war. Mithilfe der Radiokarbon-Methode konnten Holzproben auf etwa 4100 vor Christus – also Jungsteinzeit – datiert werden. Anhand der Grabungsdokumentation nahmen die Umrisse der Wallanlage konkrete Form an. Nachweisbar ist eine Länge von etwa 140 Metern. Das Innere des Areals war bis 20 Hektar groß, erläutert Claßen – so groß wie 28 Fußballfelder.

2015 wurde ein Teilstück von Wall und Graben erneut ausgegraben. Hatten die Archäologen auf aufschlussreiche Fundstücke wie Keramik, Knochen, Müll gehofft, wurden sie enttäuscht. Immerhin bestätigte die Grabung, dass der Wall vor etwa 6000 Jahren in einem Zug aufgeschüttet und seither nicht verändert wurde.

Die Vorfahren hatten offensichtlich ein Gespür dafür, einen topografisch und strategisch hervorragenden Platz auszuwählen. Der Venusberg ist mit knapp 170 Metern eine markante Erhebung, dessen Flanken zum Rhein und im Westen zum Melbtal steil abfallen. Die Lage bietet natürlichen Schutz vor Angreifern. Unklar ist die Nutzung der Anlage, die aufwendige Erdarbeiten notwendig waren. Verteidigungswall, Fliehburg, Viehkral, Marktplatz? Das muss die Nachwelt noch herausfinden.

Probegrabungen ohne Befund

Daher war es den Archäologen wichtig, dass der Bau eines Regenrückhaltebeckens auf dem Fußballplatz das Bodendenkmal „Steinzeitliche Wallanlage“ nicht beeinträchtigt. Doch bei vorsichtige, systematischen Probegrabungen – Sondagen – wurden laut Presseamt keine Befunde festgestellt. „Wenn das Tiefbauamt zeitnah eine endgültige Rückmeldung vom LVR bekommt, ist nun ein Baubeginn im Herbst 2023 realistisch sagt Isabell Klotz.

Die Bauzeit betrage etwa ein Jahr. Ein positiver Nebenaspekt sei, dass im Zuge des Beckenbaus auch der mit Schwermetallen – Blei und Cadmium – belastete Oberboden der ehemaligen Sportplatzfläche beseitigt werde. Der Plan ist, das Regenrückhaltebecken als Erdbecken naturnah zu gestalten, sodass wieder neue Lebensräume für Vögel geschaffen werden.

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