Verkehr in Bonn Bündnis kritisiert Lärm auf der Ippendorfer Allee

Ippendorf · Das Bündnis „Health for Future Bonn“ beklagt belastenden Lärm auf der Ippendorfer Allee. Dazu hat man unter anderem eigene Messungen durchgeführt. Die Stadt Bonn widerspricht und sieht keine Veranlassung für Maßnahmen.

 Das Bündnis „Health for Future Bonn“ beklagt belastenden Lärm auf der Ippendorfer Allee.

Das Bündnis „Health for Future Bonn“ beklagt belastenden Lärm auf der Ippendorfer Allee.

Foto: Benjamin Westhoff

Zur Ruhe kommen die Anwohner der Ippendorfer Allee fast nie. Morgens quält sich bereits lange vor Sonnenaufgang der Lieferverkehr durch die enge Straße auf dem Venusberg. Wenig später sind zusätzlich die Berufspendler unterwegs, zwischendurch bahnen sich mehrere Buslinien ihren Weg Richtung Innenstadt. Selbst mitten in der Nacht können die Ippendorfer von einer „himmlischen“ Ruhe meist nur träumen.

„Seit Jahren werden die Immissionsgrenzwerte im Bereich der Ippendorfer Allee bei weitem überschritten“, beklagt Professor Dietrich Klingmüller, der sich für „Health for Future Bonn“ - ein Bündnis von Pflegern, Ärzten, Therapeuten sowie Menschen, die sich im Gesundheitswesen engagieren - mit der Ippendorfer Allee beschäftigt hat. Die Folgen einer Dauerbelastung durch Lärm haben seiner Meinung nach jedoch gravierenden Folgen. „Damit wird die Gesundheit der Anwohner hochgradig gefährdet“, beklagt Klingmüller.

Eigene Messungen stellen erhöhte Lärmwerte frest

Eigene 24-stündige Schallmessungen Anfang November im Bereich Ippendorfer Allee und der Straße „Im Acker“ hätten ergeben, dass selbst die nächtlichen Lärmwerte die zulässigen Grenzen (45 Dezibel laut WHO sowie 49 Dezibel laut Bundes-Immissionsschutzgesetz in Wohngebieten) an der Ippendorfer Allee deutlich überschritten werden. Damals Anfang November zeigte das Messgerät selbst mitten in der Nacht durchgehend Werte von deutlich über 70 Dezibel an.

Dabei, so der Mediziner, sei hinreichend bekannt, dass Lärm krank macht. „Verkehrslärm kann chronische Stressreaktionen hervorrufen und damit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen“, belegt auch eine Studie, die das Deutsche Ärzteblatt bereits 2019 veröffentlicht hat.

Stadt berechnet Werte zur Berurteilung

Für die Stadt gibt es jedoch keinen Hinweis, dass die Verkehrsbelastung im Zentrum Ippendorf zugenommen hat. „Verkehrszählungen zwischen den Jahren 2004 und 2019 zeigen keine relevante Verkehrszunahme auf der Ippendorfer Allee“, sagt Andrea Schulte vom Presseamt auf GA-Anfrage und ergänzt: „Für Verkehrslärm an Bestandsstraßen gibt es keine verbindlichen Grenz- oder Richtwerte. Für den Neu- oder Umbau von öffentlichen Straßen legt die Verkehrslärmschutzverordnung Immissionsgrenzwerte fest. Diese sind aber nicht für Bestandsstraßen verbindlich.“

Für die Beurteilung von Verkehrslärm würde die Stadt Schallpegel durch Berechnung ermitteln und nicht durch Messung. „Die Regelwerke geben dafür die jeweils anzuwendende Berechnungsvorschrift vor. Schallpegelmessungen sind immer von den jeweils gerade vorherrschenden Randbedingungen wie Witterungseinflüsse, Hintergrundgeräusche und den zeitlichen Schwankungen der Verkehrsstärke beeinflusst und daher immer nur Momentaufnahmen. Messungen eignen sich daher nicht zur Beurteilung des Verkehrslärms“, so Schulte. Schallpegelmessungen durch die Stadt Bonn wurden zudem nicht durchgeführt und sind auch nicht geplant, ergänzt sie.

Anwohner verweist auf Lärmaktionsplan

Allerdings wurden „im Rahmen der letzten Umgebungslärmkartierung 2017 auch die Schallimmissionspegel nach RLS-90 (Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen) berechnet. Nach diesen Berechnungen überschreiten die Beurteilungspegel an einigen Gebäuden der Ippendorfer Allee 70 dB(A) am Tag bzw. 60 dB(A) in der Nacht. Der Immissionsgrenzwerte für Wohngebiete der 16. BImSchV von 59 / 49 dB(A) Tag/Nacht wird an allen Häuser überschritten“, antwortet das Presseamt weiter.

Dabei, so betont Klingmüller, gebe es auch für Bonn einen Lärmaktionsplan, dessen vordringliches Ziel es ist, den Umgebungslärm im Sinne der EU- Richtlinie in der Stadt zu verringern. Für Bonn bedeutet dies in erster Linie, nach Möglichkeiten zur Lärmminderung an stark belasteten Straßen zu suchen. Lärmschwerpunkte sind die Bundesautobahnen im Stadtgebiet und Innerortsstraßen mit hohem Verkehrsaufkommen.

Stadt betont Einhaltung des NRW-Plans

Die Ergebnisse der Lärmkartierung hätten gezeigt, dass in Bonn mehr als 17 000 Menschen an Straßen wohnen, die Lärmpegel oberhalb der vom Land festgelegten Auslösewerte für die Lärmaktionsplanung aufweisen“, so Klingmüller. „Somit wird eine gesundheitliche Schädigung eines erheblichen Teiles der Anwohner billigend in Kauf genommen“, beklagt der Mediziner.

Dem widerspricht die Stadt. Das Land NRW habe in einem Runderlass definiert, „dass wenn an Wohnungen, Schulen, Krankenhäusern oder anderen schutzwürdigen Gebäuden von 70 dB(A) oder ein L-Night von 60 dB(A) erreicht oder überschritten wird, ein Lärmaktionsplan aufzustellen ist“, erklärt Schulte. Dieser Verpflichtung kommt die Stadt Bonn nach. Die letzte Aktualisierung des Lärmaktionsplans wurde 2020 vom Rat beschlossen. Die genannte Zahl von 17 000 ist der Stadt Bonn nicht bekannt und nicht nachvollziehbar.“

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