Umrüstung an Fußgängerüberweg Kurioser Streit um Ampelfrau und Ampelesel in Bonn

Hardtberg · Kuriose Debatte in Bonn: Die Grünen in der Bezirksvertretung Hardtberg wollen eine Ampelfrau am Fußgängerüberweg Bahnhofstraße. Die CDU wünscht sich stattdessen einen Ampelesel. Die Stadt sieht keinen Handlungsbedarf.

 Mit dem Vorschlag für einen Ampelesel hat sich die CDU in der Bezirksvertretung nicht durchgesetzt.

Mit dem Vorschlag für einen Ampelesel hat sich die CDU in der Bezirksvertretung nicht durchgesetzt.

Foto: GA Grafik

Verständnisloses Kopfschütteln der einen Fraktion in Richtung der anderen und auch dosierter Theaterdonner gehören in die Bezirksvertretung wie Salz in die Suppe. Aber es kann auch richtig kontrovers zugehen. Knapp 300 Seiten hat die Tagesordnung der öffentlichen Sitzung der Bezirksvertretung Hardtberg am Dienstag, darunter 15 Beschlusspunkte.

Punkt 1 ist ein Bürgerantrag zum Umrüsten der Ampeln im Stadtbezirk. Der Antragsteller möchte Ampelmännchen, weil nicht mehr dem Zeitgeist entsprechend, durch Ampelfrauen ersetzt wissen. Die Verwaltung äußert jedoch grundsätzliche und verkehrsicherheitstechnische Bedenken, zumal die Bezirksregierung Ausnahmen bislang abgelehnt habe. Die Ampel zeige bundeseinheitlich im Prinzip einen stilisierten, stehenden oder gehenden Fußgänger. Falls das Piktogramm geändert würde, wäre das zuständige Tiefbauamt in der Haftung, wenn etwas passieren würde. Also: „Die Verwaltung sieht keinen Handlungsbedarf. Haushaltsmittel stehen nicht zur Verfügung.“ Zudem seien Ampelfrauen mit Zöpfen und Rock ein veraltetes Klischee.

Die Grünen wollen aber die Ampelfrau und zwar konkret am Fußgängerüberweg Bahnhofstraße/Burgweiher. Die CDU hält dagegen: Dann käme aber doch eher das Duisdorfer Maskottchen, der Esel, in Frage. Ungehört bleibt der Hinweis von Manfred Eckel vom Tiefbaubamt, dass egal ob Esel oder Ampelfrau, eine Einzelanfertigung teuer ist. Den Esel will aber das Mehrheitsbündnis gar nicht; eine Ampelfrau soll es gegen die Stimmen von CDU und FDP werden. Entrüstet kündigt CDU-Bezirksfraktionssprecher Bert Moll eine Beanstandung des Beschlusses an.

■ Einhellig wollte die Bezirksvertretung dem Vorschlag des Ortsfestausschussvorsitzenden Bernd Schmidt folgen, die Schmitthalle in Toni-Mai-Halle umzubenennen. Dass Mai ein SPD-Mann war, bedeutete für die CDU im ersten Moment eine gedankliche Hürde, doch für die Sache hatte sie eingelenkt. Nach Schmidts Vorstellung soll der am 19. Januar verstorbene Toni Mai mit der Widmung für sein lebenslanges Engagement im Duisdorfer Vereinsleben geehrt werden. Die Schmitthalle, „die sozusagen Mais Wohnzimmer war“, könnte ihm in einer Feierstunde an seinem ersten Todestag 2023 gewidmet werden. „Ein schöner Vorschlag“, fanden alle. Einen Strich durch diese Rechnung musste jedoch Ralf Henke, Leiter der Bezirksverwaltungsstelle machen. Weil Toni Mai (noch) nicht auf der städtischen Benennungsliste steht, hat die Bezirksvertretung lediglich Empfehlungsrecht; der Hauptausschuss entscheidet. Außerdem können nach einem Ratsbeschluss von 1986 Straßen, Wege, Plätze und öffentliche Einrichtungen nur nach Persönlichkeiten benannt werden, die mindestens ein Jahr tot sind.

 Geht es nach den Hardtberger Grünen, soll eine Ampelfrau die Fußgängerkreuzung an der Bahnhofstraße zieren.

Geht es nach den Hardtberger Grünen, soll eine Ampelfrau die Fußgängerkreuzung an der Bahnhofstraße zieren.

Foto: picture alliance / dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Soll heißen: Die Bezirksvertretung kann erst in einem Jahr entscheiden. Wenn sie es jetzt tut, könnte der Hauptausschuss die Entscheidung kassieren. Kompromiss ist der einstimmige Beschluss, das Thema zu vertagen und als Tagesordnungspunkt auf die erste Sitzung der Bezirksvertretung 2023 zu setzen. Ein Termin steht zwar noch nicht fest, aber es werde sich dann sicher eine Gelegenheit finden, die Schmitthalle feierlich in Toni-Mai-Halle umzutaufen. 

■ Unnachgiebig ist die Bezirksvertretung beim Quartiersmanagement für Medinghoven. Die Verwaltung hatte nach einem zweijährigen Untersuchungsprojekt im Abschlussbericht festgestellt, dass der Stadtteil grundsätzlich über gute Vernetzungsstrukturen verfügt. „Ein zusätzliches, permanent vor Ort präsentes Quartiersmanagement erscheint daher nicht erforderlich.“ Durch die Bank ärgern sich die Politiker über diese Schlussfolgerung. Der Dissens mündet in einem parteiübergreifenden Antrag: Die Verwaltung soll gemäß dem Hauptausschuss-Beschluss von 2018 ein Quartiersmanagement in Medinghoven einführen. Bei der Auftragsvergabe soll sie berücksichtigen, dass das Stadtteilbüro der Diakonie bereits ein Netzwerk aufgebaut hat.

Auch die Diakonie ist sehr verärgert über die Einschätzung der Verwaltung. Vor der Sitzung am Dienstag erhielten Diakonie-Geschäftsführer Ulrich Hamacher und Superintendent Dietrich Pistorius daher das Wort. „Wir sprechen von rund 5000 Menschen in Medinghoven, einem Stadtteil, der geprägt ist von sozialen Superlativen“, sagte Pistorius. „Höchste Dichte an Menschen mit Migrationshintergrund, höchster Anteil an Sozialhilfeempfängern, kinderreichster Stadtteil – das muss uns alle doch auf den Plan rufen. Wir können die Menschen doch nicht verloren geben“, begründete er die Notwendigkeit eines Quartiersmanagements.

Hamacher machte deutlich, dass die Kapazitäten des Stadtteilbüros räumlich und personell ausgereizt seien. Angesichts der Kritik sah sich Andrea Steinhart vom Amt für Soziales und Wohnen in einer „undankbaren Rolle. Natürlich wollen wir Medinghoven nicht links liegen lassen“, erwiderte sie. Immerhin gäbe es dort bereits Jugendzentrum, Spielhaus und OGS-Plus. „Wir haben handfeste Ansätze, seitens der Stadt passiert viel.“ Steinhart kündigte an, dass sich ab 1. April ein neuer Kollege mit dem Stadtteil beschäftigen werde. Die Bezirksvertretung besteht einstimmig auf einem dauerhaften Quartiersmanagement.

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