Stufe für Stufe dem Himmel entgegen Heilige Stiege der Kreuzbergkirche in Bonn öffnet wieder

Kreuzberg · Seit Jahrhunderten ist der Kreuzberg in Bonn ein Ort der Stille und der inneren Einkehr, der Besinnung und des Gebets. Jetzt ist der Kreuzberg endlich wieder zugänglich.

 Sie wird zur Osterzeit zum christilichen Mittelpunkt in Bonn: die Heilige Stiege auf dem Kreuzberg

Sie wird zur Osterzeit zum christilichen Mittelpunkt in Bonn: die Heilige Stiege auf dem Kreuzberg

Foto: Benjamin Westhoff

Seit Jahrhunderten ist der Kreuzberg ein Ort der Stille und der inneren Einkehr, ein Ort der Besinnung und des Gebets. Ganz besonders in der Passionszeit. Gläubige aus Bonn und der Umgebung pilgern von jeher Karfreitag sowie Karsamstag hinauf zum Berg, um dort auf Knien die 28 Stufen der Heiligen Stiege zu erklimmen. Auf dieses vorösterliche Ritual muss nach einer coronabedingten Zwangspause in diesem Jahr niemand mehr verzichten: Erstmals ist die Heilige Stiege vor Ostern wieder geöffnet.

Ob nun kniend im Mittelgang über den roten Lahnmarmor oder stehend an den beiden Seiten der Stiege, die mit Rotterdamer Fliesen des 18. Jahrhunderts verziert sind, – langsam nähern sich die Pilger im Gebet versunken dem „Gipfel“. Stufe für Stufe kommt man so dem Kreuz und den Oberlichtern näher, deren Lichteinfall ein Stück Himmel verheißen. „Nach und nach wird dann auch das Oratorium hinter dem Kreuz Jesu sichtbar. Je näher man dem sterbenden Christus kommt, desto deutlicher wird das verheißungsvolle Deckenfresko dahinter: Durch das Kreuz hindurch blickt man bereits auf die Auferstehung“, heißt es in einer Erklärung der Bonner Stadtpastorale.

Besonders beeindruckend: die Fresken

Besonders beeindruckend sind die Fresken an der Decke und den Wänden der Stiege. Das spätbarocke Gesamtkunstwerk verbindet Putten, Engel, Propheten, Jünger, Löwen, Schlangen, Nägel, Dornenkrone immer wieder mit den blau-weißen Rauten aus dem Wappen der Wittelsbacher – eine Hommage an den Erbauer.

Die Gesamtanlage aus Kloster, Kirche und Kreuzwegstation ist eine der bedeutendsten Barockschöpfungen im Rheinland. Bereits im 15. Jahrhundert zog der idyllisch gelegene Wallfahrtsort Pilger und Besucher gleichermaßen an. Lange vor der Errichtung der Kirche befand sich auf dem Kreuzberg eine Wallfahrtsstätte, an der das heilige Kreuz verehrt wurde. Urkundlich erwähnt ist, dass sich „am Fest des Heiligen Antonius von Padua (13. Juni) im Jahre 1429 50.000 Personen bei dem Heiligen Kreuz am Kreuzberg zu Bonn oberhalb von Lengsdorf zur Kreuzverehrung versammelten.“ Dieses Kreuz stand vermutlich an gleicher Stelle, an der die Kapelle erbaut wurde.

Das kleine Gotteshaus wurde jedoch abgerissen und 1627 an gleicher Stelle im Auftrag des Erzbischofs Ferdinand von Bayern die heutige Kirche errichtet. Um 1746 gab schließlich Kurfürst Clemens August dem barocken „Stararchitekten“ Balthasar Neumann den Auftrag, die Heiligen Stiege zu bauen. Sie wurde 1751 fertiggestellt und geweiht. Eingearbeitete Messingkreuze auf der zweiten, elften und letzten von 28 Stufen markieren die Stellen, an denen Fragmente des Kreuzes Christi in die Treppe eingelassen sein sollen. Eine Scheinuhr der Kirche zeigt die Todesstunde Jesu an, eine andere unbewegliche Uhr die Stunde seiner Verurteilung durch Pilatus.

Die Stiege ist eine Nachbildung der „Scala Santa“ in Rom, der angeblich vom Palast des Pilatus stammenden Treppe, die Jesus vor seiner Verurteilung hinaufsteigen musste und die schon 326 nach Rom gebracht worden sein soll.

Das Haus des Pilatus

Die zweigeschossige Außenfassade der Heiligen Stiege stellt ebenfalls das Haus des römischen Christenverfolgers dar. Auf dem Balkon über dem Eingang stehen Pilatus, in der Mitte der gefesselte und dornengekrönte Jesus sowie rechts von ihm ein Wächter. Der Präfekt des römischen Kaisers Tiberius präsentiert seinen Gefangenen mit einer Unschuldsmiene und lässt die aufgebrachte Menge über das Schicksal des Angeklagten entscheiden. Während der Wächter die Menschen anfeuert.

Wenn man sich von Poppelsdorf aus über die Kreuzbergallee dem Pilgerort nähert, erkennt man schon von Weitem die Nachbildung dieser bekannten Bibelszene. Die lebensgroßen Figuren sind heute durch Kopien ersetzt. Die Originale befinden sich im Rheinischen Landesmuseum.

Kaum ein kennt allerdings den ebenfalls prächtig ausgestatteten Raum hinter der Empore der Heiligen Stiege. Von diesem Fürstenoratorium aus konnte der Kurfürst nicht nur direkt vor dem Kreuzaltar der Heiligen Stiege beten. Sondern – abgeschirmt vom Volk – nahm er von dort oben ebenfalls an den Gottesdiensten in der Kirche teil. Damit er selbst beim Betreten seines eigenen Andachtszimmers nicht mit dem niedrigen Stand in Berührung kam, nutzte er einen eigenen, unscheinbaren Zugang. Durch diese Tür konnte er unbeobachtet kommen und gehen.

Es ranken sich viele Geschichten um das Bauwerk

Um das Bauwerk auf dem Kreuzberg ranken sich viele Geschichten. So soll etwa die abgeplatzte Stelle auf einer Stufe der Heiligen Stiege vom Pferd Napoleons stammt. Er wollte angeblich die Treppe hochreiten, doch das Pferd bäumte sich beim Anblick des Kreuzes plötzlich auf.

Öffnungszeiten: Die Heilige Stiege ist Karfreitag (15. April) von 8 bis 18 Uhr geöffnet und Karsamstag von 9 bis 12 Uhr. Das Heilige Grab wird jedoch nicht geöffnet. Es gilt 2G sowie Maskenpflicht.

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