Bonner Stadthistorie Heimatforscher über die Historie der Gartenbaufamilie Lenné

Lengsdorf · Heimatforscher Wolfgang Alt begibt sich auf die Spuren der berühmten Gartenbaufamilie Lenné in Lengsdorf. Der Vorsitzende des örtlichen Heimat- und Verschönerungsvereins Lengsdorf hat hingegen eigene Thesen zur Herkunft eines Grabsteins, dessen Inschriften kaum entzifferbar sind.

 Wolfgang Alt vor dem Grabstein, der Rätsel aufgibt.

Wolfgang Alt vor dem Grabstein, der Rätsel aufgibt.

Foto: Stefan Hermes

Es braucht ein wenig Fantasie, um sich Ereignisse in der Geschichte der Bonner kurfürstlichen Hofgärtner-Dynastie der Familie Lenné zu erklären, die bisher noch nicht dokumentiert sind. Fünf Generationen lebten, liebten und arbeiteten in Bonn. Der wohl bekannteste Spross der Familie, Peter Joseph Lenné, kam zwar in Bonn zur Welt, wirkte aber bis Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem als General-Gartendirektor der königlich-preußischen Gärten außerhalb des Rheinlands.

Was das mit Lengsdorf zu tun hat? Wolfgang Alt hat nun auf dem Alten Lengsdorfer Friedhof einen Grabstein ausfindig gemacht, den der Lengsdorfer Heimat- und Verschönerungsverein (HVV) bereits 1983 mit weiteren zwei Dutzend Steinen an der Apsis von St. Peter hat aufstellen lassen, der aber mit der Familiengeschichte in Zusammenhang stehen könnte. Die Inschriften jedoch sind bis auf wenige Steine kaum noch lesbar und verraten somit nur wenig über die Verstorbenen, deren Namen vor rund 300 Jahren in Stein gemeißelt wurden.

Alt fand in dem von Bernhard Berzheim verfassten „Poppelsdorfer Familienbuch 1645 – 1721“ (1998) bei einem Eintrag zu Ignatius Lenné, einem Sohn des Bonner Hofgärtners Augustin Lenné (geboren am 6.11.1678, gestorben am 15.3.1715) den Hinweis, dass dessen Grabstein auf dem Lengsdorfer Kirchhof zu finden sei. Dort ist tatsächlich auf der Vorderseite des Grabsteins deutlich zu lesen, dass Lenné das Grabmal zunächst für seine früh verstorbenen Söhne Maximilian (gestorben am 20.8.1710) und Christianus (gestorben am 2.7.1712) hat aufstellen lassen.

Mehrere Thesen zur Grabstätte

Aus deren Taufdaten im Kirchenbuch von St. Martin, der Vorgängerkirche des Bonner Münsters geht hervor, dass Maximilian Lenné zweieinhalb Jahre und sein Bruder Christianus kaum fünfzehn Monate alt wurden. Der Nachweis, dass die Spuren der Familie Lenné bis nach Lengsdorf reichen, kam für Alt, den emeritierten Professor für Mathematik und theoretische Biologie an der Bonner Universität, einer Überraschung gleich.

Als Vorsitzender des Fördervereins Poppelsdorfer Geschichte befasste sich Alt in den von seinem Verein herausgegebenen Poppelsdorfer Geschichtsblättern unter anderem mit den Spuren der in seinem Stadtteil beheimateten Lenné-Familie auf Bonner Gedenksteinen.

Die Bonner Familiengeschichte der Lennés beginnt im Jahr 1665, als der Bonner Kurfürst Maximilian Heinrich neben dem damals schon von München an den Rhein geholten Hofgärtner Christoph Herter auch den damals 33-jährigen Augustin Le Nain bei einem Besuch von Schloss Farciennes in der wallonischen Provinz Hennegau von dessen Vater Guilleaume le Nain empfohlen bekam. Der Kurfürst muss voller Bewunderung für dessen im Stil der französisch-niederländischen Gartenkultur angelegten Parkanlagen gewesen sein (aus Le Nain entstand im Laufe der Jahrhunderte Lenné).

Mit sieben Kindern begründete Augustin Lenné mit seiner Frau Anna Barbara Caron die Bonner Hofgärtner-Dynastie, welche sukzessive von seinem Sohn Maximilian Heinrich Lenné, zwei seiner Enkel und mindestens drei seiner Urenkel fortgesetzt wurde. Seine vier Töchter heirateten alle in Poppelsdorf. Mit seinem jüngsten Sohn Ignatius Lenné (geboren am 6.11.1678) kommt nun Lengsdorf ins Spiel.

„Meister Ignatius“, wie es auf seinem Grabstein zu lesen ist, hatte die Meisterschaft jedoch nicht im Gartenbau erlangt, sondern war vermutlich als Küfer- oder Metzgermeister Wirt im Poppelsdorfer Gasthaus „Adler“. Zusammen mit seiner Ehefrau Johanna Maria Oberkamps hatte das Paar fünf Kinder. Zwei ihrer Söhne könnten in Lengsdorf begraben worden sein. Den Schluss lässt das dort gefundene Grabkreuz zu, auch wenn der Aufenthalt der Lennés in Lengsdorf noch spekulativ ist.

„Es könnte durch die kriegerische Besatzungszeit Bonns durch die Niederländer von 1702 bis 1715 begründet sein, dass die Lennés nach Lengsdorf kamen“, ist ein Deutungsversuch von Alt. „Dass eine Familie Lenné in Lengsdorf gewirkt und gewohnt haben könnte“, so Christoph Schada von Borzyskowski vom Heimat- und Verschönerungsverein Lengsdorf HVV), „ist mir gänzlich unbekannt.“ Man berufe sich in seinem Verein, dessen Vorsitzender er ist, auf das Heimatbuch des Lengsdorfer Heimatforschers Herbert Weffer. „Es hätte drin gestanden, wenn es so gewesen wäre“, so Schada von Borzyskowski.

1983 hat sein Verein die Grabkreuze an St. Petrus wieder aufstellen lassen. Bis in die 1950er Jahre wurden sie als Treppenstufen zur Kirche hinauf verwendet, bis sie nach einer Restaurierung ihren neuen Platz an der Kirche fanden. Schada von Borzyskowski geht davon aus, dass die Grabsteine zu alten Lengsdorfer Familien gehören.

Schada mutmaßt, dass die Lenné-Kinder auf dem Poppelsdorfer Friedhof nicht mehr beerdigt werden konnten, da dieser vielleicht schon belegt gewesen war. Noch plausibler erscheint ihm die Möglichkeit, dass die Lennéschen Grabsteine in Poppelsdorf „irgendwo herumlagen und zum Bau der Treppe von St. Peter nach Lengsdorf gekarrt wurden“. Nach dieser These wäre die Verbindung der Lenné-Familie zu Lengsdorf obsolet. Und auch die Frage, ob der Vater der beiden Kinder, Ignatius Lenné, in Lengsdorf seine letzte Ruhestätte gefunden hätte, wäre hinfällig.Auf der Rückseite des Grabsteins ist sein Todestag mit dem 15. März 1715 angegeben.

Trotz allem erwähnenswert ist, dass kurioserweise bereits der Name seiner Frau nebst einer „17“ für das Jahrhundert und der Freistelle für ihr Sterbedatum eingemeißelt ist. „Eine solche, schon systematische, vorausschauende Grabmal-Beschriftung ist doch auffallend ungewöhnlich“, so Alt. Zumal er in seiner Abhandlung nachweisen konnte, dass die Witwe von Ignatius Lenné genau zwei Monate nach dem Tod ihres Mannes in St. Martin wieder heiratete.

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