Bonns größte Freifläche Die Hüter des Meßdorfer Felds wollen Bebauung verhindern

Duisdorf/Endenich · Gebetsmühlenartig erinnert die Initiative Meßdorfer Feld daran, dass sie keinen Millimeter der Freifläche für Bebauung hergeben will. Die Sorge ist, dass an den Rändern immer wieder Grundstücke abgeknapst werden.

Zum Auslüften und frische Luft schnappen sind Rudolf und Annie Schmitz oft auf dem Meßdorfer Feld unterwegs.

Zum Auslüften und frische Luft schnappen sind Rudolf und Annie Schmitz oft auf dem Meßdorfer Feld unterwegs.

Foto: Benjamin Westhoff

Ein Acker wie jeder andere. 150 Hektar. Und dennoch ist er besonders. Denn die Rede ist vom Meßdorfer Feld. Jeder Bonner kennt es – zumindest dem Namen nach. Und die meisten verbinden damit seit Jahrzehnten Kampfansagen wie „Finger weg vom Meßdorfer Feld!“ Dabei gibt es doch seit Jahrzehnten seitens der Parteien das Bekenntnis zum Erhalt der Freifläche.

In welchen Grenzen ist das Meßdorfer Feld unantastbar? Rudolf Schmitz traut in dieser Frage – „aus Erfahrung“ – niemandem über den Weg. Der Sprecher Bürgerinitiative zur Erhaltung des Meßdorfer Felds will keinen Millimeter zurückweichen. „Es bleibt so, wie es ist.“ Unterstützt wird er derzeit von rund 150 Bürgerinnen und Bürgern.

Schmitz ist an der Lessenicher Straße aufgewachsen und wohnt heute mit seiner Frau dort. Gut kann er sich noch daran erinnern, dass hinter der Haustür die Kleingärten anfingen. Diese Grundstücke wurden in den 1980er-Jahren verkauft und rund um den neuen Buntspechtweg mit Einfamilienhäusern bebaut. Mögliche sentimentale Erinnerungen, dass er schon als Kind auf dem Meßdorfer Feld gespielt hat, kann er nicht bieten „Das war landwirtschaftliche Fläche, und es gab überall Zäune.“ Aber es war eben auch vertraute Umgebung.

Meßdorfer Feld: Streit um den Lorth-Zipfel

Mitte der 1970er-Jahre – die Bundeshauptstadt Bonn wuchs rasant – war das Gebiet mit dem Flurnamen Meßdorfer Feld in den Blick der Planer gerückt. Zumindest am Rand des Ackers mitten in der Stadt würde sich Bebauung anbieten. Schon damals formierte sich Widerstand in der Bevölkerung. Rudolf Schmitz war ungefähr 25 Jahre alt. Die Pläne blieben in der Schublade. Noch gab es andernorts genügend freie Flächen zum Bauen.

Ernst wurde es Ende der 1990er-Jahre. „Streit um die Zukunft des Meßdorfer Felds“, titelte der General-Anzeiger. Die CDU hatte den Antrag gestellt, für einen Teil des Felds auf Hardtberger Gebiet mit rund zwölf Hektar, zwischen der Bahnlinie (der heutigen S23), Lessenicher Straße und Alter Heerweg Planungsrecht für rund 500 Wohneinheiten zu schaffen. Eine Kontroverse, wo die Grenzen der Freifläche verlaufen, schwelte seit Jahren. Nach der Kommunalwahl 1994, die eine Mehrheit für SPD und Grüne brachte, hatte der Rat beschlossen, dass die gesamte Fläche des Meßdorfer Felds als landwirtschaftliche Nutzfläche erhalten bleiben soll. Eine Ratsperiode später hob die Mehrheit aus CDU und FDP den Beschluss wieder auf.

Für die CDU zählte der nach Duisdorf hineinragende Streifen „Am Bruch“ ohnehin nicht dazu. Der Flächennutzungsplan von 1975 stellte für diese Fläche Wohnbebauung fest. Zur Erinnerung: Treibende Kraft für das Projekt „Am Bruch“ war Bezirksbürgermeister Gerhard Lorth. Von Feindbild will Rudolph Schmitz nicht sprechen. Das sei nicht sein Vokabular. „Ich bin weder Umweltrebell noch Klimaaktivist“, sagt er. In Lützerath beispielsweise wäre er nicht aufmarschiert. „Für mich ist der Einsatz fürs Meßdorfer Feld bürgerschaftliches Engagement vor der Haustür.“ Dafür hat Schmitz viel Zeit seines Lebens investiert – und tut es noch.

Größte Freifläche Bonns: Sorge vor Salamitaktik

Der Protest gegen den „Lorth-Zipfel“, wie das Gebiet „Am Bruch“ im Volksmund genannt wird, brachte der Bürgerinitiative Meßdorfer Feld unter dem Vorgänger Heiko Haupt viel Zulauf und Zuspruch. „Wie viele Unterschriften müssen wir vorlegen, damit die Pläne gestoppt werden?“, wurde Lorth damals bei einer Bürgerversammlung gefragt. Lorth bot eine Wette an, dass er mehr Unterschriften für das Projekt bekäme als die Bürgerinitiative dagegen.

Die Grüne Mitte wurde gebaut, jedenfalls der erste Bauabschnitt. Die Pläne für den zweiten Abschnitt Richtung Lessenicher Sportplatz wanderten in die Schublade. Dass sie überhaupt angedacht wurden, ist für Rudolf Schmitz eine ständige Bedrohung. Jederzeit könne wieder ein Vorstoß aus der Politik kommen, dass an den Rändern des Meßdorfer Felds Baugrundstücke arrondiert werden.

„Salamitaktik“ lehnt Schmitz kategorisch ab, und da will die Initiative immer wachsam sein. „Stellen Sie sich vor, niemand hätte sich engagiert, dann sähe die Fläche heute anders aus.“ Daher ist die Initiative beharrlich präsent, wenn nur das Stichwort „Meßdorfer Feld“ irgendwo auftaucht. „Nervig“ finden das Gegenspieler. Aber genau das wollen die Hüter erreichen. „Uns bleibt nichts anderes übrig, als unser Plädoyer gebetsmühlenartig zu wiederholen“, sagt Schmitz.

Die Argumente werden jetzt auch auf Stofftaschen und Postkarten verbreitet. Die Stadt fördere Werbemittel von Vereinen. „Meßdorfer Feld – Wir wehren uns gegen jede Bebauung“, steht beispielsweise auf der Stofftasche. Droht denn momentan Gefahr? Unter Beobachtung der Initiative stehen die Pläne für das Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei auf dem Dransdorfer Berg, die unmittelbar an die Freifläche angrenzt. Montag Stiftung und der Verein Neue Stadtgärtnerei wollen ein klimaneutrales Projekt mit ökologischem Zentrum, sozialem Wohnungsbau und ökologischer Landwirtschaft aufziehen. Gebaut werden soll nur auf den ohnehin versiegelten Flächen. Im Stadtrat gibt es für das Projekt Unterstützung.

Meßdorfer Feld: Pläne für die Stadtgärtnerei

Aus Sicht der Bürgerinitiative ist der Bau eines Umweltbildungszentrums in Ordnung. „Aber alles weitere ist wieder Salamitaktik“, sagt Schmitz. Er ärgere sich über Grüne und SPD, „die einer Bebauung der Stadtgärtnerei jahrelang eine Absage erteilt haben. Jetzt stimmen sie zu. Das ist ein Vertrauensbruch.“ Keine Gefahr, sagt die ehemalige Grüne, jetzt Rheingrün-Politikerin Birgitta Poppe-Reiners, die schon von Anfang an die Initiative Meßdorfer Feld unterstützt. Die verfallende Stadtgärtnerei sei zusehends „ein Schandfleck“. Daher wäre die Umsetzung dieses Projekts nach all den Jahren ein gutes Ergebnis. „Denn es wird ja nicht mehr bebaut als bislang.“

Peter Kox, sozialpolitischer Sprecher der SPD, bestätigt, dass die SPD bezüglich der Stadtgärtnerei ihre Meinung geändert hat. „Ja, aus Sicht der Initiative sind wir umgefallen. Aber Dinge entwickeln sich – wie etwa der Wohnraumbedarf. Der neue Ansatz für die Stadtgärtnerei schafft Wohnraum“, sagt er. „Aber vom Meßdorfer Feld wird nichts abgeknapst. Nicht mit uns.“ In der Koalitionsvereinbarung von Grüne, SPD, Linke und Volt steht: Das Messdorfer Feld und der Lausacker werden als Tabuflächen (Freihaltung von Bebauung) festgeschrieben.

Arno Hospes war Planungssprecher der CDU als der „Lorth-Zipfel“ beschlossen wurde. „Ich bin direkt am Meßdorfer Feld aufgewachsen“, sagt er, „und ich bin auch heute noch dafür, den zweiten Abschnitt des Plangebiets zu bebauen“. Auch auf dem Gelände der Städtgärtnerei würde er sich ein größeres Wohnquartier wünschen.

Informationen über die Initiative auf www.messdorferfeld.de

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