Am 28. Dezember 1944 Vor 75 Jahren fielen Bomben auf Lengsdorf

Lengsdorf · Am 28. Dezember 1944 starben bei einem Bombenangriff auf Lengsdorf 60 Menschen. Karl Schneider schrieb seine Erinnerungen zu dem Angriff der Aliierten auf.

 Blick vom Kreuzberg auf den zerstörten Mühlenhof. Dorthin hatten sich Lengsdorfer zum Schutz vor den Bomben geflüchtet. 

Blick vom Kreuzberg auf den zerstörten Mühlenhof. Dorthin hatten sich Lengsdorfer zum Schutz vor den Bomben geflüchtet. 

Foto: Archiv

Es war ein Gedenken an den Bombenangriff vor 75 Jahren auf Lengsdorf. Es war aber auch ein Gedenken an all die Toten und Vertriebenen, die heute vor Krieg und Terror flüchten. Erinnerung bedeute nicht nur, die Opfer vor dem Vergessen zu bewahren, sondern auch, das Bewusstsein für Frieden zu schärfen. Dies sei schließlich nicht selbstverständlich, wie der Vorsitzende des Heimat- und Verschönerungsvereins Lengsdorf, Christoph Schada von Borzyskowski, am Samstag betonte.

Die Kirchenglocken von St. Peter läuteten. In der Kirche herrschte Stille. Noch nicht einmal ein Räuspern der Anwesenden war zu hören. Oberbürgermeister Ashok Sridharan, der zusammen mit seiner Frau Petra trotz seines Urlaubs zur Gedenkveranstaltung gekommen war, blickte andächtig in den Altarraum. Sridharan ist gebürtiger Lengsdorfer.

Seine Worte richteten sich nicht nur an die Opfer und Hinterbliebenen, die damals, vor 75 Jahren, dem Bombenhagel zum Opfer fielen. Auch Sridharan betonte, „dass wir nicht darauf vertrauen sollten, dass es ohne unser Zutun weitere 70 Jahre Frieden geben wird. Jeder sollte handeln. Wir müssen uns gegenseitig Respekt entgegenbringen, doch Respekt ist in der heutigen Zeit leider ein wenig in den Hintergrund geraten“, forderte er.

Während das Duo „Planlos“, das keineswegs eine planlose Musikstückeauswahl getroffen habe, wie der OB ihnen bescheinigte, „Sag mir wo die Blumen sind“, vortrug,  ließen die Anwesenden die Worte des OB sacken.

„Während wir in diesem Moment  innehalten, kämpfen woanders die Menschen ums nackte Überleben“, knüpfte Schada von Borzyskowski an Sridharans Worte an. Der Krieg käme über den Fernseher in unsere Wohnzimmer, das mache deutlich, dass Frieden auf Erden ein zerbrechliches Gut sei, ein Geschenk, dass es zu bewahren gelte. Dies mache auch deutlich, wie wichtig solche Gedenkveranstaltungen auch nach 75 Jahren seien.

Schada werde häufig vor allem von jüngeren Menschen gefragt, warum man nach so vielen Jahrzehnten noch die Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg wach halte. „Wir dürfen nicht vergessen, dass Frieden und Freiheit nicht selbstverständlich sind“, gab er auch in seiner Ansprache die Antwort darauf.

Was damals, vor 75 Jahren, in Lengsdorf passierte, las Thomas Brehm vor. Es sind die Erinnerungen von Karl Schneider, der noch ein Kind war, als die Alliierten gegen 19 Uhr des 28. Dezember 1944 begannen, Bomben über Lengsdorf abzuwerfen.

Der junge Karl saß mit seiner Mutter und seinen Geschwistern im Keller der Kreuzbergstraße 6. Die Kellerwände wackelten. Ein neben ihm stehender Kanonenkopf wackelte, so heftig waren die Einschläge. 15 Minuten dauerte der Angriff. Dann wurde es still. Karl verließ den Keller.  Draußen war es hell erleuchtet. Überall brannten Häuser. Viele Gebäude in der Kreuzbergstraße lagen in Schutt und Asche. Direkt gegenüber seines Elternhauses klaffte ein tiefes Loch. Ihm wurde bewusst, welch großes Glück sie gehabt hatten. Nur die Fenster und die Dachziegel waren beschädigt worden.

Es war der schlimmste Bombenangriff für Lengsdorf. Von 60 Todesopfern war die Rede. Gerade mal 250 Meter vom Haus der Schneiders entfernt gab es 25 Tote zu beklagen. Dort hatten sich die Menschen in die Möbelfabrik an der Bachstraße, die heute Mühlenbachhof heißt, geflüchtet, weil sie sich dort sicherer wähnten als zu Hause im Keller. Dies war ein Trugschluss. Zwei Bombeneinschläge überlebten die Schutzsuchenden nicht.

Ihre Gräber liegen direkt an der Kirche, wo  nach der Gedenkstunde noch ein Blumengesteck niedergelegt wurde.

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