Die Bücherei von Sankt Peter in Lengsdorf Ein altmodischer Ort, aber gut gegen Leseschwäche

Lengsdorf · Mit Zettelkästen, sinkenden Ausleihen und raren Öffnungszeiten wirkt die Bücherei von Sankt Peter in Lengsdorf wie ein aus der Zeit gefallener Ort. Dabei könnte die kostenfreie und von Ehrenamtlerinnen geführte Einrichtungen beim Kampf gegen wachsende Leseschwäche helfen.

 Zwischen gut gefüllten Regalen: Andrea Asselmann hat die Leitung der Lengsdorfer Bücherei im Roncalli-Haus übernommen.

Zwischen gut gefüllten Regalen: Andrea Asselmann hat die Leitung der Lengsdorfer Bücherei im Roncalli-Haus übernommen.

Foto: Stefan Knopp

Aus der Zeit gefallen wirkt die Bücherei von Sankt Peter in Lengsdorf mit ihren Zettelkästen, in denen die rund 5000 Medien verzeichnet sind. Wer etwas sucht, muss eben wie in den guten alten analogen Zeiten die Karteikarten durchblättern, wenn die Mitarbeiter nicht weiterhelfen können. Diese Bücherei ist eine der letzten, wenn nicht sogar die letzte in Bonn, die nicht auf digitales Medien- und Ausleihmanagement umgestellt hat. Und so wird es wohl auch bleiben. Was bedeutet, dass sich Andrea Asselmann als langjährige Ehrenamtlerin und neue Chefin, sich nicht umstellen muss. Und ihre Büchereibesucher auch nicht.

Asselmann ist ab Anfang Juni offiziell die neue Chefin einer er Bücherei, in der sie schon seit 40 Jahren mitarbeitet. In den 90-er Jahren hatte sie schon mal übergangsweise die Leitung übernommen. Immer ehrenamtlich, versteht sich. Genauso wie Ute Johannknecht, von der sie nun die Leitung übernimmt, weil diese aus Altersgründen aufhört. Mit 81 Jahren. Ohne den unentgeltlichen Einsatz der Frauen gäbe es die Bücherei längst nicht mehr.

Trotz ihres Einsatzes sinken die Ausleihzahlen, sind die Öffnungszeiten auf zwei halbe Tage beschränkt. Dabei könnte eine kostenlose Bücherei für Kinder ein Segen sein, in Zeiten, in denen die IGLU-Studie 2023 jedem vierten Viertklässler Deutschlands attestiert, nicht richtig lesen zu können. Und Lesen als Grundvoraussetzung allen Lernens gilt.

Das macht auch Ute Johannknecht Sorgen. „Durch Corona ist sehr viel kaputtgegangen“, sagt sie. Im letzten Jahr gab es laut Asselmann 3600 Ausleihen in der etwas versteckt liegenden Bücherei, „vor Corona waren das mehr als 7000“. Und davor waren es noch mehr. Das müsse besser werden, sagt Johannknecht. „Es ist wichtig, dass Eltern mit ihren Kindern in die Bücherei kommen.“ Und man müsse die älteren Kinder motivieren. „Jugendliche ab 13 kommen eigentlich gar nicht mehr in die Bücherei und lesen gar nicht mehr.“

Wie kann man dem entgegenwirken? Beim Angebot für Kinder versucht die Bücherei in der Gegenwart anzukommen: Sie hat Tonies, quadratische Audio-Würfel mit zugehörigen Spielfiguren, ins Sortiment aufgenommen, die nun neben Hörspielkassetten, einem Ladenhüter aus vergangenen Zeiten, im Regal stehen. Außerdem gibt es neuerdings Bücher für Tiptoi-Stifte, ein interaktives Lernsystem. Auch für Jugendliche wird immer wieder neuer Lesestoff angeschafft.

Darüber hinaus wirbt das mit Flyern für die Bücherei, die vor allem in Neubaugebieten wie Pandionville verteilt werden. Aber die Einrichtung müsse auch im Ort bekannter werden, sagt die neue Leiterin. „Viele wissen gar nicht, dass Lengsdorf eine Bücherei hat.“ Und sie möchte ein wenig umgestalten, noch mehr neue Medien anschaffen. Nur die Leseecke mit dem gemütlichen Sofa, die soll bleiben. Das gute Stück haben Asselmanns Eltern Ende der 50er-Jahre anfertigen lassen, es hält immer noch.

Auch für die Mitarbeiterinnen ist die Bücherei beinahe ein familiärer Ort, so lange sind sie dabei. Asselmann kam nach ihrer Ausbildung zur Buchhändlerin im Borromäusverein, der viele katholische öffentliche Büchereien mit Medien versorgt und seinen Hauptsitz in Bonn hat, im Gefolge einer Mitauszubildenden als Ehrenamtlerin in die Bücherei. Die lag damals noch an der Villemombler Straße. „Da habe ich die praktische Seite der Büchereiarbeit kennengelernt“, erzählt sie. Ihr gefiel der Kontakt zu den Lesern. „Man kommt gut ins Gespräch.“

Ende der 90er-Jahre zog die Bücherei kurzzeitig in Räume Im Mühlenbach, in denen sich heute eine Teppichwäscherei befindet, und wechselte dann an den jetzigen Standort. Die scheidende Leiterin Johannknecht war damals schon als Mitarbeiterin dabei und übernahm später das Ruder. Auch sie hatte zuvor beim Borromäusverein gearbeitet. Nun soll nach 18 Jahren Schluss sein. „Das Schönste war für mich der Kontakt mit den Leuten und mit der Kita.“ Auch die Eigenständigkeit beim Einkauf von Büchern gefiel ihr. Die Pfarrgemeinde und das Erzbistum Köln geben dafür Geld, ein Zuschuss kommt auch von der Stadt, sodass die Bücherei etwa 4000 Euro im Jahr ausgeben kann.

Jetzt ist also Asselmann am Zug, für die nächsten Jahre noch parallel zu ihrem Beruf. Nach bisherigem Stand sei nicht vorgesehen, irgendwann den Bestand zu digitalisieren. „Das kriegt man auch noch gut mit Buchkarten bewältigt“, sagt sie. Und wer sollte es auch machen? Der Aufwand sei so schon groß genug für die Ausleihe an den Öffnungstagen, die Mitarbeiterorganisation, den Kauf von Medien, den Bibfit-Bücherführerschein für Kinder, Käpt’n-Book-Lesungen und und und Gerne würde Asselmann deshalb ihr Team für die Ausleihe vergrößern, vor allem aber ist ihr Wunsch, „dass wir wieder mehr Leser bekommen“.

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