Psychische Erkrankungen Wie Bonner Langzeitarbeitslose ins Leben zurückfinden

Hardtberg · Der Rückweg ins Arbeitsleben kann nach einer psychischen Erkrankung schwierig sein. Das Teilhabehaus des Jobcenters Bonn in Duisdorf begleitet Menschen, die in den Beruf zurückkehren. Diese Erfahrungen haben Betroffene gemacht.

 Mitarbeiter des Jobcenters und von Netzwerkpartnern, wie Diakonie, Caritas und Fachambulanz Sucht, beraten die Arbeitslosen im Teilhabehaus.

Mitarbeiter des Jobcenters und von Netzwerkpartnern, wie Diakonie, Caritas und Fachambulanz Sucht, beraten die Arbeitslosen im Teilhabehaus.

Foto: Meike Böschemeyer

Machte ihn die Arbeit krank? Oder scheiterte er wegen seiner psychischen Probleme an den alltäglichen Aufgaben? „Das kann ich nicht mehr genau sagen“, erzählt Olaf Schmidt (Name von der Redaktion geändert). Irgendwann begann sich die Abwärtsspirale im Leben des 49-Jährigen nur noch nach unten zu drehen. Als gelernte Fachkraft für Abwassertechnik arbeitete Schmidt zehn Jahre als Gabelstaplerfahrer und Maschineneinrichter, bis er irgendwann arbeitslos wurde. Ob die gesundheitlichen Probleme durch die Arbeitslosigkeit bedingt waren oder eher umgekehrt, weiß er nicht. Das Teilhabehaus in der Duisdorfer Rochusstraße war für ihn jedenfalls die letzte Chance, diesem Teufelskreis zu entkommen.

Das Haus wurde als Modellprojekt im Rahmen des Bundesprogramms „Innovative Wege zur Teilhabe am Arbeitsleben – rehapro“ initiiert. Ziel dieses Programms ist es, Menschen, die mit einer psychischen oder seelischen Erkrankung leben und Arbeitslosengeld II beziehen, den Zugang zu mehr Teilhabe am Arbeitsleben, aber auch am gesellschaftlichen Miteinander zu erleichtern. Im Mai 2020 nahm dann die in der Region Bonn/Rhein-Sieg einzigartige Institution die Arbeit auf.

Mit den Erfahrungen des Teilhabehauses soll arbeitslosen Menschen mit seelischen Erkrankungen in Zukunft besser geholfen werden. Ziel ist es, die Wechselwirkungen von Langzeitarbeitslosigkeit und psychischen Erkrankungen besser zu verstehen. Die Projektergebnisse diese Arbeit sollen dazu beitragen, dem Gesetzgeber Hinweise für bessere Hilfsangebote zu geben.

Psychische Erkrankungen verhindern Erwerbstätigkeit

„In der Regel liegt der Fokus bei der Betreuung arbeitsloser Menschen darauf, sie für den Arbeitsmarkt fit zu machen, beispielsweise durch berufliche Weiterbildung, oder ihnen direkt eine Arbeit zu vermitteln“, stellt Beate Oeffner, die für das Teilhabehaus zuständige Bereichsleiterin im Jobcenter Bonn, die Besonderheit der Einrichtung vor. „Manchmal fehlt es jedoch allen Beteiligten an der Erkenntnis, dass dem eigentlichen Ziel der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit eine psychische Erkrankung entgegensteht.“ Die Gründe, weshalb die Betroffenen vorhandene Hilfsangebote nicht in Anspruch nehmen, seien vielfältig. „Oft fehlen notwendige Informationen oder bürokratische Hürden erscheinen zu hoch. Andere Betroffene haben vielleicht den Glauben daran verloren, dass es für sie passende Hilfen geben könnte. Auch die Angst vor Stigmatisierung wegen Arbeitslosigkeit oder der Erkrankung spielt häufig eine Rolle“, so Oeffner. Daher setze man beim Projekt Teilhabehaus auf die Verknüpfung von Gesundheitsförderung und Arbeitsförderung und bietet ein breites Beratungsangebot mit verschiedenen Kooperationspartner unter einem Dach an.

Olaf Schmidt hat längst realisiert, dass er dank des Teilhabehauses langsam wieder zurück ins Leben findet. „Mir hilft der regelmäßige persönliche Kontakt zu meinen Gesundheitslotsen. Es wird nicht gebohrt oder gedrückt, sondern einfach nur nachgehorcht, wie es mir geht und selbstbestimmtes Handeln gefördert. Ich habe Probleme gehabt, überhaupt noch aus dem Haus zu gehen. Langsam traue ich mir das wieder zu. Inzwischen bin ich auch wieder in der Lage, mir ärztliche Hilfe zu holen. Ich habe das Gefühl, dass ich auf einem guten Weg bin und wenn es so weiterläuft, plane ich ein Praktikum in einer Fahrradwerkstatt.“

Der Weg zurück in kleinen Schritten

In kleinen Schritten und mit innovativen Angeboten soll der Weg in ein strukturiertes Leben erleichtert werden. „Wenn wir betroffene Menschen einladen, gemeinsam mit unseren Gesundheitslotsen und Netzwerkpartnern einen realistischen Weg zu finden, steht die Arbeitsaufnahme nicht im Vordergrund. Es geht um kleine Schritte“, stellt Françoise Böttger, Projektleiterin des Jobcenters Bonn im Teilhabehaus, das Konzept vor. „Ein erster Schritt kann sein, dass Teilnehmende nach langer Zeit zum ersten Mal wieder einen Hausarzt aufzusuchen. Ein weiterer Schritt könnte dann sein, sich auf die Suche nach einer Stelle für ein Arbeitstraining zu machen. Als sehr hilfreich empfinden viele auch die innovativen Gruppenangebote des Teilhabehauses zur Bewegung und Selbstwirksamkeit.“

Insgesamt arbeiten im Teilhabehaus 19 Beschäftigte des Jobcenters Bonn und zwölf weitere Mitarbeiter von acht Netzwerkpartnern wie dem Diakonisches Werk, der Fachambulanz Sucht, dem Fachbereich Sozialpsychiatrie des Caritasverbandes, der Gemeindepsychiatrie Bonn-Rhein-Sieg, dem Verein Hilfe für psychisch Kranke Bonn/Rhein-Sieg, der LVR-Klinik Bonn, Pauke sowie dem Verein für Gefährdetenhilfe. Weitere Kooperationspartner sind die Arbeitsagentur Bonn, die Stadt Bonn, der Landschaftsverband Rheinland und die Deutsche Rentenversicherung.

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