Hohe Preise für Diesel und Düngemittel Ukraine-Krieg belastet Landwirte in der Region
Duisdorf · Hohe Diesel- und Düngemittelpreise als Folge des Ukraine-Kriegs belasten die Landwirte in der Region. Ihre Vertretung mit Sitz in Duisdorf fordert die Politik zum Handeln auf.
Die ersten Getreidefelder zwischen Ückesdorf und Röttgen sind bereits abgeerntet. Landwirt Johannes Brünker aus Swisttal wird in dieser Woche seine Gerste einfahren. Weizen, Dinkel und Hafen bleiben hingegen noch ein paar Tage stehen. „Die Qualität und die Menge sind in diesem Jahr gut“, sagt der Vorsitzende der Kreisbauernschaft Bonn/Rhein-Sieg.
Dennoch sind die Zeiten für ihn und seine Berufskollegen alles andere als rosig: Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Preisanstiege für Energie, Betriebsmittel und Produktion treiben die Unternehmenskosten immer weiter in die Höhe. Ein Problem, das jedoch nicht nur die Bauern trifft, sondern irgendwann alle im Land. Die Lebensmittelpreise im Einzelhandel steigen. Manch ein Kunde verzichtet bereits auf regionale Qualität und greift zu Billigware aus dem Ausland.
„Die Verbraucher werden am Ende die Zeche zahlen“, prognostiziert Bernhard Conzen, Präsident des in Duisdorf ansässigen Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes. Er vertritt die Interessen von Ackerbauern, Tierhaltern, Milchvieh- und Sonderkulturbetrieben gegenüber Politik, Verwaltung und Gesellschaft. Allein am Standort Duisdorf arbeiten 100 Beschäftigte.
Die Rahmenbedingungen für die Erzeugen haben sich seit Ausbruch des Ukraine-Krieges deutlich verschlechtert. „Wir befürchten einen Umsatzeinbruch in der Direktvermarktung um rund 25 Prozent. Viel gravierender wird es im Biobereich sein“, sagt Conzen, denn in wirtschaftlich schwierigen Zeiten greife der Kunde eher zu Importware, anstatt zu nachhaltig und regional produzierten Produkten. „Dann kommen eher Lebensmittel aus Ägypten oder Israel in den Einkaufswagen“, beklagt der Präsident. Dabei sei die hiesige Landwirtschaft immer ein Garant für den Wohlstand der Gesellschaft gewesen. „Wenn Lebensmittel günstig sind, dann hat der Verbraucher Geld für andere Dinge“, so Conzen. „Die Politik hat sich immer auf uns Landwirte verlassen.“
Seit Ende Februar haben sich die Vorzeichen jedoch verändert. Rund 200 Liter Diesel benötigt ein Erzeuger, um einen Hektar Land zu bewirtschaften. Kostete ein Liter Dieselkraftstoff nach Angaben des ADAC Anfang 2016 noch 99 Cent, so ist heute längst die Zwei-Euro-Marke geknackt. Eine ähnliche Entwicklung auch bei den Düngemitteln. „Heute muss man rund 1000 Euro für eine Tonne Stickstoffdünger bezahlen. Im vergangenen Jahr waren es noch 180 bis 200 Euro“, berichtet Conzen.
Dabei verfüge das Rheinland über hervorragende Böden sowie ein gutes Klima für die Lebensmittelproduktion, aber „es ist fünf vor Zwölf“, mahnt der Verbandspräsident. Er befürchtet, dass durch die derzeitigen Wettbewerbsbedingungen immer mehr Betriebe aufgeben werden. „Wenn die Politik jetzt nicht reagiert, dann leiden nicht nur die Landwirte, sondern vor allem die Verbraucher“, befürchtet er.
Landwirte wollen bei Tierwohl einbezogen werden
Neben den unkalkulierbaren Energie- und Betriebskosten bereitet dem Verband jedoch auch die aktuelle Politik Kopfzerbrechen. „Mit Sorge betrachten wir die Diskussionen über Tierhaltung und Tierwohl“, so Conzen. „Wir fordern, dass diese Themen sachgerecht und wissenschaftlich fundiert begleitet werden. Wir sind die Fachleute, wenn es um die Veredlung in der Tierhaltung geht. Wir wollen mit am Tisch sitzen.“
Am Ende entscheidet bei vielen Verbrauchern jedoch der Preis. „Für den Umbau einer zukunftsorientierten Landwirtschaft sind Milliarden notwendig. Vor dem Ukraine-Krieg hätten wir uns dieser Herausforderung stellen können“, so der Verbandspräsident. Doch nun gelten andere Regeln. Er rechnet damit, dass die Verschuldung der Betriebe, die hohe Inflation und die steigenden Lebensmittelpreise für alle – Produzenten und Konsumenten – nicht ohne Folge bleiben werden. „Ich befürchte, dass in zehn Jahren jeder zweite Landwirt seinen Betrieb aufgegeben hat“, so Conzen. „Die Politik muss jetzt reagieren. Sonst ist es zu spät.“
Sorge um die Zukunft macht sich Johannes Brünker natürlich auch. Trotz der guten Ernteaussichten für dieses Jahr. Doch wie geht es weiter? „Wir werden die nächste Ernte durch Vorkontrakte absichern“, sagt er. „Damit ist die Kuh zwar noch nicht vom Eis, aber wir haben eine gewisse Sicherheit.“ Das empfiehlt Verbandspräsident Conzen auch seinen Mitgliedern. Dies kann jedoch kein Allheilmittel sein. „Ich mache mir derzeit Sorgen, wie sich die Energiekosten bis Ende des Jahres entwickeln werde“, blickt er wenig optimistisch in die Zukunft.