Bunte Pferde und kölsche Bierdeckel Was der Bonner Künstler Jan Künster während Corona geschaffen hat

Ippendorf · Der Künstler Jan Künster ist zu einer Berühmtheit in der Welt des Reitzirkus geworden, seit er 1983 versuchsweise seine ersten 23 Pferdebilder auf einer Reitveranstaltung in Oldenburg zeigte. Mittlerweile hat der Familienbetrieb aber auch viele andere Dinge im Angebot.

Bonn: Was der Künstler Jan Künster während Corona geschaffen hat​
Foto: Stefan Hermes

„Wir sind bisher gut durch die Corona-Zeit gekommen“, sagt Jan Künster (70). Er könne nicht klagen. Zwar habe der Künstler, der ein weltweites Renommee durch seine Pferdebilder und -studien genießt, seine Galerie in der Kölner Altstadt für sieben Monate schließen und Personal sowie Miete weiterbezahlen müssen, aber trotzdem seinen Umsatz in der Pandemie verdreifachen können. „Da ging eben alles online“, sagt er. Zudem waren Galerie und Verkaufsräume in seinem Wohnhaus am Gudenauer Weg größtenteils zugänglich – wenn auch zeitweise nur nach telefonischer Vereinbarung.

Das Elternhaus von Künster hat sich im Laufe der Jahrzehnte zu einer Zentrale des Familienbetriebs von Jan und Milca Künster entwickelt. „Wir stellen alles ausschließlich in Deutschland her und beschäftigen zeitweise bis zu 18 Personen“, so Künster. Darunter ist auch der ebenfalls inzwischen zu Ruhm gekommene Sohn Moritz „Mump“ Künster (48), der als Fotograf schon Musikergrößen wie Zucchero, Ellie Goulding, Mando Diao, Gary Clarke Jr. oder Motörhead ablichtete. Im elterlichen Betrieb ist er für die Druckvorstufe aller Verlagsprodukte der Künsters zuständig. Hunderttausende von Kunstdrucken, Kalendern, Büchern und Karten sind durch ihn in Form gebracht. So, wie auch Tochter Dina (38), die als Architektin maßgeblich für der Gestaltung der Produkte des Familienunternehmens zuständig ist und ihre Schwester Tiffany (32, Bonna 2016), die als für Marketing- und PR-Fachfrau Social Media und Öffentlichkeitsarbeit für die Eltern leistet.

Bierdeckel mit ungeahntem Erfolg

„Nur über meine Leiche“, hatte Jan Künster noch über die ihm absurd erscheinende Idee seines Sohnes gescherzt, nun auch noch Bierdeckel mit seinen Illustrationen zum kölschen Grundgesetz herauszubringen, doch der überwältigende (Verkaufs-)Erfolg überzeugte letztlich auch ihn. So scheinen vor allem die Kölner „Devotionalien“ mit allem, was den Dom ziert ein Erfolgsmodell aus dem Hause Künster zu sein. Dicht gefolgt von der Künster-Erfindung der Kochclowns, die die auch lesenswerten Kochbücher von Milca Künster auf lieblich bunte Art illustrieren.

Dass Künster vornehmlich „leichte Kost“ produziert, ficht ihn nicht an. Er mag es positiv, sagt er und nehme sich die Freiheit, alles zu machen, was ihm gefalle. Dabei dürfte nur seine Frau, mit der er im kommenden Jahr 50 Jahre verheiratet sein wird, eine von ihm ernst genommene Kritikerin zu sein. Die Rechtsanwältin hat sich inzwischen ganz und gar dem Familienbetrieb gewidmet und managt nicht nur das Kaufmännische, sondern schreibt auch alle Texte und liefert Ideen für Künster-Projekte.

Pferde-Anatomie begeisterte die Fachwelt

Jan Künster ist zu einer Berühmtheit in der Welt des Reitzirkus geworden, seit er 1983 versuchsweise seine ersten 23 Pferdebilder auf einer Reitveranstaltung in Oldenburg zeigte. Es schien, als habe die Reitwelt auf den Künster-Stil gewartet: Seine künstlerischen Studien der bewegten Pferde-Anatomie begeisterten weltweit die Fach- und Liebhaberwelt. Was anfänglich für kaum mehr als hundert Mark den Besitzer wechselte, ist im Original heute schon mal einen zweistelligen Tausenderbetrag wert. Von der CHIO in Aachen über Royal Ascot, den Melbourne Cup oder den Pariser Prix d’Amerique bis hin zu den Olympischen Reiterspielen in Tokio: Die Fachwelt kennt und sammelt Künster.

In dem begnadeten Zeichner, Maler und Illustrator dürfte auch ein guter Geschäftsmann stecken: „Zwei Seelen wohnen, ach, in seiner Brust“, wendet Milca Künster das Faust-Zitat auf ihren Mann an und ist davon überzeugt, dass Künster schon immer ein gutes Händchen für das Geschäftliche besaß. „Michelangelo oder Rembrandt haben auch mit bis zu 40 Mitarbeitern ihre Werke geschaffen“, sagt Künster dazu, der selten um ein passendes Argument verlegen ist und sich selber als der führende Pferdemaler in der Welt bezeichnet.

Beim Gang durch sein Atelier und die Ippendorfer Galerie gewinnt man jedoch auch schnell den Eindruck von seiner Vielseitigkeit. Künster bleibt bei seiner Führung vor einem erst kürzlich fertig gewordenen, knapp zwei mal drei Meter großen Acrylbild stehen, das er die „Schlacht um Mutter Erde“ nennt und sich dabei mit den dramatisch-apokalyptisch wirkenden Pferdedarstellung weit von der Leichtigkeit entfernt hat, die ansonsten einen „Künster“ auszuzeichnen scheint. „Ich male meist mit Kopfhörern von allem abgeschottet“, sagt er und startet zum Bild die Filmmusik zu „King Arthur“ von Hans Zimmer. Die nahezu erschlagene Bombastik der orchestralen Musik in der Künster auf die wahrnehmbaren galoppierenden Pferde aufmerksam macht, seien eine große Inspirationsquelle für sein Bild gewesen.

Ob „Mutter Erde“ oder auch das berührende schwarzweiß-Porträt eines jüdischen Mädchens in Auschwitz, zeigen Künsters Bandbreite, die bestätigt, dass er sich auf kein Genre festlegen möchte. „Mir hat noch nie ein Galerist oder Manager rein geredet“, sagt er und erinnert sich daran, wie er lediglich einmal dem Bertelsmannverlag seine Kochbuchidee vorgeschlagen hatte und nicht einmal eine Reaktion darauf bekam. Keineswegs ein Rückschlag: Seitdem betätigen sich die Künsters auch als Verleger und bringen inzwischen den neunten Band ihrer äußerst erfolgreichen Kochbuchserie heraus. „Meinen bunten Pferden oder auch der bunte Dom wäre von Galeristen sicherlich ebenso abgelehnt worden“, vermutet er und freut sich über den zunehmenden Erfolg dieser neuen Stilrichtung. „Das Tolle ist“, resümiert Künster, dass wir hier und jetzt jede Idee sofort umsetzen können. Milca Künster fügt noch hinzu, wie schön es sei, „dass wir das alles als Familienbetrieb ohne Fremdeinwirkung tun können.“

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