Welt-Alzheimertag in Bonn Bonner Arzt kämpft gegen das Vergessen

Bonn · Der Bonner Geriater Andreas Jakobs ist erster Vorsitzender der Alzheimer Gesellschaft Bonn/Rhein-Sieg. Er kennt die Bedürfnisse von Betroffenen und Angehörigen und versucht zu helfen. Ein Kampf gegen das Vergessen.

  Wie war das Wort nochmal? Wer regelmäßig vergessliche Momente hat, hat oft Sorge, dass sich eine Alzheimer-Erkrankung anbahnt.

Wie war das Wort nochmal? Wer regelmäßig vergessliche Momente hat, hat oft Sorge, dass sich eine Alzheimer-Erkrankung anbahnt.

Foto: dpa-tmn/Patrick Pleul

4400 Menschen erkranken in Bonn jedes Jahr an Demenz. 20.000 sind in Bonn bereits erkrankt. „Je älter wir werden, desto eher werden wir mit kognitiven Einschränkungen leben müssen. Es kommt auf alle von uns zu“, sagt Andreas Jakobs. Er ist Chefarzt der Geriatrie am Johanniter Krankenhaus und erster Vorsitzender der Alzheimer Gesellschaft Bonn/Rhein-Sieg, die in Hardtberg sitzt.

Eine Demenz schränkt die höheren kortikalen Hirnfunktionen ein. Zu denen zählen Orientierung, Gedächtnis, Handlungsplanung und Sprache. „Bei einer Alzheimer-Demenz sind nur diese Hirnfunktionen betroffen. Bei anderen Demenzen treten noch weitere Symptome auf“, sagt Jakobs. Die Symptome schreiten langsam voran und müssten für eine Diagnose mindestens sechs Monate bestehen.

Von den ersten Symptomen bis zum ersten Hausarztbesuch vergehen oft ein bis zwei Jahre. Die Erkrankung schreitet immer weiter fort und führt meist innerhalb einiger Jahre dazu, dass die Betroffenen pflegebedürftig werden. Im fortgeschrittenen Lebensalter könne es auch zur stufenweisen Verschlechterung durch zusätzliche Durchblutungsstörungen und Schlaganfälle kommen. In diesen Fällen spricht man von einer Mischdemenz.

In Bonn sei die Behandlung einer Alzheimerdemenz, wie in ganz Deutschland, sehr gut, sagt Jakobs. „Wir arbeiten beispielsweise sehr eng mit den Pflegeeinrichtungen in Bonn zusammen. Fast die Hälfte unserer Patienten kommt aus diesen Einrichtungen“, sagt Jakobs. Bonn hat außerdem das Alleinstellungsmerkmal des Deutschen Zentrums für neurodegenerative Erkrankungen und der Rheinlandstudie. Beide haben ihren Sitz in der Stadt und beschäftigen sich intensiv mit Demenzerkrankungen.

In Deutschland gibt es 1,8 Millionen demenzkranke Menschen, bis 2050 könnten es bis zu 2,4 Millionen sein. Zwei Drittel der Erkrankten sind von der Alzheimer-Krankheit betroffen. Für Angehörige sei die Erkrankung oft irritierend und verstörend. Am Anfang fielen die Veränderungen zwar auf, Angehörige könnten die Symptome aber selten richtig einschätzen. „Im weiteren Verlauf der Erkrankungen bedeutet die Betreuung eines an einer Demenz erkrankten Angehörigen viel Arbeit, da die Selbstständigkeit in den Alltagsfunktionen und die Tagesstrukturierung zunehmend verloren geht.

Betroffene merken, dass etwas nicht stimmt. Dadurch seien sie irritiert und verunsichert. Die Frustrationstoleranz nimmt ab. Teilweise häufen sich Streitigkeiten im Haushalt. Es sei wichtig zu verstehen, dass die Krankheit langsam voranschreitet. „Es wird bessere und schlechtere Momente geben. Für die Angehörigen ist es wichtig, die besseren Momente bewusst zu genießen“, sagt Jakobs.

Schlimm wird es, wenn der Betroffene den Angehörigen nicht mehr erkennt. Wenn die betroffene Person noch berufstätig ist, dann wird der gesamte Therapieprozess mit der Berufsaufgabe begleitet.

Wichtig sei, dass sich Betroffene und Angehörige fachlich beraten lassen, so Jakobs. Der erste Ansprechpartner sei der Hausarzt und anschließend dann ein Facharzt für Neurologie oder Psychiatrie. Der Arzt leitet dann auch mögliche therapeutische Maßnahmen ein.

 Andreas Jakobs ist Chefarzt der Geriatrie am Johanniter Krankenhaus.

Andreas Jakobs ist Chefarzt der Geriatrie am Johanniter Krankenhaus.

Foto: Johanniter

Eine entspannte Atmosphäre ist wichtig

„Im Verlauf der Erkrankung mit zunehmendem Zerfall der höheren kortikalen Gehirnfunktionen ist Liebe und Verständnis mit den Betroffenen sehr wichtig“, sagt Jakobs. Betroffene würden häufig sehr sensibel auf Gefühle, Stimmung und Ausstrahlung der betreuenden Personen und Angehörigen reagieren. Deshalb sei eine entspannte Atmosphäre in allen Lebenssituationen von Bedeutung.

Bei einer frühen Form einer Alzheimerdemenz helfen Medikamente, die höheren kortialen Funktionen für einige Monate oder wenige Jahre zu verbessern. Die Angehörigen berichteten dann von einem verbesserten Alltag.

Betroffene haben in Bonn verschiedene Anlaufstellen. Eine der wichtigsten ist die Alzheimer Gesellschaft Bonn/Rhein-Sieg. Dort gibt es Informationen und Unterstützung.

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