Von einer Krise in die nächste Das haben die Betreiber einer Bonner Jugendherberge erlebt

Venusberg · Winfried und Ute Hecker führen die Jugendherberge auf dem Venusberg. Erst blieben wegen Corona die Gäste weg, dann kamen Geflüchtete in der Herberge unter, später wohnten dort Leute, die nach der Flut im Ahrtal halfen. Trotz der schwierigen Situation erlebten sie auch schöne Momente.

Winfried und Ute Hecker stehen vor der Jugendherberge, die sie auf dem Venusberg betreiben.

Winfried und Ute Hecker stehen vor der Jugendherberge, die sie auf dem Venusberg betreiben.

Foto: Benjamin Westhoff

Mittlerweile laufen die Dinge wieder halbwegs normal auf dem Venusberg, aber die letzten beiden Jahre haben ihre Spuren hinterlassen. Erst mussten Winfried und Ute Hecker den Betrieb in der Jugendherberge wegen Corona einstellen, dann zogen Flüchtlinge ein und schließlich wohnten in dem Haus, das die beiden leiten, Menschen, die nach der Flut im Ahrtal halfen. „Da wird heute noch drüber gesprochen“, sagt Ute Hecker über die Zeit, als hier die Geflüchteten unterkamen. „Die Mitarbeiter haben das Leid der Menschen hautnah miterlebt.“

Die erste Jugendherberge übernahmen die Heckers 1987, seitdem haben sie einiges erlebt. Was aber ab März 2020 passierte, da sind die beiden sich einig, war die aufregendste Zeit in ihrer 35 Jahre währenden Laufbahn. „Als es mit Corona losging, standen wir von jetzt auf gleich ohne Gäste dar“, sagt Winfried Hecker, der mit seiner Frau auf der Terrasse der Jugendherberge sitzt und zurückblickt. Die beiden und ihre Mitarbeiter mussten in Kurzarbeit gehen, die Jugendherberge lief nur noch in einer Notbesetzung, damit jemand etwa Heizung und Kühlhaus kontrollieren konnte.

Im April 2020 kam die Bezirksregierung auf das Haus zu, weil sie eine Unterkunft für Geflüchtete suchte. Einen Monat später zogen die ersten neuen Bewohner ein. Vorher hatten sie etwa in Einrichtungen in Köln, Kerpen oder Euskirchen gelebt. Viele von ihnen gehörten Risikogruppe an, die durch das Virus besonders gefährdet waren. Ute Hecker erinnert sich noch gut ihr Schicksal: da war der Mann, der mehrmals in der Woche zur Dialyse musste, oder die Frau mit den Brandwunden im Gesicht.

Jugendherberge bekommt eine Isolierstation

„Das war schon eine Herausforderung“, sagt Winfried Hecker. Im Haus wurde eine Isolierstation eingerichtet, ein Tagungsraum wurde zur Arztpraxis, in der ein Mediziner seine Sprechstunde abhielt. Aber Probleme habe es in der Herberge, in der zwischenzeitlich 162 Geflüchtete lebten, keine gegeben, sagt Winfried Hecker. Aus anderen Häusern habe er von Schlägereien unter den Bewohner gehört. Bei ihnen habe es nur einmal einen lauten Streit gegeben, den der Sicherheitsdienst sofort schlichten konnte.

Ende Mai 2020 gab es zwölf Corona-Fälle in der Jugendherberge. Die Infizierten waren aus einer Einrichtung in Sankt-Augustin auf den Venusberg verlegt worden. Weil sie aber zunächst von den übrigen Bewohnern getrennt waren, musste die nicht in Quarantäne. Lieber als an diesen Zwischenfall erinnern sich Ute und Winfried Hecker an die geflüchteten Frauen, die während ihrer Zeit auf dem Venusberg Mütter wurden. Im März 2021 zogen alle Geflüchteten wieder aus.

Flutkatastrophe ganz nah miterlebt

Als im Sommer 2021 die Fluten das Ahrtal verwüsteten, kamen in der Jugendherberge viele Helfer unter. „Die Leute waren geschockt“, sagt Ute Hecker. „Die kamen abends spät, waren müde, und gingen am nächsten Tag um 6 Uhr wieder.“ So bekamen die Heckers und ihrer Mitarbeiter die Katastrophe ganz nah mit.

Mittlerweile ist in der Herberge wieder alles beim Alten – fast alles. „Viele Schulklassen kommen jetzt auch über Feiertage“, sagt Winfried Hecker. „Das hat es früher nicht gegeben.“ Er und seine Frau glauben, es liegt daran, dass Lehrer und Schüler endlich mal wieder rauswollen, weil sie so lange auf Klassenfahrten verzichten mussten. „Das merkt man den Klassen an“, sagt Ute Hecker. „Die Kinder haben einen echten Bewegungsdrang.“

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