Interview mit dem Bonner Roberto Lepore von der Handwerkskammer „Das Handwerk kämpft immer mit seinem Image“

Hardtberg · Roberto Lepore ist bei der Handwerkskammer dafür zuständig, junge Menschen für Handwerksberufe zu gewinnen. Im Interview spricht über das Image des Handwerks und darüber, ob es in der Region künftig noch schwieriger wird, Handwerker zu bekommen.

Bundesweit fehlen im Handwerk 200.000 Fachkräfte.

Bundesweit fehlen im Handwerk 200.000 Fachkräfte.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Warum wollen junge Menschen offenbar lieber in den Hörsaal als in die Werkstatt?

Roberto Lepore: Ich glaube nicht, dass alle in den Hörsaal wollen. Es gibt immer noch viele, die ihren Weg in die duale Berufsausbildung finden. Es ist allerdings schon richtig, dass die Ausbildung bei vielen jungen Menschen nicht mehr oben auf der Wunschliste steht. Das hat ganz vielfältige Gründe, auch die Eltern spielen eine große Rolle.

Ihre Rolle hat der Zentralverband des Deutschen Handwerks in einer Kampagne thematisiert. Auf den Plakaten heißt es: „Was spricht gegen eine Karriere im Handwerk? Meine Akademikereltern.“ Hat das Handwerk ein schlechtes Image unter Akademikern?

Lepore: Das Handwerk kämpft immer mit seinem Image. Es ist aber heute viel moderner, als es wahrgenommen wird. Im Elektronik-Handwerk zum Beispiel gab es in den letzten 15 Jahren eine unglaubliche Entwicklung, die noch nicht in den Köpfen der Menschen angekommen ist. Ich denke aber nicht, dass Eltern mit akademischem Hintergrund ihre Kinder zwangsläufig an der Uni sehen wollen.

Was macht die Handwerkskammer, um junge Leute aus Bonn und der Region für handwerkliche Berufe zu gewinnen?

Lepore: Wir sind ganz stark an Schulen unterwegs – auch Gymnasien. Wir machen dort Besuche mit Auszubildenden ab dem zweiten Lehrjahr, die davon erzählen, wie sie ihren Weg ins Handwerk gefunden haben. Wir haben auch eine eigene regionale Recruiting-Kampagne „Mach aus deinem Leben ein Werk“. Zudem arbeiten wir mit Jugendzentren zusammen, wo wir versuchen, mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Dabei merken wir immer wieder, dass viele junge Menschen Vorstellungen haben, die nichts mit den Berufsbildern zu tun haben.

Hat das Handwerk am Gymnasium einen schweren Stand?

 Roberto Lepore ist Abteilungsleiter Berufliche Orientierung in der Karrierewerkstatt der Kölner Handwerkskammer.

Roberto Lepore ist Abteilungsleiter Berufliche Orientierung in der Karrierewerkstatt der Kölner Handwerkskammer.

Foto: Tom Zygmann

Lepore: Es gibt Gymnasien, mit denen wir kooperieren, dort gibt es auch immer wieder junge Menschen, die sagen: Ich schaue mir das Handwerk mal ein bisschen näher an. Manchmal gibt es auch Lehrer, die ihre Schüler gar nicht im Studium sehen und dann Alternativen aufzeigen. Es gibt aber auch Gymnasien, die sich komplett verschließen und sagen: Alle unsere Schüler gehen studieren. Was uns an den Gymnasien immer wieder erstaunt: Die jungen Leute haben sehr wenig berufliche Orientierung. Sie haben nicht nur wenig Infos zur dualen Berufsausbildung, sondern generell darüber, was sie nach dem Abitur machen können.

Müssen sich die Leute in der Region Sorgen machen, bald überhaupt keinen Handwerker mehr zu bekommen?

Lepore: Nein, definitiv nicht. Es stimmt, dass Kundschaft momentan vereinzelt warten muss. In der Region haben wir es aber ein Stück weit verstanden, dem gegenwärtigen bundesweiten Trend – nämlich weniger Bewerber, mehr offene Stellen – entgegenzuwirken. Im Kammerbezirk sind 2022 mehr Ausbildungsverträge abgeschlossen worden als im Vorjahr. Wir merken, dass junge Menschen sich stärker für die Berufe interessieren, die mit der Energiewende zusammenhängen. Fakt ist aber auch, dass uns bundesweit schon jetzt 200.000 Fachkräfte im Handwerk fehlen. Deshalb wollen wir junge Menschen für das Handwerk begeistern, müssen aber auch Potenziale nutzen, die schon da sind – etwa Arbeitslose zu qualifizieren. Es gibt viel zu tun für die nächsten Jahre.

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