Friseurmeister Richard Stanik Der Udo Walz von Duisdorf

Duisdorf · Er war noch ganz klein, da raufte er schon durch die Haare seiner Tante. „Ich bin geboren als Friseur“, sagt Richard Stanik. Doch unter dem Namen kennen ihn die wenigsten. Früher sagten seine Kunden einfach, wir gehen zu „Chez Richard“.

 Richard Stanik (rechts) mit Schlagersänger Chris Roberts und Fans.

Richard Stanik (rechts) mit Schlagersänger Chris Roberts und Fans.

Foto: Richard Bongartz

Längst hat er seine Läden in Duisdorf und der City aufgegeben, doch selbst im Urlaub hat er heute noch Kamm und Schere immer dabei. Damit frisierte er schon manchen (früheren) Prominenten wie die Schlagersänger Chris Roberts und Karel Gott und auch Prinzessinnen. Stanik ist jetzt 71 und kann es immer noch nicht lassen, auch wenn er eigentlich in Rente ist. „Das Haareschneiden ist mein Leben, mein Hobby.“

Die Stammkunden dürfen an seiner Freizeit teilhaben, so wie Gerda Dax, deren neuer Schnitt gleich fertig ist. „Noch ein bisschen Haarspray? Ein kleiner Hauch. Schön wie immer. Geübt ist geübt“, macht Stanik seiner Kundin und sich Komplimente. Er mag sich, „ich habe mir selbst den Weg aufgezeigt“, sagt er und setzt sich in seinen verspielten italienischen Garten voller Putten, Statuen und üppigen Pflanzen, um in alten Alben mit Fotos und Zeitungsartikeln zu blättern. Selbst unter der Pflanzenlaube, wo ein Spiegel hängt, lassen ihn die Damen an die Haare. Gern verweilen sie auch nachher noch auf ein Glas Prosecco oder eine Tasse Kaffee.

Stanik ist am 17. Februar 1945 in Oberglogau in Oberschlesien geboren. Seine vier älteren Brüder sind bereits gestorben, die beiden Schwestern leben noch. Auf die Friseurlehre folgte 1969 die Meisterprüfung und direkt danach die Selbstständigkeit. „Am 19. August 1972 bin ich mit fünf Mark in der Tasche nach Deutschland gekommen“, sagt Stanik (sein Nachname bedeutet übrigens BH auf Polnisch), der drei Jahre später seinen ersten Laden an der Bornheimer Straße eröffnete.

1985 kam Chez Richard an die Rochusstraße, dann zusätzlich an den Schieffelingsweg. Auch wenn sich 30 Mitarbeiter in den Hochzeiten um die Kunden kümmerten, mussten diese manchmal bis zu drei Wochen auf einen Termin warten. Auf dem Friseurstuhl nahmen etwa schon Duisdorfer Weinköniginnen und Ex-Bezirksvorsteher Gerhard Lorth Platz.

Freundin und Kundin war auch Prinzessin Erina von Sachsen, die 2010 im Alter von 88 Jahren gestorben war. Sie heiratete Mitte 1985 den Textilfabrikanten Paul Spinat und zog mit ihm auf Schloss Drachenburg.

Da ging dann auch Richard Stanik zum Waschen, Schneiden, Legen ein und aus und steckte einer (leeren) Ritterrüstung aus Spaß auch mal eine Zigarette an. Auch Karin Prinzessin Sobieski zu Schwarzenberg schwor auf die Künste des Bonners. Ebenso Klavierbauer Henry Draht, der die Idee zu einem Kunden-„Walk of Fame“ im Garten von Chez Richard hatte. 19 Sterne sind mittlerweile in die Terrasse eingepflastert.

Stanik umweht der Hauch der High Society. Dazu kam es, weil er klugerweise eine französische Rezeptionistin hatte, die Kontakte zu den Botschaften in Bonn und zum Kleinen Theater in Bad Godesberg pflegte. Auch dass eine Freundin als Sekretärin in der Beethovenhalle arbeitete, war ein Sprungbrett für die Karriere. Doch ohne Fleiß und Können ging es nicht.

„Einen Haarschnitt kann ich überall bekommen, aber die Beziehung zu meinem Friseur kann niemand ersetzen“, ist so was wie der Wahlspruch bei Chez Richard. Klar hätten sich mal Kunden über den Schnitt beschwert, aber das komme bei jedem Handwerker mal vor. Die britische Popsängerin Kim Wilde wird wohl zufrieden gewesen sein, schenkte Stanik eine Autogrammkarte, worauf sie in Schwarzweiß mit 80er-Jahre-Frisur abgebildet ist.

Stanik ist so etwas wie der Udo Walz von Duisdorf. Seinen Berliner Kollegen kennt er persönlich. Gläubig ist er auch, verehrt die Mutter Gottes, die auf einem Altar am Garteneingang – gestiftet von Prinzessin Erina – steht und die er an einer Halskette als Medaillon trägt. Das war ein Geschenk für seine Mutter, das er nach ihrem Tod zurückbekam. „Der Glaube hat mir mein ganzes Leben geholfen“, sagt der Friseur, der vom Krakauer Bischof gefirmt wurde – keinem geringeren als dem späteren Papst Johannes Paul II.

Stanik kann noch viel erzählen, von seinen Reisen um den Globus für Wella, seinem Diplom Masters of Color, das als Schriftzug über der Garage hängt. Der Meister der Farben fürs Haar fühlt sich heute fantastisch, „körperlich und geistig wie mit 30 und 40“. Jetzt geht es für ein paar Wochen nach Bulgarien. Natürlich mit Kamm und Schere.

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