Hardtbergbad und Bäderkonzept "Die Zahlen sind willkürlich"

Hardtberg · Wie ein Dämon schwebt die Schließung des Hardtbergbades im Jahr 2017 über dem Stadtbezirk. Doch die Argumente der Stadtspitze für diesen Schritt stehen auf wackeligen Füßen. Der GA stellt die Argumente zu den Schließungsplänen auf den Prüfstand.

Mit den Zahlen, die als Argumente genutzt werden, geht es munter hin und her.

  • Schlechte Auslastung: Das Hardtbergbad ist das Bonner Bad mit den wenigsten Besuchern, hatte OB Jürgen Nimptsch zur Begründung gesagt. 2011 seien es dort "nur" 124 000 Badegäste gewesen und damit kaum mehr als im Frankenbad (118 500), obwohl dieses im Sommer drei Monate geschlossen war und auch keinen Außenbereich hat. Tatsache ist: Im Mittelwert der letzten zehn Jahre (2001-2010) hatte das Hardtbergbad laut Bädergutachten die meisten Besucher (je 140 676) aller Bonner Bäder, weit abgeschlagen das zweitplatzierte Frankenbad (99 956). Als zugkräftigstes Freibad steht das Römerbad da (91 361), alle anderen Freibäder haben deutlich weniger Besucher.
  • Junge Besucher: Bei allen Zahlen zu den Badegästen ist zu bedenken: Sie sind nicht vollständig. Denn Kinder unter sieben Jahren müssen laut eines Ratsbeschlusses keinen Eintritt bezahlen und werden dadurch auch nicht als Besucher der Bäder erfasst.
  • Hohe Zuschüsse: In der Tat verschlingt das Hardtbergbad gut eine Million Euro pro Jahr an Zuschüssen - die höchsten aller Bäder. Der Grund liegt eben genau in der Funktion als Kombibad mit Frei- und Hallenbad. Diese ganzjährige Nutzung führt erst zu den hohen Besucherzahlen, aber auch zu höheren Zuschüssen und höheren Personalkosten.
  • Reparaturen: Das Bad benötige 15 Millionen Euro an Investitionen, teilte die Stadtspitze mit. Wirklich? Vor zwei Jahren hieß es noch offiziell (nachzulesen in der GA-Bäderserie): Der Sanierungsbedarf liegt hier bei 4,1 Millionen Euro, und zwar für neue Beckenköpfe sowie für Dach und Fassade - aber ohne Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität.
  • Sanierung: In 2012 attestierte die Gutachterin schon einen Sanierungsstau von zehn Millionen Euro. Davon entfallen neun Millionen auf Sanierung und (!) Modernisierung (z.B. Neubau des Eltern-Kind-Bereichs). Die restliche Million war für die Freibad-Beckenköpfe eingeplant.
  • Investitionen: Inzwischen werden sie auf 15 Millionen Euro taxiert. Wie kann das sein? Lösung: Darin ist auch der komplette Spaßbad-Ausbau enthalten, also mit Neubau eines Strömungskanals, Großrutsche und Spaßbecken ähnlich dem Aggua/Troisdorf oder dem Karlsbad/Brühl. Alles schöne Dinge und wünschenswert, aber nicht unbedingt nötig zur Daseinsvorsorge. Zur Argumentation der Schließung taugt die höchste Zahl allerdings umso besser. Dieter Steffens (CDU) ist seit 1999 im Stadtrat und kennt die Zahlen, denn er war lange Vorsitzender des Sportausschusses. Als in der Bezirksvertretung Hardtberg jetzt über die Bad-Pläne diskutiert wurde, platzte ihm der Kragen. "Diese 15 Millionen Euro an Investitionen für das Hardtbergbad stimmen nicht, die sind willkürlich gegriffen", sagte er und fragte sich, wie die Verwaltung auf so einen astronomischen Betrag kommt. So kaputt könne das Bad gar nicht sein. "Oder sind die Becken mit Säure gefüllt worden", fragte er.
  • Der Kletterwald: Er trägt laut Stadt nicht dazu bei, mehr Badegäste anzulocken ("die Leute klettern und gehen dann"). Tatsache aber ist: Kletterer bezahlen den Bäder-Eintritt automatisch mit, die Stadt erzielt dadurch also Einnahmen, und zwar nach der Anzahl der Kletterer. Das sind pro Jahr rund 7000, im ersten Jahr kamen dadurch 13 000 Euro zusätzlich in die Stadtkasse. Der Werbeeffekt: "Dass Leute beide Angebote (Baden und Klettern, d. Red.) zeitgleich nutzen, hat tatsächlich nicht stattgefunden", sagt Bronx Rock-Chef Herbert Büttgen. "Aber viele sind durch den Badbesuch erst auf uns aufmerksam geworden. Und das funktioniert für beide Seiten."
  • Das Erlebnisbad: Nach allen früheren Plänen sollte das Hardtbergbad zum familienfreundlichen Event-Bad ausgebaut werden, unter anderem mit einem Leuchtturm, von dem aus eine Rutsche in ein "Abenteuerbecken" mit Wasserfällen führt. Gleichzeitig sollte ein "Sportbecken" erhalten bleiben, wo aktive Schwimmer ihre Bahnen ziehen können. Außerdem hatten die Architekten eine familienfreundliche Textilsauna vorgeschlagen.
  • Die Empfehlung: Die Gutachterin hatte geraten, das Bad zu erhalten, setzte es auf Platz zwei der Bonner Hallenbäder hinter das Kurfürstenbad, weil es "hinsichtlich Angebotsstruktur und Bedarfsgerechtigkeit mit einer Zielgruppenansprache begonnen hat und über die Möglichkeit verfügt, noch attraktiver zu werden. Eine Bedingung hierfür besteht in der konsequenten Positionierung als Sportbad mit ergänzendem Angebot aus dem Segment Fun, Spaß und Action. "
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