Unterwegs in Duisdorf und Medinghoven Diese Polizisten verteilen lieber Denk- als Strafzettel
Hardtberg · Die Polizisten Wolfgang Eifinger und Ralf Waldbröhl zeigen bei regelmäßigen Rundgängen Präsenz in Duisdorf und Medinghoven. Dabei haben sie ihre ganz eigene Art, mit den Menschen umzugehen.
Außer Atem hastet eine junge Frau abends durch die Unterführung zum Duisdorfer Bahnhof. „Kann ich Ihnen helfen?“ spricht Polizeihauptkommissar Wolfgang Eifinger sie an. Die Frau winkt ab. „Ich muss zur Bahn.“ Das ist eine plausible Erklärung. Für den Polizisten hatte sich jedoch im ersten Moment eine weitere Deutung der Situation ergeben. „Es hätte auch sein können, dass die Frau vor einer Bedrohung flüchtet und Hilfe benötigt. Daher spreche ich sie an.“
Der Leiter der Wache Duisdorf und Bezirksbeamter Ralf Walbröhl laufen an diesem Abend Streife. Eine große Runde. Auffällig, wie unterschiedlich Passanten auf die beiden Männer in Uniform reagieren. Viele grüßen, manche sogar überfreundlich, andere blicken vor sich hin. Einige nehmen sogar einen anderen Weg. „In Uniform sind wir von Weitem erkennbar. Ein Überraschungsmoment gibt es eher nicht.“ Es gehe dann weniger um Kontrolle, sonder eher darum, Präsenz zu zeigen. Denn vor allem abends beklagten Bürger, dass sie sich an manchen Ecken im Stadtbezirk unsicher fühlen. Zum Beispiel auf Wegen rund um den Duisdorfer Bahnhof und jenseits der Gleise Richtung Rosenhain. Kein Licht, kein Mensch unterwegs – unheimlich.
„Sicherheit ist hell, nicht gemütlich“, lautet Eifingers Definition. Sein Kollege Walbröhl macht es an dem krassen Unterschied zwischen dem ausgeleuchteten und mit Kameras versehenen Bahnhofsgelände und den stockfinsteren Verbindungswegen drumherum deutlich. „Da muss kein böser Mann stehen, aber die Schatten verunsichern. Dann keimt Angst auf.“ Außerdem hat er festgestellt, dass verwahrloste Gelände wie etwa hinter den Gleisen offensichtlich animieren, zu dem Müll, der dort liegt, immer noch weiteren zu werfen. Oder Graffiti zu sprühen. Erst eins, dann kommen immer mehr hinzu. Neben Präsenz und Helligkeit ist Ordnung für Eifinger ein wichtiger Ansatzpunkt in der Polizeiarbeit.
Unterm Strich seien die Fallzahlen – etwa Straßenkriminalität, Körperverletzung, Eigentums- oder Raubdelikte – in der Statistik für Hardtberg rückläufig. „Im Vergleich gibt es keine Auffälligkeiten und keine Schwerpunkte an Straftaten, auch wenn nicht alles perfekt ist. Ein Ordnungsfaktor sind die gewachsenen sozialen Strukturen.“ Die Rolle der Polizei in diesen Strukturen sieht Eifinger „als Schutzmänner, ausgleichend, als Friedenstifter und Vertrauenspersonen, die man jederzeit ansprechen kann“. Und er vertritt den Grundsatz, „die Dinge offen und ehrlich anzusprechen“. Daher sei ein Hand in Hand arbeitendes Netzwerk aus Verwaltung, Ordnungsamt, Politik, Jugendpflegern und Vereinen sehr wertvoll. „Der regelmäßige Austausch über Auffälligkeiten macht uns sensibel, wo potenziell Probleme entstehen könnten oder einfach nur, wo helle Lampen fehlen.“
Auf Streife spricht Eifinger viele Menschen an, kennt auch viele, fragt die ältere Dame, ob sie noch einen weiten Weg vor sich hat. So entwickelt sich ein kurzes Geplauder übers Wetter und kalte Hände. Von einer Gruppe junger Männer will er wissen, wohin sie unterwegs sind. Mit Blick auf die geöffneten Bierflaschen, die sie tragen, will er auch wissen, ob sie volljährig sind. Allgemeines Nicken. „Na dann. Schönen Abend noch!“ Eifinger und sein Kollege Walbröhl wirken entspannt. Doch es gibt einen Punkt, da wird es sofort dienstlich. „Die Autorität der Polizei zu untergraben, das geht gar nicht.“ Das Beispiel dazu liefert eine Autofahrerin, die ihr Fahrzeug unter den Augen der Polizei im Halteverbot abstellt. In einem anderen Fall ist es ein sichtlich überladenes Auto. „Fahren Sie Ihr Wohnzimmer spazieren?“, fragt Eifinger den ertappten Fahrer durch das heruntergekurbelte Fenster. Der versichert rasch, nur eben in eine Parklücke rangieren zu wollen. Freilich weiß der Polizist, dass nicht immer alles wahr ist, was ihm erzählt wird. Diesmal geht er der Sache nicht weiter nach. „Je nach Situation ist ein Denkzettel besser als ein Strafzettel.“
Der Rundgang führt die beiden Schutzmänner auch durch Medinghoven. Am Treppenabgang zum Brunnen in der Ladenzeile stehen acht junge Männer. Als sie der Polizei gewahr werden, bleiben nur sechs. Sie haben Sporttaschen dabei. Essen und Getränke sind auf dem Geländer abgestellt. Eifinger zieht sie ins Gespräch. Man kennt sich. „Warum sind die anderen abgehauen?“ Achselzucken. Auf die weiteren Fragen nach woher und wohin geben sie bereitwillig Auskunft. Ob sie ihren Müll auch wegräumen? „Auf jeden Fall. Der Müll macht Augenkrebs.“ Der Wortführer schlägt ein Fußballspiel der Polizei gegen seine Gruppe vor. „Nur wenn die Polizei gewinnt“, lehnt Eifinger dankend ab. „Hier in Medinghoven ist nichts los. Hier gibt es kein Angebot für uns“, beschwert sich Jasmin Calacovic. „Ein Treffpunkt wäre schon eine gute Sache, dann müsstet ihr nicht auf der Straße stehen“, räumt Eifinger ein. „Der sollte dann aber auch eine Leitung und Strukturen haben.“ Das Projekt will er unterstützen.