Porträt von Julio Baterista Drummer aus Bonn spielt Konzerte an ungewöhnlichen Orten

Brüser Berg · Alles fing damit an, dass er als Achtjähriger auf Kartons trommelte. Heute lebt der Bonner Schlagzeuger Julio Baterista von der Musik. Manchmal spielt er auch gerne spontane Konzerte und macht dabei besondere Orte zu seiner Bühne.

Julio Baterista spielt ein Konzert auf der Verkehrsinsel am Konrad-Adenauer-Damm.

Foto: Benjamin Westhoff

Sein Schlagzeug selber aufzubauen, das ist Julio Baterista nicht mehr gewohnt. Aber das hier sind besondere Umstände, und deswegen übernimmt er den Job selbst. Baterista steht auf einer Verkehrsinsel am Konrad-Adenauer-Damm und ist gerade dabei, alles für seinen Auftritt vorzubereiten. Abgesehen von den Becken steht sein Instrument schon. Gleich soll hier seine Show beginnen.

Es ist nachmittags, zwischen den Wolken scheint ab und zu die Sonne durch, und obwohl es Oktober ist, ist es noch warm genug, um T-Shirt zu tragen. „Ich bin viel im Karneval unterwegs. Da baut jemand das Schlagzeug für mich auf“, sagt Baterista, dessen Ding eigentlich Metal ist. Im Karneval hilft er bei verschiedenen Bands am Schlagzeug aus. Weil manche von ihnen so viele Auftritte am Tag haben, komme es vor, dass das Instrument auf die Bühne geschoben wird – und nach der Show direkt wieder runter und ab in den Wagen, bevor es zur nächsten Show geht.

Während er die letzten Teile aus dem Auto holt, das ein paar Meter weiter parkt, erzählt Baterista, wie er mit dem Schlagzeug angefangen hat und wie er zum ersten Mal auf der Straße spielte. Als Achtjähriger fing er an, auf Kartons zu trommeln, bis ihn seine Eltern dann in die städtische Musikschule in Duisdorf schickten.

Mit dem Schlagzeug im Einkaufswagen nach Köln

Später, da war er schon 17,18, fuhr er zusammen mit einem Kumpel im Zug nach Köln, um auf der Straße Schlagzeug zu spielen. Das Instrument transportierten sie in einem Einkaufswagen oder mit der Sackkarre. „Damals hatte ich noch keinen Führerschein“, sagt Baterista. Mit den Auftritten verdiente er sich ein bisschen was dazu. Innerhalb von 20 Minuten kamen in der Kölner Innenstadt schon mal 80 Euro zusammen.

Heute lebt Baterista von der Musik, nicht nur als Aushilfs-Trommler in verschiedenen Bands, sondern auch als Studiomusiker und Musiklehrer. Die Straßenmusik hat er nie ganz aufgeben, immer mal wieder Konzerte vor seiner Haustür gegeben – Baterista wohnt nur ein paar Minuten entfernt vom Konrad-Adenauer-Damm.

„Ich hab‘ das nach Lust und Laune gemacht, immer relativ spontan“, sagt Baterista über die Konzerte. Als dann während Corona gar nichts mehr für Musiker ging, war er öfter hier an der Kreuzung. Die Aktion komme gut an, berichtet Baterista: Leute bleiben stehen, hupen, reichen auch mal einen Zwanni aus dem Fenster. Manche drehen sogar noch eine extra Runde um die Verkehrsinsel, damit sie ihm länger zuhören können. Den Rekord hält vermutlich seine 90 Jahre alte Nachbarin, die es bei einem Auftritt auf fünf Runden brachte. Einer seiner Kumpel, der Busfahrer ist, machte auch schon mal die Tür auf, während er hielt, damit die Fahrgäste mehr von dem Konzert hatten.

Die Show auf dem Konrad-Adenauer-Damm beginnt

Dann ist das Instrument aufgebaut und es ist Zeit für den Auftritt. Baterista setzt sich an sein Schlagzeug und los geht’s. Es dauert vielleicht eine Minute bis die ersten Autofahrer auf die Hupe drücken, den Daumen aus dem offene Fenster halten oder das Handy zücken, um Fotos und Videos zu machen. Ein Autofahrer sitzt in seinem Wagen und trommelt auf dem Lenkrad mit, bis die Ampel auf Grün springt und es für ihn weitergeht.

Nach knapp zehn Minuten legt Baterista die erste kurze Pause ein. Wie passen Metal und Karneval eigentlich zusammen? „Metal brauche ich auf jeden Fall“, sagt er. „Ich bin aber auch jeck und feier den Karneval – sonst würde ich das nicht machen.“ Viele Leute würden den Karneval belächeln, aber für ihn sei das eine sehr gute Übung, um fit zu bleiben; auch die Songs seien nicht alle so leicht, wie viele denken.

Dann kommt das Gespräch auf sein aktuelles Projekt Radiogeist. Dafür arbeitet er mit einem Sänger aus London und einem Gitarristen aus Düsseldorf zusammen. Im November bringen sie ihren Alternative Rock für eine Show nach Bulgarien, im Februar spielen sie in Schweden.

Aber erst mal geht es für ihn zurück ans Schlagzeug, auf dessen Bass Drum eine Ananas zu sehen ist. Als Baterista wieder eine Pause macht, erklärt er, was es damit auf sich hat, oder versucht es: „Ich fand die immer geil, wir ziehen uns gegenseitig an.“ Er hat sie sich auch auf den Unterarm stechen lassen, als Totenkopf mit tropischem Hintergrund. Eine zweite kleine ziert seinen Mittelfinger. Daher bietet sich die Frage an: Wem würde er gerne mal den Mittelfinger zeigen?

Das Publikum wünscht sich noch einen Song

Da braucht er etwas Bedenkzeit, hat die Antwort aber, nachdem er eine kurze Schlagzeug-Einlage abgeliefert hat. „Dem Ordnungsamt von Düsseldorf“, sagt er. Dort lebt seine Freundin, die Parkplatzsituation im Viertel ist angespannt, und daher klebt öfter mal ein Knöllchen an der Scheibe seines Autos. „Ich habe denen schon so geisteskrank viel Geld überwiesen“, sagt Baterista.

Er ist gerade dabei zu erzählen, was sein schlimmstes Erlebnis auf der Bühne war (Er musste aufs Klo, der Soundmann übernahm kurz), als eine Frau das Fenster ihres Wagens runterlässt und fragt: „Kannst du was spielen?“ Kann er. Und dafür gibt es von ihr einen Daumen nach oben, als sie weiterfährt.