Corona-Pandemie Duisdorfer verzichten auf weite Reisen im Urlaub

Duisdorf. · Eine Umfrage in Bonn-Duisdorf zeigt es: Auch hier ziehen Bürger aufgrund des Coronavirus aktuell den Urlaub in Deutschland oder im eigenen Garten einer Flugreise vor.

 Gilbert Kortendieck und Mitarbeiterin Claudia Wiedeler vor ihren Reiseprospekten.

Gilbert Kortendieck und Mitarbeiterin Claudia Wiedeler vor ihren Reiseprospekten.

Foto: Stefan Hermes

„Es ist deutlich zu spüren, dass die Duisdorfer noch Ängste haben, im Ausland Urlaub zu machen“, sagt Gilbert Kortendieck. Der Inhaber des Duisdorfer Reisecenters auf der Rochusstraße schätzt, dass neun von zehn seiner Kunden in diesem Jahr nicht mehr verreisen werden. „Jetzt investiert man statt in den Urlaub lieber in den Garten, in Renovierungen oder kauft sich E-Bikes“, vermutet der Reisefachmann. Seine Mitarbeiterin Claudia Wiedeler ergänzt, dass insbesondere alle Fern- und Studienreisen sowie das Geschäft mit den Kreuzfahrten mehr oder weniger restlos eingebrochen ist.

Für die gesamte Reisebranche eine Katastrophe: Die oftmals langwierigen Beratungen und Recherchen, die im vergangenen Jahr den Buchungen vorausgingen, wurden durch die Corona-Pandemie zunichte gemacht. Während ein Großteil der Kunden – dank der Bemühungen ihrer Reisebüros – Buchungen stornierten und geleistete Anzahlungen zurückbekamen, wurde den Touristikfachleuten ihre erhebliche Mehrarbeit nicht nur von niemandem bezahlt, sondern führte auch noch dazu, dass ihre Provisionen zurückerstattet werden mussten.

„Praktisch sind wir seit vier Monaten ohne nennenswerte Einnahmen“, sagt Kortendieck. Weder die Vermieter seiner Geschäftsräume noch die Touristikveranstalter sind dem Geschäftsinhaber in irgendeiner Weise entgegengekommen. Zwei seiner Mitarbeiter hat er kündigen müssen. Nun sind sie noch zu Viert. Zudem seien jetzt auch noch die Buchungen für den Winter weggebrochen. Weder Ziele in der Karibik noch Kreuzfahrten in warmen Gewässern können zurzeit angeboten werden. Stammkunden hätten schon tröstend zugesichert, im nächsten Jahr wieder bei ihm buchen zu wollen. „Das Mitgefühl tut gut“, sagt Wiedeler. „Mal sehen, wer von den Veranstaltern im nächsten Jahr noch dabei ist“, ergänzt der Kortendieck mit resigniertem Unterton.

„Dabei ist es gerade jetzt auf den Balearen richtig angenehm“, versucht Wiedeler die Grabesstimmung der Branche aufzuheitern. Jetzt könne man dort wunderbar Urlaub machen. Man habe genügend Platz und selbst die Preise hätten dort nicht angezogen. Eine Woche im Vier-Sterne-Hotel mit Flügen und allem Drum und Dran sind selbst jetzt in der Hochsaison noch für weniger als 700 Euro zu haben. Als etwas unverschämt könnte man dagegen die Preise für eine Ferienwohnung in Holland am Meer ansehen, für die gut und gerne 2500 Euro pro Woche berechnet würden. „Die Preise dort sind explodiert“, stellt Wiedeler fest. Dennoch wissen sie und ihr Chef noch kurzfristig einige attraktive Urlaubsziele anzubieten. „Eigentlich sind die Duisdorfer extrem reisefreudig“, sagt Kortendieck.

Deutsche Küste statt Wanderurlaub in Österreich

Manuela und Frank Behrendt hatten beispielsweise mit ihren Kindern und einer befreundeten Familie bereits eine Segelwoche auf dem Ijsselmeer gebucht. Da jedoch auch in den holländischen Häfen mit erheblichen Einschränkungen zu rechnen ist und die Charter für die Yacht nicht storniert, sondern nur verschoben werden konnte, werden sie dort nun erst später im Jahr die Segel setzen. Mehrfach haben sie die Sommerurlaube an Nord- und Ostsee sowie auf den Kanaren verbracht. Corona-bedingt hatten sie sich zunächst für einen Wanderurlaub in Österreich entschieden. Doch die Unsicherheit, was in einem Infektionsfall dort passieren könnte, ließen sie ihre Pläne verwerfen.

Nun sollte es wieder an deutsche Küsten gehen. „Doch schon im April war dort alles dicht“, mussten Behrendts erfahren. So entschied man sich für zwei Wochen Urlaub im bayerischen Inzell, wo ein Wandern in den Bergen wie auch Wassersport auf dem Chiemsee möglich sein wird.

Auch Michael Kremser aus Lessenich musste das Vorhaben, mit seiner Familie nach Irland zu fliegen ad acta legen. „Eine Woche Urlaub und zwei Wochen Quarantäne sind ein schlechtes Verhältnis“, sagt er und verspricht sich nun von einer Ferienwoche im Saarland, die er mit seiner Frau und drei Kindern in einem Centerpark verbringen wird, den gewünschten Erholungseffekt. Dagegen hatte Hannelore Schmitz aus Meßdorf in diesem Jahr nicht vor, in den Urlaub zu fahren. Mit ihrem vor zwei Jahren verstorbenen Mann hat sie 25 Jahre lang hintereinander Urlaub im Allgäu gemacht. Auch wenn er noch leben würde, ist sie überzeugt, wären sie der Infektionsgefahr wegen in diesem Jahr nicht in den Urlaub gefahren.

Reisewarnungen noch gültig

„Auf Mallorca muss man sich keine Sorgen wegen einer mangelnden Infrastruktur im Gesundheitsbereich machen“, sagt Reisefachmann Kortendieck. Und Kollegin Wiedeler zieht aus der von den großen Touristikunternehmen dominierten Prospektwand des Reisebüros die Balearen-Broschüre eines lokalen Veranstalters hervor. Sie ist davon überzeugt, dass nun die Stunde der kleinen und individuellen Reiseveranstalter geschlagen hat. Mit den Vor-Ort-Kenntnissen und Tipps der Reisebüros ließen sich gerade jetzt noch besonders schöne Urlaube auf griechischen Inseln, in Italien oder Spanien buchen. Für den Anflug auf Ziele in Marokko, Ägypten, Tunesien und in der Türkei muss man noch bis zum 31. August warten. Bis zu diesem Zeitpunkt gelten vorerst – neben weiteren 160 Ländern der Welt – die Reisewarnungen der Bundesregierung.

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