Berufliche Integration in Bonn Ein Sprungbrett in die Pflege

Bonn · Das Projekt „Sprungbrett Pflege“ ist kombinierte Vermittlung von Sprachkompetenz und Fachwissen zur Pflege. Dafür wurde der Verein schon ausgezeichnet

 DIe Teilnehmer und ihre Projektleiterin: Bore Veve (29), Hounda Ahamadou (21), Farhad Ghahremanfard (49), Mahomood Almut (25), Abdulhadi Al Keshwan (29) und Marie Geffroy (28)

DIe Teilnehmer und ihre Projektleiterin: Bore Veve (29), Hounda Ahamadou (21), Farhad Ghahremanfard (49), Mahomood Almut (25), Abdulhadi Al Keshwan (29) und Marie Geffroy (28)

Foto: Niklas Schröder

Das Projekt „Sprungbrett Pflege“ vom Verein für Pflege- und Gesundheitsberufe unterstützt Menschen langfristig bei einer beruflichen Integration in Pflegeberufe. Schwerpunkt des Projekts soll eine kombinierte Vermittlung von Sprachkompetenz und Fachwissen zur Pflege sein. Neben der beruflichen Qualifizierung werde damit gleichzeitig die soziale Integration gefördert, sagt Vereinssprecherin Sabine Yener. „Unser Projekt trägt damit zu der dringend benötigten Fachkräftesicherung für die Pflege bei.“ Besonders sei außerdem, dass die Menschen „individuell und persönlich“ begleitet und beraten würden. Unterstützung gebe es etwa beim Erstellen von Bewerbungsunterlagen, der Suche nach einem Praktikumsplatz und bei persönlichen Schwierigkeiten. Man habe jeden Teilnehmenden im Blick und führe regelmäßige Beratungsgespräche durch, fügt Yener hinzu.

Deutschlandweit einzigartiges Konzept

„Sprungbrett Pflege“ sei das Kernstück einer Bildungskette, die vom ersten Erwerb der deutschen Sprache über vorbereitenden Sprachunterricht, das Nachholen eines Schulabschlusses bis zur Ausbildung zu staatlich anerkannten Pflegefachkräften reicht. „Dieses Konzept des Bonner Vereins für Pflege- und Gesundheitsberufe ist deutschlandweit einzigartig“, sagt Yener. Begleitet werden die Schüler durch ein Patenschafts- und Mentoren-Programm: „Durch ehrenamtliche Paten werden die Schüler über das Angebot der Schule hinaus in ihrem Alltag, beim Deutscherwerb, bei der Vorbereitung auf die Ausbildung und in ihrer sozialen Integration an die Hand genommen und unterstützt“, heißt es. So werde eine durchgängige Förderung und Begleitung vom Einstiegs-Deutschkurs bis zum Durchlaufen der Ausbildung gewährleistet.

Mit dem Projekt konnte man in den vergangenen drei Jahren rund 300 Menschen erreichen, die Interesse am Pflegeberuf haben, sagt Projektleiterin Marie Geffroy. Viele der Teilnehmenden müssten aber vorerst einige Hindernisse überwinden. „Unter anderem das Erlernen der deutschen Sprache und das Nachholen eines Schulabschlusses.“ Psychische Belastungen wie Depressionen, Schwierigkeiten mit Jobzentren und Sozialämtern und die Angst vor Abschiebung kämen noch gewichtig hinzu. „Viele Frauen wollen eine Ausbildung machen, sie haben aber noch keinen Betreuungsplatz für Kinder“, schildert Geffroy die Situation. Hinzu kämen Menschen, die zwar seit zwanzig Jahren in Deutschland lebten, aber nach wie vor in ihrer Blase seien und nie einen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten hätten. „Ich will endlich auf eigenen Beinen stehen“, hört Geffroy regelmäßig von den Teilnehmern.

Schaut man auf den Fachkräftemangel in Pflegeeinrichtungen, wird schnell klar, dass die Stellen nicht nur mit Menschen aus Deutschland gefüllt werden können. „Die Lücke ist riesig und muss durch Migration geschlossen werden“, meint Geffroy. Es gebe schließlich viele Menschen, „die große Lust“ haben, in der Pflege zu arbeiten. Farhad Ghahremanfard etwa kam 2019 nach Deutschland. Der Iraner war aus religiösen Gründen aus seinem Heimatland geflohen. „Ich war Muslim und bin jetzt Christ.“ In der Bundesrepublik angekommen, entschied er sich sein Leben zu verändern. Seinem früheren Beruf als Buchhalter könne er ohnehin hier nicht nachgehen, sagt Ghahremanfard. Nach Sprachkursen und einem dreiwöchigen Praktikum in der Pflege will er nun eine Ausbildung zum Pflegefachmann absolvieren. „Seitdem ich im Projekt bin, kann ich besser Deutsch sprechen und haben schon viel über den Pflegeberuf gelernt“, sagt Ghahremanfard und ergänzt: „Ich mag es, den alten Menschen zu helfen.“ Der Iraner hat nun Vorstellungsgespräche und hofft auf einen Ausbildungsplatz im Frühjahr.

Nicht genügend Pädagogen

Bis Ghahremanfard aber richtig durchstarten kann, wird er sich wohl noch gedulden müssen, denn zum Fachkäftemangel in der Pflege kommt ein Mangel an Pflegepädagogen hinzu. Man habe massig Bewerbungen, aber nicht genügend Pädagogen, um noch mehr Kurse anzubieten, schildert Geffroy. „Ich kann nur in der Pflege unterrichten, wenn ich eine Pflegeausbildung gemacht und einen pädagogisch-akademischen Hintergrund habe. Diese Kombi ist sehr selten auf dem Markt“, erklärt die Bonnerin. Man könne „doppelt so viele Kurse“ anbieten, wenn es mehr Lehrkräfte gebe. „Pro Jahr starten wir mit vier Kursen und das reicht bei Weitem nicht“, mahnt Geffroy. Entsprechend positiv werde das Projekt in den Pflegeeinrichtungen gesehen. Laut einer Umfrage, an dem die Kooperations-Partner teilnahmen, empfanden sie die Geflüchteten als Bereicherung. „Auch wenn es teilweise kulturelle und sprachliche Barrieren gibt.“ Das von Spendengeldern finanzierte Projekt „Sprungbrett Pflege“ soll daher Brücken zwischen verschiedenen Perspektiven bauen.

Weitere Informationen zum Verein und Projekt gibt hier: bv-pg.de

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